Philip Hopf | 15.11.2022 16:42
Zahlreiche Wirtschaftszweige ächzen unter den in den vergangenen Monaten stark gestiegenen Energiepreisen. Besonders hart trifft es hierbei die Chemiebranche, benötigen die innerhalb dieses Sektors agierenden Unternehmen im Rahmen ihrer Produktion doch in der Regel massive Mengen an Energie. Um weiterhin profitabel wirtschaften zu können, hoben die großen Chemiekonzerne ihre Preise deutlich an, allein im dritten Quartal schraubten sich diese nach Informationen des Branchenverbandes VCI im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 24% nach oben. Somit konnte der Umsatz branchenweit jahresübergreifend um 14.7% gesteigert werden. Und dennoch sank der Umsatz zum ersten Mal seit zwei Jahren im Vergleich zum vorhergegangenen Quartal, im Gesamten generierten die Chemieunternehmen rund 63.1€ Milliarden und somit 1.6% weniger als noch in den Monaten April bis Juni. Begründet wird dies zum einen mit einer Abschwächung des Preisanstiegs, zum anderen mit einer rückläufigen Nachfrage. Als Reaktion darauf drosselten die Chemiekonzerne ihre Produktion im dritten Quartal bereits um etwa 14%. Und nach Aussagen von VCI-Präsident Markus Steilemann, der zugleich auch das Amt des Vorstandschefs beim Kunststoffkonzern Covestro (F:1COV) bekleidet, ist das Ende der Fahnenstange hier noch längst nicht erreicht, prophezeit er doch der Chemiebranche „weitere dunkle Monate“…h2 Dramatische Lage für viele Unternehmen/h2
Der VCI geht für das Gesamtjahr innerhalb der Branche von einem Produktionsrückgang in Höhe von 5.5% aus. Steilemann führt in diesem Zusammenhang aus: „Viele Unternehmen befinden sich mit ihrer Produktion in Deutschland bereits heute in einer äußerst dramatischen Lage, vor allem wegen der massiv gestiegenen Energiekosten“. Insbesondere der Mittelstand habe derzeit „erhebliche Probleme“. Dem Covestro-Chef zufolge werde sich die Situation in den kommenden Wintermonaten nochmals deutlich verschärfen, weshalb er auch für „breit wirkende Energiepreisbremsen“ plädiert. Mit über 437 000 Beschäftigten ist der Chemie- und Pharmasektor nicht nur die drittgrößte Industrie Deutschlands, er ist mit einem Anteil von 15% auch der landesweit größte Verbraucher von Gas, sei es nun bei der Produktion von Kunststoffen, Medikamenten oder Düngemittel. Betrachtet man nur die Gasmenge, die an die Industrie geht, entfällt sogar rund ein Drittel der gesamten in Deutschland benötigen Gasmenge auf die Unternehmen aus diesem Sektor.
Die Entwicklungen der letzten Monate könnten jedenfalls durchaus dazu führen, dass Unternehmen aus der Chemie- und Pharma-Branche – aber auch aus anderen Sektoren – Deutschland nach und nach den Rücken kehren und Produktionsstandorte in Länder verlagern, in denen Energie erschwinglicher ist als hierzulande. Ein prominentes Beispiel ist hier die BASF (ETR:BASFN), die wir übrigens ebenso wie Covestro regelmäßig im Rahmen unseres DAX40-Pakets analysieren: Der pfälzische Chemiekonzern plant nämlich den Bau einer Mega-Fabrik in China, um so an den deutschen Standorten – unter anderem auch am Hauptstadtort in Ludwigshafen – zukünftig Geld einzusparen. CEO Martin Brudermüller treibt dieses Projekt derzeit mit Hochdruck voran, doch es regt sich bereits Widerstand in den eigenen Reihen. So befürchten zahlreiche Führungskräfte – und auch Teile des Aufsichtsrats – dass Brudermüller den Konzern an China ausliefere...
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