ViacomCBS, WallstreetBets, Archegos und eine Blase, die platzen musste

 | 14.04.2021 14:37

Nach dem 23. März haben mehrere Banken große Aktienpakete des Medienkonzerns ViacomCBS (NASDAQ:VIAC) (VIAC) auf den Markt geworfen, in Folge von Margin-Calls gegenüber dem Hedgefonds Archegos Capital, die dieser aufgrund mangelnder Liquidität nicht bedienen konnte. Aktionäre von ViacomCBS mussten in der Spitze Verluste von bis zu 60 Prozent hinnehmen. Wie es dazu kam und ob ViacomCBS zum aktuellen Kursniveau eine Kaufgelegenheit darstellt, darauf wollen wir im Folgenden eingehen.

Im Grunde war es keine Überraschung, dass die Kurse bei ViacomCBS einbrachen. Die Aktie wurde zuvor kräftig gepusht. Maßgeblich beteiligt am explosionsartigen Anstieg der Kurse seit Mitte Februar waren die User des berüchtigten Reddit-Forums WallstreetBets, die bereits Anfang Februar begannen, die Papiere von ViacomCBS massiv anzupreisen. Von einer enormen Unterbewertung und gigantischen Wachstumsaussichten war da die Rede. Tatsächlich hat man sich von Seiten des Unternehmens vorgenommen,  die Umsätze innerhalb der nächsten 4 Jahre auf über 50 Millionen US-Dollar zu steigern, was gegenüber dem Geschäftsjahr 2020 ziemlich genau 100 Prozent Umsatzwachstum bedeuten würde. 

Sehr schneller Kursanstieg

Eine Verdopplung der Kurse innerhalb weniger Wochen rechtfertigt diese Erwartung jedoch nicht. Es ist zwar nicht unüblich, dass Anleger Ertragserwartungen schon weit  im Vorhinein einpreisen, doch ViacomCBS weist bei genauer Betrachtung nicht die typischen Merkmale solcher Wachstumsaktien auf. Das wird deutlich, wenn man sich das historische Kurs-Umsatz-Verhältnis der Aktie betrachtet: Kurs und Umsatz bei ViacomCBS standen über die letzten 4 Jahre in einer relativ konstanten Relation zueinander. Typische Wachstumsaktien weisen dagegen regelmäßig steigende KUVs (Kurs-Umsatzverhältnis) auf, weil der Kurs stärker steigt als der Umsatz.

Selbst wenn für das Geschäftsjahr 2021 ein Umsatzzuwachs von 25 Prozent unterstellt wird, was 51 US-Dollar je Aktie im Vergleich zu 41 US-Dollar im Vorjahr entspräche, ist die Aktie oberhalb von rund 70 Dollar aufgrund der Umsatzerwartung sehr hoch bewertet. Erkennbar wird dieser Umstand an den maximalen jährlichen KUVs der letzten vier Jahre. 

Die Zeitreihe weist auf der Oberseite relativ konstante Werte zwischen 1,01 und 1,43 aus, was auf Basis der genannten Umsatzprognose maximal Kurse bis 73 US-Dollar (51 Dollar Umsatzerwartung mal maximaler KUV von 1,43) rechtfertigt. Hinzu kommt, dass die Mehrzahl der Analysten bei Ihrer Umsatzerwartung für das Gesamtjahr 2021 wesentlich zurückhaltender ist als das Management von ViacomCBS. Im Durchschnitt entspricht die Einschätzung von Analysten einem Umsatzwachstum von ca. 10 Prozent. 

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Trotzdem ließen sich offenbar zahlreiche Kleinanleger von den Aussichten auf weitere Gewinne locken und hofften auf ein Kurswunder, wie es zuvor beispielsweise bei den Aktien von GameStop (NYSE:GME) zu sehen war. So wurden die Papiere in Folge auf ein Kurslevel von 102 US-Dollar getrieben, was bei geschätzten 51 US-Dollar Umsatz je Aktie bereits einem KUV von 2 entspräche und bei einem niedrigeren Umsatz sogar noch einem entsprechend höheren KUV. 

Kurs-Gewinn-Verhältnis bestätigt hohe Bewertung

Noch deutlicher wird die animierte Bewertung bei Betrachtung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV). Über die letzten 4 Jahre bewegte sich das maximale jährliche KGV auf bereinigter Basis sehr konstant bei Werten zwischen 8 und 10. Unter der Annahme, dass diese Relation auch für 2021 Gültigkeit besitzt, müsste sich das bereinigte Ergebnis in 2021 demnach mehr als verdoppeln um ein Kursniveau von über 100 US-Dollar zu rechtfertigen. Aus diesem Blickwinkel war der massive Einbruch auch ohne das Scheitern des Hedgefonds Archegos sehr wahrscheinlich.

Wie geht es weiter mit der Aktie von ViacomCBS?

Interessant ist aktuell insbesondere die Frage ob die Aktie nach dem massiven Einbruch eine günstige Kaufgelegenheit darstellt. Die Aktie notiert nach wie vor rund 60 Prozent unter dem  Rekordhoch bei 102 US-Dollar. Bei starken Verkäufen liegen in vielen Fällen massive Übertreibungen vor und wir haben es bei ViacomCBS durchaus mit einem profitablen Unternehmen mit einer soliden Ertragslage zu tun. 

Eine Bewertung auf Basis des KUV und einem zu Grunde gelegten Umsatzwachstum von 10 Prozent (Analystenschätzung), was 45 US-Dollar je Aktie entspräche, würde einen Einstieg bei einem Kursniveau von rund 38 US-Dollar rechtfertigen: Dabei wird der Durchschnitt des minimalen jährlichen KUVs der Jahre 2017 bis 2019 berücksichtigt, das 0,84 beträgt. Aufgrund der Analystenschätzungen (KUV) von 45 Dollar wäre ein Einstieg bei 38 Dollar (45 Dollar mal 0,84) fundamental gerechtfertigt. 

Das Crash-Jahr 2020 bleibt bei der Betrachtung außen vor. Das übertrieben niedrige KUV in Crash-Jahren ist regelmäßig als Ausreißer zu betrachten in Folge der sinkenden Liquidität und der damit erhöhten Volatilität in einem Crash-Szenario. Die Werte gleichen sich in den Folgejahren regelmäßig wieder den vorherigen Jahren an. Geht man davon aus, dass ViacomCBS von dem sich ankündigenden konjunkturellen Aufschwung in den USA profitieren wird und auf Wachstumskurs bleibt, dann ist die beschriebene Vorgehensweise mit den Durchschnitten der Jahre 2017 bis 2019 valide. 

Was sagt die Charttechnik?

Charttechnisch befindet sich die Aktie zum einen nahe an der Unterkante des seit dem Tiefstand im März 2020 andauernden Aufwärtstrends, zum anderen befindet sie sich im Bereich zwischen 40 bis 42 US-Dollar in einer charttechnischen Unterstützungszone. Beides zusammen bildet einen Kreuzunterstützung, der im Zusammenspiel mit einer günstigen Bewertung die Wahrscheinlichkeit für eine Umkehr erhöht.