Inhaftierter Audi-Chef Stadler räumt seinen Posten

Reuters

Veröffentlicht am 19.06.2018 15:59

Inhaftierter Audi-Chef Stadler räumt seinen Posten

- von Irene Preisinger

München (Reuters) - Bisher prallten alle Rücktrittsforderungen im Dieselskandal an Audi-Chef Rupert Stadler ab, doch nach seiner Verhaftung musste er sich dem Druck beugen: Auf eigenen Wunsch sei er von seinen Ämtern als Audi-Chef und Vorstandsmitglied des Mutterkonzerns VW vorübergehend beurlaubt worden, teilten die Unternehmen am Dienstag mit.

"Die Aufsichtsräte von Volkswagen (DE:VOWG) und Audi haben der Bitte von Stadler entsprochen." Der Manager, seit 2007 Audi-Chef, sitzt wegen des Dieselskandals in Untersuchungshaft. Zum Interimschef wurde Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot ernannt. Der gebürtige Niederländer kam erst im September 2017 nach Ingolstadt. Er müsse Audi "wieder in ruhigeres Fahrwasser" bringen und die Aufklärung vorantreiben und abschließen, forderte Betriebsratschef Peter Mosch.

Schot, der im Juli 57 Jahre alt wird, war vor seiner Tätigkeit bei Audi Vertriebschef der VW-Nutzfahrzeugsparte. 2011 war der Manager von Mercedes-Benz Italia in den VW-Konzern gewechselt. Wie es in der Mitteilung weiter hieß, wird Schot als kommissarischer Audi-Chef als Gast an den Sitzungen des VW-Konzernvorstands teilnehmen. Dass der Niederländer langfristig die Marke mit den vier Ringen führt, erwarten Unternehmenskenner derzeit nicht. Wie lange die Interimsphase dauert, ist ebenso offen wie die Frage, wie lange Stadler im Gefängnis bleiben muss.

Der 55-Jährige war am Montag überraschend verhaftet worden - als erster Manager aus der obersten Führungsriege des VW-Konzerns. Bei Stadler, dem im Dieselskandal unter anderem Betrug zur Last gelegt wird, hatten die Ermittler nach eigenen Angaben Hinweise gefunden, dass er womöglich auf Beweismittel, andere Beschuldigte oder Zeugen Einfluss nehmen könnte. Der Manager soll am Mittwoch vernommen werden. Die Aufsichtsräte von Audi und VW erklärten, Stadler sei vorübergehend von seinen Aufgaben entbunden, "bis der Sachverhalt geklärt ist, der zu seiner Verhaftung geführt hat".

STEILER AUFSTIEG - LANGER FALL

Stadler, seit rund 28 Jahren im VW-Konzern und nach einer glänzenden Karriere seit elfeinhalb Jahren an der Audi-Spitze, wird auch intern eine schleppende Aufarbeitung des Skandals vorgehalten. Dabei gilt Audi als Keimzelle für den Abgasbetrug im VW-Konzern. Stadler wies die Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurück, einen Rücktritt lehnte er selbst unter Dauerbeschuss ab. Ihm kam zugute, dass die VW-Eigentümerfamilien Porsche (DE:PSHG_p) und Piech stets ihre schützende Hand über ihn gehalten hatten. Dies sei auch in den stundenlangen Beratungen der Aufsichtsräte am Montag der Fall gewesen und habe für Kontroversen gesorgt, berichteten Insider. Stadler war lange Jahre Büroleiter des früheren VW-Chefs Ferdinand Piech und gilt als Vertrauter der Familien. Er führte die Marke mit den vier Ringen einst von Rekord zu Rekord und machte sie - neben Porsche - zu einer der ertragreichsten Töchter im VW-Konzern.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden