Plötzlich Anlegerliebling: Warum deutsche Biotech-Firmen gefragt sind

dpa-AFX

Veröffentlicht am 22.06.2017 11:05

Plötzlich Anlegerliebling: Warum deutsche Biotech-Firmen gefragt sind

FRANKFURT (dpa-AFX) - Biotech-Aktien sind ein heißes Eisen. Mal steigen die Kurse rasant, nur um dann genauso rasant wieder zu fallen. So hatte die Diskussion über stärkere Einschnitte in das US-Gesundheitssystem die Notierungen im vergangenen Jahr purzeln lassen. Nun aber erreichen die Aktien der deutschen Branchenvertreter Evotec (4:EVTG), Morphosys (4:MORG) und Qiagen (2:QGEN) teilweise Rekordstände. Was macht diese Unternehmen bei den Anlegern plötzlich so beliebt? Und wie schnell kann die Party wieder zu Ende sein?

Schon einmal hatten Börsianer ein Auge auf die deutschen Biotechs geworfen: Wer um die Jahrtausendwende den richtigen Riecher hatte und in Biotechnologie-Aktien einstieg, konnte bald sprichwörtlich im Geld schwimmen. Der Zweig der Pharmaindustrie steckte damals noch in den Kinderschuhen, erste Start-Ups gingen an die Börse und schon bald explodierten deren Kurse. Fast noch schneller brachen sie beim Platzen der Technologieblase am Neuen Markt wieder in sich zusammen - auch, weil Hoffnungen auf einen schnellen Therapiedurchbruch sich als völlig unrealistisch erwiesen. "Die Erfolgsaussichten einiger Medikamente waren massiv überbewertet", sagt Fondsmanager Rudi Van den Eynde vom Vermögensverwalter Candriam Investors.

Mittlerweile hat sich in der Medizin und insbesondere in der Gentechnik einiges getan. Doch der Biotechnologiesektor ist seit den Goldgräberjahren extrem schwankungsanfällig geblieben. Nachdem US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im Wahlkampf erstmals die hohen Medikamentenpreise anprangerte, ging es auch für Biotechs abwärts. Im vergangenen Jahr verlor der Nasdaq Biotechnology Index mehr als ein Fünftel an Wert. Allerdings schneiden die einzelnen Sektor-Vertreter innerhalb des Index sehr uneinheitlich ab: Einer Untersuchung von Candriam zufolge lag in den vergangenen fünf Jahren die sogenannte Dispersion, die die Abweichung von der durchschnittlichen Jahresrendite misst, im Biotech-Index mehr als drei Mal so hoch wie im breiten US-Börsenindex S&P 500 .

Dafür gibt es einen einfachen Grund: Das sogenannte "Stockpicking", also das gezielte Setzen auf einzelne Aktien, ist insbesondere in der Biotechbranche ein Muss. Dabei spielen Unternehmensnachrichten wie etwa die Zulassung eines neuen Medikaments oder vielversprechende Daten aus klinischen Studien eine wichtige Rolle. "Die Performance einer Aktie steckt in der Pipeline des Unternehmens", sagt Fondsmanager Van den Eynde.

Hiervon haben in der jüngsten Vergangenheit insbesondere die deutschen Biotech-Vertreter im TecDax (TecDAX) profitiert. Bei einigen wenigen wirft die jahrelange Forschung nun endlich erste Früchte ab. Beispiel Morphosys: Weit mehr als zehn Jahre hat das TecDax-Unternehmen gebraucht, um seinen ersten Durchbruch feiern zu können. Die Johnson-&-Johnson-Tochter Janssen stellte jüngst in den USA den Zulassungsantrag für ihr Schuppenflechtemittel Guselkumab. Den verwendeten Antikörper lieferten die Münchener. Nach dem Marktstart des Mittels wird Morphosys am Umsatz mitverdienen. Der Morphosys-Aktie haben solche Nachrichten gut getan, sie hatte zuletzt in etwa wieder das Niveau von August 2015 erreicht.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Evotec-Papiere sind gar zurück auf dem Niveau von 2001. Das Hamburger Unternehmen habe sich als stabiler Dienstleister bei der Medikamentenentwicklung etabliert, sagt Patrick Fuchs, der für die Fondsgesellschaft Allianz (DE:ALVG) Global Investors als Analyst die europäischen Pharmaaktien im Blick hat. Bei Qiagen stünden wiederum nach einer Zeit rückläufiger Umsätze in der HPV-Diagnostik (Humane Papillomviren), die die Aktie belastet hatten, die Aussichten durch die Gen-Sequenzierung im Vordergrund.

Doch damit seien die deutschen Biotechs im TecDax für den gesamten Sektor durchaus nicht repräsentativ, gibt Fuchs zu bedenken. Die Stimmung im Sektor sei keineswegs nur optimistisch. "Wir haben hier eine politische Börse, die davon abhängt, wie es in der amerikanischen Gesundheitspolitik weitergeht und ob die US-Regierung Preisbeschränkungen durchsetzt." Wer wiederum nur auf deutsche Werte setze, habe keine große, aber immerhin eine solide Auswahl an Unternehmen. Da der US-Markt aber für die Branche extrem wichtig sei, sei auch für die deutschen Biotechwerte in naher Zukunft nicht zu viel zu erwarten.

Und dass Enttäuschungspotenzial auch weiterhin besteht, liegt auf der Hand: "Es wird in unserer Branche immer Rückschläge geben. Das liegt in der Natur der klinischen Wirkstoffforschung", sagte erst kürzlich Morphosys-Finanzvorstand Jens Holstein in einem Interview der "Börsen-Zeitung".

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert