Vorbild-Einstellung von Bosch!

 | 31.07.2023 18:07

Wann haben Sie das letzte Mal einen Beitrag über China gelesen, in dem China für irgendetwas gelobt wurde? Wahrscheinlich noch nie. Klar, politisch und sozial wird man da wenig finden, aber auch im wirtschaftlichen Kontext kommt da nicht ein lobendes Wort in den Umlauf. Vielmehr erörtern die meisten Unternehmen, wie sich China entwickeln wird und wie man sich unabhängig von China machen kann. Dabei hat der CEO von Bosch, Stefan Hartung, die wahrscheinlich gesündeste Einstellung zur asiatischen Volksrepublik: Weniger auf die Risiken des Chinageschäfts schauen und die Wettbewerbsfähigkeit in Europa steigern.

Letzte Woche antworte Hartung auf die Frage der Risikominimierung des Chinageschäfts mit einer Gegenfrage bezüglich der jüngsten Bemühungen um den europäischen Binnenmarkt. Hier sei in der nahen Vergangenheit wenig auf europäischer Ebene passiert. Er fügte hinzu, dass es in einigen Konstellationen günstiger für Unternehmen sei, im europäischen Ausland zu agieren als in der EU selbst. Hier müsse man anpacken und nicht ständig über die Flucht europäischer Unternehmen nach China grübeln. Seine Aussagen kommen in einer Zeit, in der immer mehr europäische Staaten Bedenken über die massive Abhängigkeit regionaler Unternehmen vom chinesischen Markt äußern. Gerade Bosch investierte noch zu Beginn dieses Jahres 1 Milliarde Euro in die chinesische Wirtschaft, da diese als Absatzmarkt der Zukunft gewertet wird. Mit der rapiden Industrialisierung, dem Kundenvolumen und der hohen Kaufkraft im Binnenmarkt ist China aus den Einnahmequellen globaler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Fast 50% des Umsatzes von Volkswagen (ETR:VOWG) kommt beispielsweise aus China, weshalb der Wolfsburger Weltkonzern erst letzte Woche beim chinesischen Innovations-Startup Xpeng (NYSE:XPEV) einstieg. Auch Bosch ist auf das nicht-europäische Ausland angewiesen – letztes Jahr kam auch hier etwa die Hälfte der 88.2€ Milliarden aus nicht-europäischen Staaten.

Es sei wichtig, dass sich Europa darauf konzentriert, mit den verfügbaren Mitteln zu arbeiten und die regionalen Konditionen zu verbessern. Und damit hat er auch absolut recht. In einer zunehmend wettbewerbsorientierten globalen Wirtschaft muss sich Europa mehr auf den Binnenhandel und die Entwicklung des bestehenden und schon sehr fortgeschrittenen Humankapitals konzentrieren. Einst als dritte Welt bezeichnet, steigen viele Wirtschaftsregionen in ihren Bedürfnispyramiden auf und passen ihren wirtschaftlichen Output an diese Bedürfnisse an. Nicht ohne Grund ziehen nun auch Indien, China, Saudi-Arabien, Brasilien und die Türkei in vielen technologisierten Bereichen nach und bieten damit auch Absatzmärkte für internationale Unternehmen. Zwar kommen diese Regionen in Sachen Qualität nicht immer an die europäischen Standards heran, bieten aber deutlich bessere Preise. Deshalb ist die europäische Narrative falsch, europäische Unternehmen, die sehr aktiv im Ausland sind, zu ächten. Wenn man aber schaut, dass Europa eine tiefere wirtschaftliche Integration erlebt, kann aus der bestehenden Situation mehr gemacht werden. Man kann seine Diversifizierung praktisch vor der eigenen Haustür vorantreiben. Sich einfach ohne tragbare Alternative von China unabhängig zu machen, würde zu einem weiteren Schlag für die europäische Wirtschaft führen.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

In einem gestrigen Interview gab der italienische Verteidigungsminister zu verstehen, dass man der chinesischen Road and Belt Initiative niemals hätte beitreten sollen. Man hätte sich mit dieser Entscheidung unnötigerweise an China gebunden, ohne wirklich infrastrukturelle Vorteile im angestrebten Maß zu erreichen. Klar kommen solche pauschalen Aussagen bei einer zunehmend nationalorientierten europäischen Bevölkerung gut an. Aber auf der anderen Seite wird nicht auf Alternativen eingegangen. Das seit Jahren schleppend laufende TEN-T Projekt der Europäischen Kommission wird weder umfassend besprochen noch beworben. Das pan-europäische Infrastrukturprojekt soll den Kontinent umfassend verbinden und somit den Binnenmarkt einem geeinten Wirtschaftsraum näherbringen. Hierfür wurden aber gerade einmal magere 300€ Millionen eingeplant, was hinter den geplanten $1.1 Billionen der Nordamerikaner und den bislang ausgegebenen $240 Milliarden der Chinesen einfach zu wenig ist.

Stefan Hartung hat recht. Es bringt nichts, die Unternehmen für ihre Aktivitäten und den angestrebten Umsatz in China zu rügen, ohne den regionalen Markt zu stärken. Möchte man die europäische Wirtschaft weiterhin an der Spitze der Welt sehen, darf man sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Der Kontinent hat immenses Humankapital und auch eine gewisse interne Solidarität. Jetzt muss man es Unternehmen durch geringere Hürden und Subventionen weiter schmackhaft machen, hier zu produzieren und zu vertreiben.

Für mehr interessante Inhalte besuchen Sie unseren HKCM Trading Room !

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert