Wall Street stellt Deutsche Bank in den Schatten

Reuters

Veröffentlicht am 14.10.2016 16:41

Wall Street stellt Deutsche Bank in den Schatten

- von David Henry und Kathrin Jones

New York/Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Bank verliert den Anschluss an die Weltspitze: Gut 15 Milliarden Dollar haben die drei US-Rivalen JP Morgan, Wells Fargo und Citigroup (NYSE:C) zusammen im dritten Quartal verdient - und das trotz Gewinnrückgängen, die Sonderfaktoren geschuldet waren.

Das Tagesgeschäft läuft robust genug, um solche Rückschläge zu verschmerzen. Vor allem Marktführer JP Morgan kann sich über einen florierenden Anleihenhandel freuen. In normalen Zeiten würde das auch den Anlegern der Deutschen Bank (DE:DBKGn) Hoffnung machen. Doch Deutschlands größtes Geldhaus steckt noch immer in der Sanierung fest. Weil die bisherigen Umbauerfolge überschaubar sind, spielt die Mannschaft um Bankchef John Cryan inzwischen sogar einen radikaleren Stellenabbau durch, wie Reuters aus Finanzkreisen erfuhr.

Die Zahlen der Wall-Street-Banken werden am Finanzmarkt stets mit Spannung erwartet. Nach dem überraschenden Brexit-Votum im Juni stand nun die Frage im Raum, ob sich die verunsicherten Investoren rund um den Globus gefangen haben und über den Sommer wieder verstärkt mit Finanzprodukten handelten. Die Antwort lautet: überwiegend ja, was an der Börse am Freitag für gute Stimmung sorgte. Die Aktien der drei US-Institute legten in New York zwischen einem und drei Prozent zu.

"AUS ALLEN ZYLINDERN GEFEUERT"

Bei JP Morgan stieg das Vorsteuerergebnis um fast ein Drittel auf 8,9 Milliarden Dollar. Dass der Nettogewinn dagegen um acht Prozent auf 6,3 Milliarden geschrumpft ist, lag an einem außerordentlichen Steuerertrag im Vorjahresquartal. Die Erwartungen der Analysten wurden trotzdem übertroffen. Allein im Handel legten die Erträge um 21 Prozent zu. Vor allem das Geschäft mit festverzinslichen Wertpapieren habe auf breiter Front angezogen, sagte Finanzchefin Marianne Lake. Nach ihren Worten wurde "aus allen Zylindern gefeuert". Auch das Schlussquartal 2016 sei gut angelaufen.

Auch Citigroup profitierte vom wiederbelebten Anleihenhandel, schwächelte aber im Aktiengeschäft. Unter dem Strich fiel der Konzerngewinn um gut zehn Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar, wie die Nummer vier in Amerika mitteilte. Vor einem Jahr hatte ein Verkauf in Mexiko die Bilanz noch aufgehübscht.

Bei Wells Fargo sorgte der jüngste Skandal um Phantom-Kunden für Ernüchterung: Die Bank, die in dieser Woche ihren Chef austauschte, stellt sich auf längere Rechtsstreitigkeiten ein und legte dafür Geld zur Seite. Deshalb fiel der Gewinn um vier Prozent auf 5,2 Milliarden Dollar. Analysten hatten noch Schlimmeres befürchtet. Das Vorzeige-Image der Bank, die relativ unbeschadet durch die weltweite Finanzkrise kam, weil sie so gut wie kein Investmentbanking betreibt, ist aber dahin. Um anspruchsvolle Vertriebsziele zu erreichen, hatten Mitarbeiter im Privatkundengeschäft unter anderem millionenfach fingierte Konten eingerichtet.

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