US-Signal für Ölpreis? – Scholz kritisiert unsere Doppelmoral – EU-Kommissionsprognose

 | 16.05.2023 08:03

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0884 (05:09 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0856 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 135,93. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147,95. EUR-CHF oszilliert bei 0,9740.

Märkte: Märkte stabil – US-Signal für den Ölpreis?

Die Finanzmärkte spiegeln weiter sowohl Nervosität als auch Stabilität. Enttäuschende Wirtschaftsdaten haben zumeist nur kurzfristige Wirkung. So war es gestern bei dem historischen Einbruch des New York Manufacturing Index um mehr als 40 Punkte. So war es auch bei den heutigen Veröffentlichungen aus China, die zwar eine Beschleunigung der Konjunkturlage belegen, aber die Erwartungen verfehlten (siehe Datenpotpourri).

Die Aktienmärkte in Europa und den USA konnten leicht an Boden gewinnen, ebenso der Nikkei Index (Japan) und der Hang Seng Index (Hongkong). Der chinesische CSI als auch die Indices Indiens und Vietnams tendierten seitwärts.

Am Kapitalmarkt ergaben sich keine neuen Erkenntnisse. 10 jährige Bunds rentieren mit 2,30% (Vortag 2,28%), während 10 jährige US-Staatstitel eine Rendite von 3,49% (Vortag 3,47%) bringen. Der Euro zeigt sich auf dem ermäßigten Niveau stabil und mäanderte in den letzten 24 Stunden gegenüber dem USD in einer engen Bandbreite von 1.0856 – 1.0890.

Die edlen Metalle Gold und Silber zeigten sich bezüglich des Devisenmarktes stabil.

Kommentar: Hintergründig ergeben sich für Edelmetalle mögliche neue Konstellationen. Im Juni werden 81 Länder (UN 193 Länder) in Sankt Petersburg zusammenkommen und das Thema einer Alternative zum USD diskutieren. Das Thema Golddeckung ist dabei prominent.

Damit wenden wir uns dem Thema Öl zu. Das US-Energieministerium will jetzt per Mai beginnen, die zuvor massiv reduzierten strategischen Ölreserven wieder aufzufüllen. Offerten für 3 Millionen Fass würden bis zum 31. Mai angenommen (Lieferung August). Alleine letztes Jahr wurden 180 Millionen Fass aus der Reserve verkauft.

Kommentar: Die US-Regierung hat Käufe immer wieder ins Auge gefasst, um sie dann wieder zu verschieben. Der jetzige Ansatz ist der reale Start des Rückkaufprogramms. Das Volumen ist im Vergleich zu den verkauften Mengen zunächst als sehr überschaubar zu definieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Regierung damit unwillentlich einen Boden für den Ölpreis definiert, ist als beachtlich einzustufen.

Kanzler Scholz kritisiert westliche Doppelmoral (Quelle Reuters: 15.05.2023, 17:22 Uhr)

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Kanzler Scholz zielt auf eine grundlegende Reform internationaler Institutionen, um die Benachteiligung von Schwellen- und Entwicklungsländer zu beseitigen.

Kommentar: Ich freue mich persönlich sehr, dass Kanzler Scholz diese Themen verbal aufnimmt, die Sie aus diesem Report kennen. Es geht um Realitätssinn und die Opportunitäten in Politik und Wirtschaft aus dieser Realität für die Beteiligten. Es geht darum, in den verlorenen Positionen Deutschlands und der EU als authentischer und eigenständiger Partner und Brückenbauer wieder wahrgenommen zu werden, nachdem diese eigenständige Position zu Gunsten des Fahrens im Fahrwassers der US-Interessen aufgegeben wurde.

Es geht um unsere erfolgreiche Vernetzung als import- und exportabhängiges Land. Dieser Status Deutschlands lässt sich nicht ändern. Veredelung ist absehbar das einzig tragfähige Geschäftsmodell.

Scholz führte aus, man müsse sich nicht wundern, dass Länder des Globalen Südens die Verurteilung Russlands in den Vereinten Nationen nicht unterstützten. Diese Regierungen stellten nicht Grundsätze der internationalen Ordnung infrage. Was ihnen zu schaffen machte, sei deren ungleiche Anwendung.

Kommentar: So ist es. Der Westen unter Führung der USA hat faktisch ein Unterordnungsprinzip gegen die Grundlagen der Souveränität (UN-Charta, Artikel 2) nach eigenem Belieben gelebt und gefordert. Dazu gehören der US-Anspruch, US-Recht extraterritorial anzuwenden (Eingriff in nationale Souveränitäten, undemokratisch), Sekundärsanktionen, Regime-Change Politik und die Nichtverfolgung westlicher Völkerrechtsbrüche (Asymmetrie in Anwendung des Völkerrechts). Dazu gehört auch das Schweigen der EU zu diesen Fällen.

Scholz weiter: Sie erwarten Repräsentation auf Augenhöhe. Sie erwarten ein Ende der westlichen Doppelmoral.

Persönliche Anmerkung: Danke Herr Scholz, für derartige Äußerungen habe ich noch in jüngster Zeit persönliche Anfeindungen erleben dürfen. Das sollte damit dann abgeschlossen sein.

Scholz kritisierte Thesen über eine Entwicklung zu einer bi- oder tripolaren Welt um die USA, China oder die EU. Jede funktionierende internationale Ordnung müsse den multipolaren Charakter der Welt widerspiegeln. Scholz sagte, die uni- oder bipolare Welt von gestern mochte leichter zu gestalten gewesen sein, sie sei aber nicht länger die Welt, in der wir leben.

Kommentar: So ist es! Die finanz- ökonomische Machtachsenverschiebung zu Gunsten des Globalen Südens zwingt förmlich zur Multipolarität. Sie kennen die Fakten aus diesem Report.

Der Kanzler hält die internationale Finanzordnung für reformbedürftig (Weltbank, IWF). Es gebe die Notwendigkeit, über die globale Finanzordnung zu diskutieren.

Kommentar: In der Tat ergibt sich eine Reformbedürftigkeit, weil sowohl die Weltbank als auch der IWF mit Sperrvoten der USA (16%) ausgestattet sind, die Machtmissbrauch erlauben. Aus diesen Gründen wurden Alternativen seitens des "Globalen Südens" mit der AIIB und der NDB gegründet und sind heute aktiv, weil Interessen der Schwellen- und Entwicklungsländer in dem westlich dominierten Organigramm nicht angemessen gelebt wurden.

Die Einlassungen des deutschen Kanzlers sind bedeutungsvoll. Es sind aber zunächst nur Worte. Der Worte hat der Globale Süden in den letzten 78 Jahren viel gehört. Es werden Taten notwendig sein, um verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen.

In der Zwischenzeit wird der Globale Süden weiter seine Strukturen voran treiben, denn dort weiß man, dass es besser ist, einen Spatzen in der Hand zu halten, als eine Taube auf dem Dach zu haben. Zu häufig hat sich der Westen in außenpolitischer Beliebigkeit (Werte) gezeigt.

Der von Kanzler Scholz geplante Afrika-Gipfel im November 2023 in Berlin darf als Indiz gewertet werden, ob diese zunächst verbale Neuausrichtung der Bundesregierung ein Echo in Afrika findet. Wenn Xi zu Afrika-Gipfeln ruft, ist ganz Afrika regelmäßig mit Staatschefs vor Ort.

Deutschland quo vadis?

Die EU-Kommission sieht die Konjunkturaussichten für die Eurozone etwas positiver als im Winter, aber nicht für Deutschland.