Zuspitzung in Nahost: Was machen die Märkte draus?

 | 17.04.2024 13:03

Dieser Artikel erschien zuerst auf GoldGeldWelt

Im Nahen Osten droht eine Eskalation. Bislang ist die Reaktion der Märkte noch sehr verhalten. Dabei könnte eine Zuspitzung ein bereits bestehendes Risiko drastisch vergrößern. Steht größeres Ungemach ins Haus?

Die Reaktion des Aktienmarktes auf den iranischen Raketen- und Drohnenangriff auf Israel in der Nacht zu Sonntag ist bislang verhalten. Der Nasdaq 100 Index gab rund 300 Punkte ab, der Dow Jones nur gut 250 Punkte.

Die Marktteilnehmer erwarten offenbar, dass die angekündigte Vergeltung Israels moderat ausfällt und sich die wiederum in Aussicht gestellte Antwort auf die Vergeltung ebenfalls in Grenzen hält. So könnte sich, so scheinen es die Märkte zu erwarten, die Eskalation rasch im Sande verlaufen.

Für die Märkte könnte ein Konflikt jedoch ein größeres Problem werden – etwa durch steigende Ölpreise. Tom Essaye von Sevens Report etwa warnt: „Die Kriegshandlungen des Iran, eines OPEC-Mitglieds und großen globalen Ölproduzenten, heben die geopolitische Ernsthaftigkeit des Konflikts bzw. des drohenden Krieges auf die nächste Ebene und dürften die Ölpreise in naher Zukunft deutlich in die Höhe treiben“.

Ein solches Szenario aber könnte die Hoffnungen der Anleger auf eine Zinswende – von der die meisten bislang glauben, dass sie lediglich verschoben und nicht gänzlich abgesagt ist – endgültig begraben. Sollte der Ölpreis zulegen, würde auch die Inflation wieder steigen. Sehr wahrscheinlich gäbe es in diesem Jahr überhaupt keinerlei Zinssenkungen durch die Federal Reserve mehr.

Robert Teeter von Silvercrest Asset Management jedenfalls sieht die Inflationsrisiken durch die Entwicklungen wachsen. „Der Hintergrund anhaltender geopolitischer Spannungen trägt zu einer anhaltenderen Inflation und einer größeren Vorsicht bei der Bewertung bei“.

US-Bonds: Kein sicherer Hafen mehr?/h2

Interessant ist vor diesem Hintergrund eine weitere Entwicklung. Für gewöhnlich führen geopolitische Spannungen zu einer stärkeren Nachfrage nach US-Staatsanleihen, die als sicherer Hafen gelten. Dieser Effekt bleibt jedoch dieses Mal aus. Die Renditen zehnjähriger US-Bonds sind seit Ende März von gut 4,2 % auf knapp 4,7 % gestiegen.

Das hat zweierlei Ursachen, die wiederum miteinander verbunden sind. Zum einen ändern sich die langfristigen Inflationserwartungen der Märkte. Zum anderen wächst die Sorge vor dem US-Schuldenberg und der Aufnahmefähigkeit des Marktes.

„Amerikas Anleihen sind immer schwieriger zu verkaufen“, titelte das „Wall Street Journal“ vor wenigen Tagen. Grund dafür ist das gewaltige Angebot: „In den ersten drei Monaten des Jahres 2024 verkauften die USA Schulden in Höhe von 7,2 Billionen US-Dollar, die größte Quartalssumme aller Zeiten“.

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Bei der Auktion von Staatsanleihen wird immer wieder eine schwache (wenngleich bislang auch stets noch ausreichende) Nachfrage beobachtet. Allein im Mai wird die US-Regierung weitere Anleihen im Wert von 386 Mrd. US-Dollar platzieren.

Die schwache Nachfrage nach Schuldtiteln hatte sich bereits Ende letzten Jahres angedeutet. Damals hatte das Finanzministerium eine kurzfristige Lösung parat: Das Defizit wurde primär mit kurzläufigen Bonds finanziert. Da die Marktteilnehmer zu diesem Zeitpunkt noch an die baldige Rückkehr einer lockeren Geldpolitik glaubten, waren die Märkte auch im Hinblick auf Finanzierung des US-Defizits beruhigt. Mit den Hoffnungen auf die Zinswende schwindet auch der Glaube an Nachhaltigkeit dieser Strategie.

Die Verschuldung jedenfalls bleibt langfristig ein Problem: Das überparteiliche Congressional Budget Office prognostiziert, dass das Defizit im nächsten Jahrzehnt von 5,6 % des US-Bruttoinlandsprodukts auf 6,1 % steigen wird. Die Staatsschulden dürften in diesem Zeitraum von 28 Billionen US-Dollar auf 48 Billionen US-Dollar ansteigen – verglichen mit 13 Billionen USD vor zehn Jahren.

Hohe Schulden und mehrere Kriege? Sorge vor Überforderung der USA/h2

Was hat das US-Schuldenproblem mit der Krise in Nahost zu tun? Es wächst die Sorge, dass die bereits bestehende Verschuldungsproblematik in Kombination mit mehreren geopolitischen Krisenherden die USA überfordern könnte. Der Ukrainekrieg, möglicherweise eine Auseinandersetzung in Nahost und am Horizont auch das Risiko einer Eskalation in Taiwan: Können sich die USA eine führende Rolle in all diesen Gebieten noch leisten?

Das Risiko für die Aktienmärkte besteht darin, dass das Vertrauen in die langfristige Solidität der USA auf den Prüfstand gestellt wird. Die Kombination aus hoher Bestands- und Neuverschuldung, einer hartnäckigen Inflation und ausufernden Ausgaben im Zusammenhang mit Konflikten könnte die US-Finanzierungskosten langfristig in die Höhe treiben.

Der „große Knall“ ist in nächster Zeit zwar unwahrscheinlich. Denkbar ist aber, dass die Bondmärkte die Regierung testen, wie es in der Vergangenheit bereits bei Großbritannien der Fall war. Ein solches Szenario dürfte auch die Aktienmärkte nicht unberührt lassen.

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