Steigende Zinsen belasten - Biden spendiert Öl - Fed: Zart taubenhaft?

 | 20.10.2022 10:25

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0,9758 (05:46 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9755 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 146,31. EUR-CHF oszilliert bei 0,9817.

Finanzmärkte: Steigende Kapitalmarktzinsen belasten

In den letzten 24 Stunden standen die Aktienmärkte unter Druck. Teile der zuvor errungenen Terraingewinne wurden verloren. Dabei waren die Verluste an den US-Märkten ausgeprägter als in Europa. Asiens Aktienmärkte stehen weiter unter Druck.

An den Kapitalmärkten kam es zu Zinsversteifungen, die sich negativ auf die Bewertung der Aktienmärkte auswirkten. So rentiert die 10 jährige Bundesanleihe aktuell mit 2,38% (Vortag 2,28%). Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe stellt sich aktuell auf 4,14% (Vortag 4,03%). Der USD gewann an Boden. Gegenüber dem JPY wurde die Marke von 150 bisher nur knapp verfehlt (bisher Hoch bei 149,96).

Die edlen Metalle sahen sich markantem Verkaufsdruck ausgesetzt und verloren deutlich an Boden.

Biden spendiert eine Runde Öl auf das eigene Wohl

Die Regierung Biden gibt 15 Mio. Fass der Ölreserve frei. Rückkäufe sollen bei Preisen unter 70 USD erfolgen.

Kommentar: Das aktuelle Niveau der Ölpreise kann im Hinblick auf die Handelsbandbreiten der letzten 12 Monate nicht als kritisch definiert werden. Es handelt sich um eine strategische Notfallreserve für das Land. Wird diese Reserve hier nicht für Wahlhilfe zu Gunsten der Demokraten missbraucht?

Kashkari schlägt zarte taubenhafte Töne an

Die Inflation in den USA hat nach Aussage des Fed-Gouverneurs aus Minneapolis Kashkari möglicherweise ihren Höhepunkt überschritten. Allerdings gebe es keine Belege dafür, dass dies auch für die Kerninflation gelte.

Kommentar: Das Inflationsbild ist in den USA entspannter als in Europa. Während wir mit dem schwachen EUR Inflation importieren, wirkt der starke USD in den USA inflationshemmend.

Berlin und Paris erkennen Risiko eines US-Handelskonflikts

Deutschland und Frankreich wollen durch Verhandlungen zusätzliche Handelskonflikte mit den USA verhindern. Wirtschaftsminister Habeck sagte, man könne in diesen Zeiten nicht in einen Handelskrieg mit den USA gehen.

Kommentar: Es knistert im Verhältnis USA zu Europa. In Berlin und in Paris ist man ob der Entwicklungen nervös. Nie war Europa abhängiger von den USA. Nachdem jetzt NS1 und NS2 weitgehend zerstört sind, ist die Energieanhängigkeit zu den Vereinigten Staaten, die als nahezu einziges Land freie LNG-Kapazitäten haben, massiv. Es ergibt sich aber auch eine militärische Abhängigkeit. Damit haben die USA extrem hohes "Leverage" gegenüber Europa, um ihre Interessen gegen die Interessen Europas durchzusetzen.

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Herr Habeck, es ist nicht die Frage, ob die EU in einen Handelskrieg gehen will, sondern es ist die Frage, ob die USA ihre dominante Position für einen Handelskonflikt nützen werden. Das wird nicht in Brüssel, sondern in Washington entschieden.

Habeck führte weiter aus, dass die fairen Wettbewerbsbedingungen nicht von den USA aufgekündigt werden dürften. Dies drohe derzeit. Darauf müsse die EU-Kommission, eine entschiedene Antwort finden. Habeck bezog sich auf ein Gesetzespaket der Biden-Regierung, das staatliche Hilfen für diverse Branchen, unter anderem die Autoindustrie, vorsieht.

Europäische Unternehmen könnten benachteiligt werden. Habeck sagte, es seien starke Subventionen, die Unternehmen in die USA locken sollten. Frankreichs Wirtschaftsminister Le Maire ergänzte, es müsse keine sich hochschaukelnden Sanktionen gegeneinander geben

Kommentar: Es ist positiv, dass Herr Habeck das Bedrohungsszenario erkennt. Was er verkennt, ist die Tatsache, dass die USA immer im eigenen Interesse agieren und dabei auf Verträge und "Freunde" keine Rücksicht nehmen. Die EU soll also eine entschiedene Antwort finden. Welches belastbare "Leverage" hat die EU in Verhandlungen mit den USA? Das Risiko einer noch weiteren Unterordnung Kontinentaleuropas wird größer. Für unsere Souveränität sieht es diesbezüglich nicht gut aus. Die USA werden ihr "Leverage" nutzen (Reindustrialisierung), der Schaden fällt hier an (Deindustrialisierung). Übrigens, BMW (ETR:BMWG) kündigte gestern gerade verstärkte Investitionen (E-Mobilität, 1,7 Mrd. EUR) in den USA an.

Das Steueraufkommen holpert

Maßnahmen wegen der hohen Energiepreise haben in Deutschland erstmals per 2022 zu einem Rückgang der Steuereinnahmen von Bund und Ländern geführt. Die Einnahmen lagen im September bei 71,2 Mrd. EUR und damit 9,0% unter dem Vorjahresniveau.

Maßgeblich hierfür sei die Reduzierung des Lohnsteueraufkommens durch die Auszahlung der Energiepreispauschale im September 2022. Die Einnahmen aus den Bundessteuern gingen um 10,6% zurück. Hier sei der Hintergrund der „Tankrabatt“.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres stellten sich die Steuereinnahmen von Bund und Ländern auf circa 593 Mrd. EUR (+9,7% gegenüber Vorjahr, Inflationseffekt). Hier ist zu bedenken, dass das Steueraufkommen in der Vergleichsperiode 2021 durch die Folgen der Corona-Politik der Bundesregierung gehemmt war.

Kommentar: Die Wahrscheinlichkeit, dass bei jetzt einsetzenden rezessiven Entwicklungen das Steueraufkommen rückläufig sein wird, ist erheblich. Wenn man das Risiko von Produktionsstättenverlagerungen (kleinerer Kapitalstock), die die wahrscheinliche Folge eines Handelskonflikts sein werden, berücksichtigt, sind die Aussichten für den deutschen Staatshaushalt nicht rosig.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

China: Leitzinsen unverändert

Die Leitzinssätze wurden per Oktober nicht verändert (Loan Prime Rate 1 Jahr bei 3,65% und für fünf Jahre bei 4,30%).

Eurozone: CPI (J) marginal geringer als erwartet

Laut finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per September im Monatsvergleich um 1,2% (Prognose und vorläufiger Wert 1,2%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 9,9% (Prognose und vorläufiger Wert 10,0%). Die Kernrate verzeichnete im Monatsvergleich einen Anstieg um 1,0% (Prognose und vorläufiger Wert 1,0%). Im Jahresvergleich lag das Plus bei 4,8% (Prognose und vorläufiger Wert 4,8%).

UK: CPI und Kernrate (J) marginal höher als erwartet

Laut finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per September im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,5%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 10,1% (Prognose 10,0%). Die Kernrate verzeichnete im Monatsvergleich einen Anstieg um 0,6% (Prognose 0,5%). Im Jahresvergleich lag das Plus bei 6,5% (Prognose 6,4%).

USA: Neubaubeginne und Hypothekenmarktindex schwach

Der MBA Hypothekenmarktindex sank in der Berichtswoche per 14. Oktober 2022 von zuvor 214,3 auf 204,6 Punkte und markierte den tiefsten Indexwert seit Juni 1997. Die Zahl der Neubaubeginne (annualisierte Darstellung) fiel per September um 8,1% von 1,566 Mio. (revidiert von 1,575 Mio.) auf 1,439 Mio. (Prognose 1,475 Mio.). Die Zahl der Baugenehmigungen legte per September dagegen von 1,542 Mio. auf 1,564 Mio. (Prognose 1,530 Mio.) zu.

Russland: Erzeugerpreise weiter bei nur 3,8%

Die Erzeugerpreise sanken per September im Monatsvergleich um 0,8% nach zuvor -1,0%. Im Jahresvergleich lag der Anstieg bei 3,8% nach zuvor 3,8% (Eurozone +43,3%).

Japan: Erholung vom Rekorddefizit der Handelsbilanz

Die Handelsbilanz wies per September ein Defizit in Höhe von 2.094 Mrd. JPY aus (Vormonat 2.820 Mrd. JPY und Rekorddefizit bei Historie bis 1963). Exporte stiegen im Jahresvergleich um 28,9% (Prognose 27,1%) nach zuvor 22,0%, während Importe um 45,9% (Prognose 45,0%) nach 49,9% zulegten.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 - 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe

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