Deutsche Bank begräbt globale Ambitionen

Reuters

Veröffentlicht am 26.04.2018 17:22

Deutsche Bank begräbt globale Ambitionen

- von Andreas Framke

Frankfurt (Reuters) - Ende eines Traums: Die Deutsche Bank (DE:DBKGn) verabschiedet sich unter dem neuen Chef Christian Sewing von ihrem Anspruch, mit den großen Wall-Street-Häusern in einer Liga zu spielen.

Nach einem Gewinneinbruch um 80 Prozent zu Jahresbeginn soll im schwächelnden Investmentbanking kaum ein Stein auf dem anderen bleiben, Tausende Arbeitsplätze könnten dem zum Opfer fallen. Das lange schon unter Druck stehende Geschäft in den USA, aber auch zum Teil das in Asien, wird zugunsten Europas stark verkleinert. "Wir schrauben ganz klar unsere Ambitionen zurück", sagte Finanzchef James von Moltke dem Sender CNBC am Donnerstag in Frankfurt. Sewing machte klar: "Die Ergebnisse im ersten Quartal zeigen die Notwendigkeit sofort zu handeln."

Kosten wird die von Investoren schon länger geforderte Operation am offenen Herzen der Investmentbank eine ganze Menge: In diesem Jahr steigen die Ausgaben für den Umbau um 300 Millionen Euro auf rund 800 Millionen. Das Institut will 2018 dennoch profitabel bleiben. Einen Gutteil der Kosten verursachen Abfindungen für Mitarbeiter, die nicht mehr gebraucht werden. Wieviele genau gehen müssen, wollte Sewing nicht sagen, betonte aber, es werde eine "signifikante" Zahl sein.

Ein Bankinsider sagte Reuters, in den USA seien bereits am Mittwoch 300 Investmentbanker entlassen worden, weitere hundert sollen bis Freitag folgen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete vorab aus ihrer Freitagausgabe, in den USA wolle sich die Bank insgesamt von über 1000 Mitarbeitern trennen und vor allem ihr Investmentbanking in Amerika deutlich zurückfahren. Die Bank sollte sich dazu nicht äußern. Derzeit arbeiten weltweit rund 98.000 Menschen für das größte deutsche Geldhaus.

Unter anderem soll der Anleihenhandel in den USA deutlich abgespeckt werden - völlig zurückziehen von der Wall Street will sich Sewing aber nicht. Der Vorstand prüft aber auf globaler Ebene, wie stark das Haus noch im Aktienhandel mitmischen will. Im Zahlungsverkehr und im Devisenhandel will Sewing weiter ganz vorne mitspielen. Das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft in Europa will er stärken, wo die Bank ohnehin schon zu den Marktführern gehört. In den Vereinigten Staaten und Asien wird das Geschäft in jenen Bereichen reduziert, die kaum grenzüberschreitend tätig sind.

"Unsere Wurzeln liegen in Europa – hier wollen wir Unternehmen und institutionellen Kunden weltweite Finanzierungslösungen anbieten. Darauf werden wir uns künftig noch viel stärker konzentrieren", sagte Sewing, den der Aufsichtsrat der Bank in einer Krisensitzung am 8. April zum Nachfolger von John Cryan ernannt hatte. Dem seit Mitte 2015 amtierenden Briten hatten viele vorgeworfen, er treffe zu zögerlich die nötigen Entscheidungen, um das Institut wieder auf Kurs zu bringen.

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TURBOSTART ODER SCHNELLSCHUSS?

Sein Nachfolger legt nun nach nicht einmal drei Wochen im Amt einen Turbostart hin. Investoren unterstützen den Kurs des 48-Jährigen. "Es ist gut, dass Sewing Gas gibt. Allerdings muss sich das dann natürlich auch im Ergebnis niederschlagen", hieß es im Umfeld eines der größten Anteilseigner der Bank. Von einem anderem Investor kamen deutlich skeptischere Töne: "Bislang sieht das noch nach einem Schnellschuss aus." Auch stelle sich die Frage, ob die nun angekündigten Maßnahmen, die teilweise noch sehr vage seien, auch genügten. An der Börse reichte es für die Aktie nach drei Verlustjahren in Folge und wegen des schwachen Jahresauftakts zu einem kleinen Plus.

Sewing sagte am Donnerstag eigentlich genau dass, was Aktionäre normalerweise hören möchten. So will der neue Chef auch bei den Kosten die Axt anlegen: Der Vorstand habe sich nach drei Abgängen - Ex-Vorstandschef Cryan, IT-Chefin Kim Hammonds und der bisherige Co-Leiter der Investmentbank Marcus Schenck - schon erheblich verkleinert. "Doppelspitzen in den Geschäftsbereichen werden abgeschafft. Auf allen Ebenen sollen schlankere Führungsstrukturen zu geringeren Kosten und schnelleren Entscheidungen führen."

Während die Investmentbanker bluten müssen, sieht Sewing die Zukunft der Bank im klassischen Privat- und Firmenkundengeschäft und in der Vermögensverwaltung. Neben dem Heimatmarkt Deutschland wolle er sich auf wachsende Märkte wie Italien und Spanien konzentrieren sowie auf das Geschäft mit vermögenden Kunden, das in Deutschland und international ausgebaut werden soll. "In der Privat- und Firmenkundenbank und bei der DWS setzen wir auf Wachstum", sagte Sewing.

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