Stockstreet GmbH | 27.04.2019 09:39
Wenn man die Kursentwicklung des DAX richtig einordnen möchte, sollte man aus fundamentaler Sicht natürlich in erster Linie auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland schauen. Doch mit Blick auf den hohen Exportanteil der deutschen Wirtschaft und der globalisierten Weltwirtschaft muss man logischerweise auch über den Tellerrand blicken.
Wirtschaft der Eurozone startet schwach ins 2. Quartal 2019
Wenn man sich dabei zunächst auf die Eurozone beschränk, findet man leider auch hier kaum Gründe für derart starke Aktienkurse, wie wir sie jüngst gesehen haben. Denn die Wirtschaft der Eurozone schwächelt auch zum Start in das 2. Quartal 2019. Laut den aktuellen Einkaufsmanagerdaten von IHS Markit für den Monat April schrumpfte die Industrie erneut. Und das Wachstum im Dienstleistungssektor schwächte sich ab. Der „IHS Markit Flash Eurozone Composite Index Produktion“ gab gegenüber März um 0,3 Punkte auf 51,3 nach.
Zwar hatte es zuvor zwei Anstiege gegeben, doch nun liegt der aktuelle Wert nur noch minimal über den Tiefs von Dezember und Januar. Passend dazu schrieb ich bereits vor etwas mehr als einem Monat zu den damaligen Einkaufsmanagerdaten für den Monat März, dass die weiteren Aussichten schlecht seien.
Denn der Auftragseingang der Eurozone wies mit dem 6. Rückgang in Folge das höchste Minus seit Dezember 2012 aus und beim Exportneugeschäft schlugen die höchsten Verluste seit August 2012 zu Buche. „Logisch, dass sich dies negativ auf die zukünftige Produktion auswirken wird, die im März bereits zum zweiten Mal in Folge gesunken ist. Nicht ohne Grund blicken die Industrieunternehmen laut IHS Markit momentan so pessimistisch auf die Geschäftsentwicklung der kommenden zwölf Monate wie zuletzt im Dezember 2012“, hieß es in der Börse-Intern vom 22. März. Und der aktuelle erneute Rückgang des Composite-PMI ist nun das Ergebnis dessen.
Vor diesem Hintergrund ist es also kaum zu erklären, warum die Aktien aus dem DAX oder dem Euro Stoxx 50 von ihren Tiefs derart weit ansteigen konnten. Zumal auch jetzt wieder die Detaildaten der Einkaufsmanager keine Besserung anzeigen. So stagnierte der Gesamt-Auftragszuwachs nahezu, weil die Exportnachfrage gravierend schwächelte, wobei der Export nun so schwach ausfiel wie seit 2014 nicht mehr. Und der Auftragseingang der Industrie nahm erneut und damit den 7. Monat in Folge ab. Die Auftragsbestände gaben zum vierten Mal in Folge nach. Kaum verwunderlich, dass der Industrie-PMI da mit 48,1 Punkten klar unterhalb der Expansionsschwelle blieb. Das Wachstum des Eurozonen-BIP dürfte zum Jahresauftakt kaum noch die 0,2%-Marke erreichen.
Der Aktienmarkt könnte zwar als Frühindikator betrachtet werden, dann müssten aber bald andere Frühindikatoren, wie Auftragseingänge etc., zulegen. Ansonsten könnten sich große Teile der aktuellen Kurserholungen nur als Gegenbewegungen im Abwärtstrend herausstellen.
Auch aus Asien gibt es kaum positive Wirtschaftsdaten
Denn auch wenn man den Blick Richtung Asien richtet, stößt man kaum auf positive Wirtschaftsdaten. So leidet auch die japanische Wirtschaft unter der schwachen globalen Nachfrage. Hier ging die Industrieproduktion im März um 0,9 % gegenüber dem Vormonat zurück und lag damit um 4,6 % unter dem Vorjahresniveau.
Chinas Wirtschaft ist im 1. Quartal 2019 zwar um 6,4 % gewachsen und erreichte damit denselben Wert wie im Schlussquartal 2018, doch gelang dies nur durch konjunkturelle Stützungsmaßnahmen der Regierung.
Zudem bestehen an der Validität der von der chinesischen Regierung freigegebenen Daten nach wie vor Zweifel. Und daher wurden die BIP-Daten an der Börse schnell zum Non-Event. Für die Börsen waren diese Daten eine Beruhigungspille - mehr aber auch nicht.
BIP-Daten aus den USA sorgen für einen Paukenschlag
Auch die gestrigen Daten aus den USA haben keine neuen Trends ausgelöst, obwohl es hier zu einem echten Paukenschlag kam. Laut der ersten Schätzung ist die Wirtschaftsleistung der USA im 1. Quartal 2019 um (annualisiert) 3,2 % gewachsen, nach +2,2 % im Schlussquartal 2018. Von Marktteilnehmern erwartet wurde lediglich ein Plus von etwas mehr als 2 %.
Und damit sind wir auch bei den einzig wirklich positiven Daten. Das hohe Wachstum überrascht dabei auch deshalb, weil die Daten noch unter dem Einfluss des Regierungsstillstandes im ersten Monat des Quartals („Government Shutdowns“) stehen. Dass das BIP-Plus trotzdem derart hoch ausfiel, erklärt zumindest, warum die US-Indizes an neuen Allzeithochs arbeiten, während die Aktienmärkte hierzulande deutlich hinterherhinken.
Allerdings sind die Kurse in den USA seit dem Tief Ende 2018 um fast 23 % (Dow Jones und S&P 500) bzw. 33 % (Nasdaq 100) gestiegen – ohne größere Unterbrechungen – und damit deutlich überkauft. Inzwischen gelang dem Nasdaq 100 sogar ein neues Allzeithoch. Und der S&P 500 hat am vergangenen Dienstag an dieser Marke kratzte. Dem Dow Jones fehlte noch ein knappes Prozent zu seinem Allzeithoch. Der starke Anstieg des BIP im 1. Quartal 2019 dürfte dadurch mehr als ausreichend eingepreist sein. Zumal mit den aktuellen BIP-Daten aus den USA die Zinssenkungsphantasien weiter aus dem Markt verschwinden dürften (siehe dazu auch Börse-Intern vom 10.04.2019). Und so komme ich auch nach der Analyse der gestrigen Daten zu dem Ergebnis, dass es Zeit ist, (Teil-)Gewinne mitzunehmen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
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