Michael Kramer | 08.06.2022 08:28
Es ist noch nicht lange her, da waren schlechte Nachrichten für die Wirtschaft gute Nachrichten für die Märkte, weil sie bedeuteten, dass die Fed die Geldpolitik locker halten musste. Diese Rolle hat sich nun umgekehrt. Jetzt sind gute Nachrichten für die Wirtschaft schlecht für die Märkte, da die Fed die Zinsen anheben und die Geldpolitik straffen will.
Das jüngste Beispiel kam am 1. Juni, als der Bericht der ISM-Einkaufsmanager stärker als erwartet ausfiel und eine konjunkturelle Verbesserung im Mai gegenüber April zeigte. Die gezahlten Preise waren zwar schwächer als im April, dieser Parameter des Index fiel aber immer noch höher als erwartet aus.
Der Markt reagierte prompt: Die Aktienkurse brachen ein, während der USD und die Zinsen stark anstiegen. Das deutet darauf hin, dass die Nachricht, auch wenn sie für die Gesundheit der Wirtschaft bescheiden optimistisch ist, im Widerspruch zu dem steht, was die Fed eigentlich erreichen will: Die Bedingungen an den Finanzmärkten straffen und die Wirtschaft herunterbremsen. Die Daten signalisieren, dass die von der Fed verfolgte Geldpolitik bisher entweder nicht vollständig greift oder nicht ausreicht, um die Wirtschaftsaktivität zu drosseln, und daher nicht in der Lage ist, die Inflation unter Kontrolle zu bringen.
Es stellt sich also die Frage, ob das bedeutet, dass die Fed in Zukunft noch aggressiver vorgehen muss, oder ob sie, wenn sie nicht aggressiver vorgeht, die Zinssätze über einen längeren Zeitraum doch auf ein noch höheres Niveau anheben muss. Dies vergrößert nur das potenzielle Problem für die Aktienmärkte, weil es wahrscheinlich höhere Zinsen und einen stärkeren USD bedeutet.
Eine Periode, in der gute Nachrichten für die Wirtschaft schlechte Nachrichten für Aktien sind, ist jetzt im Fadenkreuz der Anleger und birgt das wesentlichste Risiko für Aktienanlagen, die wahrscheinlich unter einem stärkeren USD leiden werden. Microsoft (NASDAQ:MSFT) hat am 2. Juni die Prognose für das 4. Quartal aufgrund des starken USD nach unten korrigiert, weil sich diese Entwicklung negativ auf Umsatz und Gewinn auswirkt.
Microsoft wird wahrscheinlich nicht das einzige Unternehmen sein, das darunter leiden wird. Dieses Problem einer stärkeren Währung dürfte viele Unternehmen, die ein bedeutendes internationales Geschäft unterhalten, schwer belasten, wie zum Beispiel Nike (NYSE:NKE).
Höhere Zinsen könnten sich negativ auf wachstumsstärkere Aktien auswirken, immerhin müssen deren Bewertungen dann niedriger ausfallen. Einer der Hauptgründe für den starken Rückgang der Wachstumsaktien ist, dass die Gewinnrendite der einzelnen Aktien umso stärker steigen muss, je höher die Zinsen steigen. Wachstumswerte haben von den sinkenden Zinsen besonders profitiert, weil die Multiplikatoren wie das KGV und das Kurs-Umsatz-Verhältnis drastisch gestiegen sind. Mit steigenden Zinsen müssen diese Multiples aber ebenfalls sinken.
Wenn gute Nachrichten zu schlechten Nachrichten für die Märkte werden, werden schlechte Nachrichten für die Wirtschaft zu guten Nachrichten für Aktien. Es kann sich lohnen, künftige Datenpunkte in diesem Sinne zu bewerten, insbesondere wenn sich die Märkte in die entgegengesetzte Richtung von dem entwickeln, was man angesichts dieser Daten eigentlich erwarten würde.
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