Pro und Contra: Argumente für und gegen einen höheren Ölpreis

Investing.com

Veröffentlicht am 26.04.2020 17:07

Aktualisiert 27.04.2020 07:10

von Robert Zach

Investing.com - Die Ölpreise beendeten eine wilde Woche am Freitag um etwa 4% tiefer in ruhigerem Fahrwasser, zumindest im Vergleich zu den erstaunlichen Preiskapriolen der vorangegangenen Handelstage.

Die US-Preise fielen diese Woche zum ersten Mal in der Geschichte in den Negativ-Bereich, da befürchtet wurde, dass nicht genügend Speicherplatz für eine wachsende Ölflut in einem Markt vorhanden ist, der bereits von einem Nachfragekollaps wegen weit verbreiteter Lockdowns und Reiseverbote aufgrund der Coronavirus-Pandemie zerrüttet ist. Aber Rallyes von mehr als 25% haben einen Teil des Schadens behoben. Brent beendete die Woche um mehr als 20% im Minus, da die Nachfrageeinbußen durch Covid-19 alle geplanten Produktionskürzungen immer noch bei weitem überwiegen.

Was hält der Ölmarkt jetzt für Investoren bereit? Wir nennen drei Faktoren, warum die Baisse weiter anhält: Lagerkapazitäten, Angst vor negativen Preisen und langsame Produktionskürzungen. Gleichzeitig gibt es aber auch Gründe, die dafür sprechen, dass die Nachfrage ihren Tiefpunkt erreicht hat und dass die begrenzten Speicherkapazitäten eher zu dauerhafteren Angebotskürzungen führen könnten.

h3 Die Argumente der Ölpreis-Bären/h3

Ölvorräte

Die Befürchtung, dass in den USA die Speicherkapazitäten angesichts all des produzierten Öls knapp werden könnten, stand hinter dem Absturz der US-Ölsorte WTI in den negativen Bereich in dieser Woche.

Und der Elefant im Zimmer bleiben die Speicherkapazitäten, die, um die Metapher aus dem Tierreich fortzusetzen, etwa die Größe einer Maus hat und schrumpft.

Nach Angaben der US-Energieinformationsagentur (EIA) stehen am Umschlagsplatz in Cushing, Oklahoma, der als Lieferort für auslaufende WTI-Kontrakte dient, noch etwa 16 Millionen Fass oder weniger an Freiraum zur Verfügung. Das entspricht ungefähr der Zunahme der Lagerbestände an US-Rohöl in jeder der letzten vier Wochen. Natürlich wird nicht das ganze Öl nach Cushing kommen. Aber in dem Hub erhöhte sich die gelagerte Ölmenge in der letzten Woche allein um 5 Mio Fass. Wenn diese Füllrate beibehalten wird, kann das Lager in Cushing in drei Wochen voll sein.

Doch selbst diese Rechnung mag akademisch sein, da, wie die EIA andeutet, ein Großteil der Speicher in Cushing möglicherweise bereits vermietet sind, was es noch unwahrscheinlicher macht, dass zusätzliches Öl dort gelagert werden kann.

Angst vor negativen Preisen

Was mit dem Mai-WTI-Kontrakt passiert ist, könnte auch mit Juni-WTI geschehen, da es für Investoren kaum einen Anreiz zu geben scheint, im Frontkontrakt zu bleiben und ihn bis zur Fälligkeit zu halten.

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Am Freitag wurde der Juni-Terminkontrakt mit einem Abschlag von 5 USD das Fass gehandelt, mit 25.000 weniger Losen in offenen Positionen als beim Juli-Kontrakt. Dies signalisiert die Präferenz der Anleger für einen "sichereren“ Vertrag, der eher später als früher fällig wird und zur Abnahme in einem überfüllten Markt verpflichtet. Es signalisiert auch, dass der Juni-Kontrakt ebenfalls an den Boden gedrückt werden könnte, wenn sich sein Fälligkeitsdatum in weniger als einem Monat nähert. In diesem Fall wird der Spot-Kontrakt wahrscheinlich wieder auf unter Null fallen.

Produktionssenkungen vs Zeit

Die OPEC und andere globale Ölproduzenten haben sich verpflichtet, ab dem 1. Mai die Produktion um mindestens 9,7 Millionen Fass am Tag zu kappen. Kuwait, der viertgrößte Produzent der OPEC, gibt an, damit bereits begonnen zu haben, vor dem Rest der Gruppe. Nigeria senkte seine Förderung ebenfalls, denn es hat keinen Platz zur Lagerung mehr.

US-Bohrer haben in den letzten Wochen Hunderte von Bohrinseln abgestellt und durch Investitionskürzungen könnten weltweit noch viel mehr Produktionskapazitäten stillgelegt werden.

Aber all dies mag nicht schnell genug sein für eine Welt, die zwischen 20 und 30 Millionen bpd an Nachfrage verloren hat. Zeit ist von entscheidender Bedeutung und momentan nicht auf der Seite des Ölmarkts.

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h3 Die Argumente der Ölpreis-Bullen/h3

Das fundamentale Argument für Öl von hier aus ist, dass die Nachfrage bereits ihren Tiefpunkt erreicht hat. Die Entwicklung des Ölverbrauchs ist von nun an aufwärts gerichtet, egal wie langsam, egal wie ungleichmäßig.

In China findet bereits eine Erholung statt. Daten der Satellitennavigationsfirma TomTom zeigen, dass die Staus in der Hauptverkehrszeit am Morgen in der letzten Woche fast wieder auf dem Niveau von 2019 lagen - eine Tatsache, die im Gegensatz zu allen Propheten steht, die argumentieren, dass Zoom oder die App Houseparty die Nachfrage durch Pendler dauerhaft zerstören werden.

Zwar besteht Unsicherheit über die Zukunft des Pendelverkehrs, es kann jedoch auch argumentiert werden, dass das Misstrauen gegenüber den öffentlichen Verkehrsmitteln zumindest einige Pendler zurück in Autos drängen wird.

Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt in ihrem Monatsreport, dass die Nachfrage im April mit 29 Millionen Fass pro Tag unter dem Niveau des Vorjahres liegen wird. Dieser Fehlbetrag soll im Mai auf 26 Millionen Fass pro Tag und im Juni auf 15 Millionen Fass pro Tag sinken.

Das erwartete Defizit im Juni spiegelt die von der OPEC+-Gruppe der großen Exporteure versprochenen Produktionskürzungen ab Mai von 9,7 Millionen Fass pro Tag wider. Das Risiko politischer Instabilität in dieser Gruppe schafft einen dauerhaften Anreiz, die Preise hoch zu halten, und stellt seit 50 Jahren sicher, dass Zusammenbrüche der Produktionsdisziplin nur vorübergehender Natur waren.

Darüber hinaus wird die US-Produktion, die bislang nur geringfügig zurückgegangen ist, bald in den Sturzflug übergehen. Die Zahl der aktiven Bohrinseln in den USA ist seit Jahresbeginn um fast die Hälfte gesunken, allein um weitere 51 in dieser Woche auf 378, berichtet Baker Hughes. Die Produzenten senken ihre Investitionen und Produktionsprognosen mit zunehmender Eile (wie z.B. ConocoPhillips (NYSE:COP), Continental (DE:CONG) Resources und Eni SpA (DE:ENI) in dieser Woche). Daten der US-Administration zeigen, dass es am nationalen Hub in Cushing, Okla, nur noch 16 Millionen Fass an freiem Speicher gibt. Wenn diese Kapazitäten in drei Wochen voll sind, vorausgesetzt, die Lagerbestände steigen weiter mit den aktuellen Raten, wird es keinen Ort mehr geben, an dem sie gelagert werden können. Weniger wichtige Ölfelder müssen dann stillgelegt werden.

Hinzu kommt, dass die Welt bei weitem nicht mit Öl fertig ist. Keine vernünftige Prognose sieht den Höhepunkt der weltweiten Ölnachfrage vor 2040.

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