Ministerium nimmt Seehofer im Fall Sami A. in Schutz

Reuters

Veröffentlicht am 16.07.2018 15:32

Ministerium nimmt Seehofer im Fall Sami A. in Schutz

Berlin (Reuters) - Nach der unrechtmäßigen Abschiebung des mutmaßlichen früheren Bin-Laden-Leibwächters Sami A. nach Tunesien hat das Bundesinnenministerium hat eine Mitverantwortung von Ressortchef Horst Seehofer bestritten.

Es sei die Erwartungshaltung gewesen, dass die Rückführung schnell und entschlossen geschehe, sagte eine Sprecherin am Montag in Berlin. Deshalb habe es intensive Kontakte zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bund gegeben. "Aber ein Drängen oder gar eine Einflussnahme gab es nicht", fügte sie hinzu. Dies gelte auch für Seehofer. Diesem sei politisch wichtig gewesen, dass A. zeitnah zurückgeführt werde. Es habe aber "keinerlei Einflussnahmen auf irgendeinen Verfahrensschritt" gegeben.

Die Behörden sehen sich dem Verdacht einer Missachtung von Gerichtsurteilen ausgesetzt. "Entweder handelt es sich um ein absolut peinliches Chaos, oder es stinkt zum Himmel, weil die Innenbehörden ein Exempel statuieren wollten", sagte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck der "Süddeutschen Zeitung". Vor allem sei zu klären, ob Seehofer versucht habe, Recht zu beugen und die Gerichtsentscheidung umgehen zu lassen. Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Stefan Liebich, sagte im Deutschlandfunk, Recht und Gesetz müssten auch für einen möglichen Gefährder gelten.

A. war am Freitag von Düsseldorf in sein Heimatland abgeschoben worden. Am Donnerstagabend hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass er nicht abgeschoben werden dürfe, weil ihm in Tunesien Folter drohe. Der Beschluss ging jedoch erst am Freitagmorgen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den anderen Behörden ein. A. befand sich da schon auf dem Flug. Das Verwaltungsgericht hat die Abschiebung als "grob rechtswidrig" bezeichnet und die unverzügliche Rückholung des Mannes angeordnet. Das Integrationsministerium in Nordrhein-Westfalen und die Ausländerbehörde wollen dagegen jedoch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Zudem will Tunesien A. nicht mehr herausgeben.

TUNESIEN SIEHT SICH ALLEINE ZUSTÄNDIG

Das Verwaltungsgericht beklagt, es sei von den Behörden über den Abschiebungstermin im Unklaren gelassen worden. Es sieht sich von ihnen gar hinters Licht geführt. Die Sprecherin des Bundesinnenministeriums nahm die zuständigen Behörden in Nordhein-Westfalen aber in Schutz. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Abschiebung sei diese nicht rechtswidrig gewesen, weil der Behörde kein anderslautender Gerichtsbeschluss vorgelegen habe. Ähnlich hatte sich das Integrationsministerium in Düsseldorf geäußert. CSU-Chef Seehofer hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, er wolle sich persönlich um den Fall kümmern.

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