HINTERGRUND-Autokonzerne und Versorger jagen Tesla bei Ladestationen

Reuters

Veröffentlicht am 12.01.2017 08:43

HINTERGRUND-Autokonzerne und Versorger jagen Tesla bei Ladestationen

- von Christoph Steitz

Frankfurt (Reuters) - Europäische Autokonzerne und Versorger wollen in das Geschäft mit Ladestationen groß einsteigen und damit dem Marktführer Tesla Paroli bieten.

BMW (DE:BMWG), Daimler (DE:DAIGn) Volkswagen (DE:VOWG) und Ford wollen in diesem Jahr damit beginnen, 400 Ladesäulen einer neuen Generation in Europa aufzustellen, mit denen die Batterie der Elektro-Fahrzeuge deutlich zügiger aufgeladen werden kann. Dabei befinden sie sich in Gesprächen mit Versorgern und Industriekonzernen, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Darunter seien E.ON (DE:EONGn), die RWE-Tochter Innogy und Siemens (DE:SIEGn). "Das ist eine konzertierte Aktion, um die Infrastrukturfrage richtig anzupacken", sagte ein Insider. Die Gespräche mit möglichen Partnern seien angelaufen, berichtete ein Sprecher von Ford im Namen des Konsortiums. Es würden wohl mehrere Versorger ins Boot geholt. Namen nannte er nicht.

E.ON und Innogy wollen ihre Aktivitäten im Bereich der Elektromobilität vorantreiben und haben dazu gerade eigene Geschäftsbereiche aufgebaut. Die Versorger können sowohl den Ökostrom für die Ladestationen liefern, die Säulen selbst oder für Stadtwerke und Unternehmen betreiben oder privaten Haushalten die Ladesäulen in die Garage stellen. Trotz des Hypes um das Thema Elektromobilität rät der Portfoliomanager von Union Investment, Thomas Deser, zur Vorsicht: "Der Markt ist betreffend der Wirtschaftlichkeit von Ladestationen noch im Niemandsland". Es gebe neben dem kostenlosen Angebot von Tesla mehrere verschiedene Konzepte. "Alle Anbieter unterliegen großen Wettbewerbs-, Kosten- und Technologierisiken", sagte Deser. Für die Stromversorger gehe es vorläufig eher ums Image als um neue Gewinnquellen.

SCHNELLES TANKEN IST DIE SCHLÜSSELFRAGE

Mit der Bündelung der Kräfte senken die Unternehmen auch ihr Risiko. Die langen Ladezeiten der E-Autos gelten als eines der größten Hindernisse für einen Durchbruch der Technik, lassen sich Verbrennungsmotoren doch in Windeseile volltanken. Lange Strecken lassen sich bei den E-Autos ohne zeitaufwändigen Zwischenstopp nicht bewältigen. Das Konsortium plant Ladestationen mit einer Leistung von 350 Kilowatt, das wäre rund dreimal soviel wie die von Tesla. Doch Tesla-Chef Elon Musk will sich nicht geschlagen geben. Auch 350 Kilowatt seien letztlich noch Kinderkram.

Die Autokonzerne haben sich in Sachen E-Autos ehrgeizige Ziele gesetzt. Daimler-Chef Dieter Zetsche erwartet bei Mercedes bis 2025 einen Anteil von 15 bis 25 Prozent. Aber zunächst muss das Problem der langen Ladezeiten gelöst werden. In Europa gibt es zwar bereits 72.000 öffentliche Ladepunkte, die meisten brauchen aber für einen kompletten Ladevorgang Stunden. Die Internationale Energieagentur stuft rund 5800 Stationen als "schnell" ein. Die schnellsten Stationen hat Tesla. Die mehr als 1800 Geräte verfügen über 120 Kilowatt. Für eine Strecke von 270 Kilometer brauchen allerdings auch sie eine halbe Stunde Ladezeit. Bei Stationen mit 350 Kilowatt könnte der Ladevorgang auf unter zehn Minuten verkürzt werden.

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