Was besser ist als jede Konsumorgie

 | 16.03.2021 10:18

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in der vergangenen Woche bin ich auf zwei Artikel gestoßen, die beide zu dem gleichen Ergebnis kamen: Die Verbraucher weltweit sitzen auf gigantischen Geldsäcken. Die Artikel werfen die Frage auf, ob diese das Geld demnächst ausgeben werden – und wie stark dann gegebenenfalls der entsprechende Konsumschub für die (Welt-)Wirtschaft ist. Doch die eigentliche Schubkraft für die Konjunktur könnte aus einer ganz anderen Ecke kommen.

h2 Wie viel sind 3 Billionen Dollar?/h2

Doch zunächst die Fakten: Der britische „Economist“ beziffert die Summe, welche die Verbraucher in „21 reichen Ländern“ aufgrund der Corona-Krise unplanmäßig gespart haben, auf 3 Billionen Dollar. Zum Beispiel, weil sie nicht in den Urlaub fahren oder nicht ins Restaurant gehen konnten. Bloomberg Economics kommt für die „größten Volkswirtschaften auf eine Extra-Sparsumme von 2,9 Billionen Dollar – davon allein 1,5 Billionen in den USA.

Leider erwähnen beide Artikel nicht, welche Länder sie konkret berücksichtigt haben. So kann man nur schätzen, was diese Summen als Durchschnittswerte pro Kopf ergeben. Dabei komme ich auf 1.055 (Economist) bzw. 1.375 US-Dollar (Bloomberg).

Das sind aber wirklich nur grobe Durchschnittswerte, denn erfreulicherweise liefert Bloomberg Details für 8 Länder. Danach kommen in den USA 4.545 Dollar zusätzliche Ersparnis pro Kopf (!) zusammen, in Deutschland 1.950 und in Großbritannien 2.430. In Italien sind es dagegen nur 1.020, in China nur 290 Dollar.

h2 Alles nur Durchschnittswerte/h2

Bevor Sie jetzt auf die Suche gehen, wo die gut 6.800 Euro geblieben sind, die Ihre 4-köpfige Familie danach irgendwo übrighaben müsste: Auch das sind nur Durchschnittswerte, die vom Säugling bis zur Greisin gelten, egal ob arm oder reich. Natürlich gibt es hier starke Unterschiede.

Geringverdiener, die ihren Job verloren haben oder in Kurzarbeit sind, mussten womöglich sogar Einbußen hinnehmen, während gut gestellte Doppelverdiener, die nur ins Homeoffice gewechselt sind, mehr als diesen Durchschnitt gespart haben könnten.

Und 6.800 Euro für eine 4-köpfige Familie sind eine realistische Ersparnis, die durchaus durch ein, zwei ausgefallene Urlaubsreisen und/oder ein paar andere verpasste Freizeitaktivtäten zusammenkommen können. In den USA sind die Summen vermutlich deshalb so viel höher, weil die Einkommenssituation eine ganz andere ist als hierzulande und die US-Regierung im Rahmen ihrer Corona-Hilfen Geld direkt an die Bürger ausgezahlt hat.

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Wie eingangs erwähnt, spekulieren die Ökonomen nun darüber, wie viel von diesem Geld in die Wirtschaft fließt, wenn die Lockdown-Maßnahmen gelockert werden.

h2 Eine lang wärmende Glut statt eines Strohfeuers/h2

Ich halte diese Diskussion für müßig und den Konjunkturschub, der dadurch ausgelöst wird, für irrelevant. Denn egal wie groß die Konsumorgie auch ist, die durch dieses Geld losgetreten wird – es wird in jedem Fall nur ein einmaliger Effekt sein: Die Leute können in diesem bzw. dem nächsten Jahr mehr oder teurere Reisen unternehmen, neue Fernseher, Autos, Kleidung usw. kaufen oder häufiger die Freizeitparks stürmen. Doch dies wird nur ein konjunkturelles Strohfeuer sein, das nach wenigen Monaten verpufft ist.

Die eigentliche Frage sollte daher lauten: Gibt es eventuell andere Faktoren, die dafür sorgen können, dass eine konjunkturelle Schubkraft ausgelöst wird, die nachhaltiger ist – also eine lang wärmende Glut statt eines Strohfeuers?

Die üblichen Verdächtigen dafür sind natürlich die Unternehmen, die investieren müssten, um einen nachhaltigen Konjunkturimpuls zu entwickeln. Nun können wir uns diverse Gründe und Motive vorstellen, welche die Unternehmen veranlassen könnten, mehr zu investieren. Ausgerechnet die Corona-Krise hat ja etliche Defizite aufgedeckt, z.B. in der Digitalisierung, die bisher oft nur provisorisch beseitigt wurden. Es gibt also weiterhin viel zu tun, und neue Technologien, die Investitionen erfordern stehen ebenfalls vor dem Durchbruch.

Doch haben die Unternehmen überhaupt das Geld dafür? Schließlich sind auch sie von der Pandemie stark betroffen, haben vielfach mit (Absatz-)Problemen zu kämpfen und verzeichnen Gewinneinbrüche.

h2 Eine aufschlussreiche Grafik/h2

Bei meiner Recherche dazu bin ich auf folgende aufschlussreiche Grafik gestoßen: