Investing.com | 05.11.2020 11:33
Die Renditen der US-Staatsanleihen waren am Mittwoch auf Tauchstation gegangen, als die Aussicht darauf, dass die Republikaner die Kontrolle über den Senat behalten werden, selbst wenn Präsident Donald Trump die Wahl verliert, die Hoffnungen auf ein großes Konjunkturpaket dämpfte.
Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen fiel unter 0,8%. Vor den ersten Hochrechnungen am Dienstag rentierte der Titel in der Spitze noch auf 0,9%.
Die Anleger stürzten sich wieder auf Staatsanleihen - die Kurse bewegten sich umgekehrt zu den Renditen -, als die Hoffnung auf ein großes Konjunkturpaket erlosch und die Ungewissheit über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen die Nachfrage nach sicheren Häfen ankurbelte.
Die 30-jährige Anleiherendite kletterte am Dienstag auf über 1,75%, fiel dann aber am Mittwoch um mehr als 20 Basispunkte auf weniger als 1,55%.
Das Rennen im Weißen Haus zwischen Trump und dem demokratischen Herausforderer Joe Biden ist in einer Handvoll Swing-Staaten so knapp, dass bislang noch keiner der Kandidaten eine Mehrheit von 270 Stimmen im Wahlkollegium erreichen konnte.
Eine Reihe republikanischer Senatoren, die als angreifbar galten, konnten sich gegen starke Herausforderer behaupten, so dass es als sicher gilt, dass die Partei eine Mehrheit im Senat und die Kontrolle über die dortige Gesetzgebung behalten wird, auch wenn sie bislang einen Platz an die Demokraten abgeben musste. Mehrheitsführer Mitch McConnell hat die Wiederwahl in Kentucky gewonnen, so dass er seine Funktion wohl auch im Januar weiter ausüben wird.
Am Ende ist es also doch nicht zu einen demokratischen Sweep gekommen, zumal die Republikaner wohl auch einige zusätzliche Plätze im Repräsentantenhaus hinzugewinnen dürften, wenngleich die Demokraten die Kontrolle behalten werden.
Neben den gesunkenen Hoffnungen auf fiskalische Anreize würde eine gespaltene Regierung wahrscheinlich die von Biden vorgeschlagenen 2 Billionen Dollar an Ausgaben für grüne Energie blockieren, selbst wenn er die Präsidentschaft gewinnt. In der Zwischenzeit inszenierten die Aktienmärkte eine starke Rallye, da ein republikanisch kontrollierter Senat dafür sorgen dürfte, dass weder neue Steuern noch eine Kohlenstoffsteuer eingeführt werden.
Ein anhaltender Machtkampf um die Präsidentschaft könnte die Kurse der Staatsanleihen weiter in die Höhe treiben und die Renditen belasten. Das Trump-Wahlkampfteam fordert bereits eine Neuauszählung in Wisconsin, wo Biden anscheinend mit einem Vorsprung von weniger als 1% gewonnen hat, und klagt darauf, die Auszählung der Stimmzettel in Michigan und Pennsylvania zu stoppen, bis republikanische Wahlbeobachter Zugang haben. Der Präsident hat angedeutet, dass die Abstimmung wie bei der umstrittenen Wahl 2000 vor dem Obersten Gerichtshof enden könnte.
Diese Art von Ungewissheit hält die Anleger in Atem und lässt sie in den sicheren Hafen der US-Staatsanleihen flüchten.
Gleichzeitig behalten die Anleger auch die Wirtschaftsentwicklung im Auge, schließlich wächst die Sorge, dass ein Wiederaufflammen der COVID-19-Pandemie in Europa und die Möglichkeit neuer Restriktionen in den USA die Wirtschaftsdaten negativ beeinflussen und das Wachstum verlangsamen werden. Der Bericht aus der vergangenen Woche, wonach das BIP im dritten Quartal mit einer annualisierten Rate von 33% gewachsen ist, hatte die Erwartung geweckt, dass die US-Wirtschaft sich wieder erholen würde.
Die politischen Entscheidungsträger der Federal Reserve, die wegen der Wahlen erst am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche zusammenkommen, werden sich mit der Aussicht auf weniger fiskalpolitische Impulse befassen müssen. Die Forderungen des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell nach großzügigen fiskalischen Hilfen sind im republikanischen Senat auf taube Ohren gestoßen, so dass die Zentralbank einer sich verlangsamenden Wirtschaft durch die Geldpolitik begegnen muss. Das ist ein weiterer Grund, warum die Renditen der Staatsanleihen sinken.
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