S&P 500, Dax: Vergeßt Fed und Zinsen! Konjunktur wird wichtig

 | 19.12.2022 07:04

Die Leitindizes S&P 500 und der Dax 40 kämpfen zur Monatsmitte Dezember mit einem kleinen Finanz-Tsunami. Verursacht durch eine weitere Welle internationaler Anhebungen der Zinsen, aber so richtig ausgelöst wurden die Korrekturen wohl durch zwei Zentralbanker der Fed und der EZB:

Fed-Chef Powell hat bei der letzten Zinsentscheidung noch mal einen sehr hawkishen Ton angeschlagen, „die Arbeit der Federal Reserve sei noch lange nicht verrichtet, die Inflation insgesamt betrachtet noch zu hoch.“

EZB-Präsidentin Christine Lagarde legte bei der Begründung ihrer Zinsentscheidung am Donnerstag noch eine Schippe drauf. Vermutlich um Stärke und Entschlossenheit zu demonstrieren, aber – bewusst oder unbewusst – verkennend, was mehrere Zinsschritte von 50 Basispunkten in der Eurozone auslösen würden. In einer hoch verschuldeten, inhomogenen Wirtschaftszone, die über Jahre hinweg von einer heimlichen Staatsfinanzierung (eigentlich verboten) profitiert hatte.

Nach einem Jahrzehnt mit Nullzinsen – und jetzt sollten sogar Leitzinsen von vier Prozent tolerabel sein? In einer kostspieligen Phase der grünen Energiewende, der mit großen neuen Schuldenpaketen für viele Staatshaushalte verbunden ist?

Die Zinsfurcht war auf einmal wieder da, diesseits und jenseits des Atlantiks. Das ist urchaus verständlich, schließlich ist der monetäre Faktor der wichtigste an den Aktienmärkten. Aber bei all dem dürfte es sich um eine bald anstehende Schlussoffensive der Notenbanken handeln, psychologisch dem Kampf gegen die Inflation geschuldet. Für den S&P 500 wie auch den Dax könnten sich bald eine neue Schwerpunktlage entwicklen, nach geradezu brachialen Zinssteigerungen, die jetzt nach neun Monaten mehr und mehr Wirkung zeigen werden: Für die Konjunktur, die Unternehmen und die Arbeitsmärkte. Zunächst ein Rückblick auf die vergangene Börsenwoche.

h3 S&P 500 und Dax: Kommt sie (die Jahresendrally) noch oder kommt sie nicht?/h3

Gemeint ist natürlich die von vielen erwartete Jahresendrally, die so typisch ab Mitte Dezember und noch etwas verlängert durch die Santa-Rally über den Jahreswechsel hinweg auftritt. Aber die heftige Zinskeule im Tandem (Powell/Lagarde) beschleunigte die Dezemberkorrektur, die Lage hat sich an den großen Börsen vor allem markttechnisch ziemlich verschlechtert.

Beim Weltleitindex S&P 500 gab es in der letzten Woche einen Fehlausbruch nach oben. Bei Kursen über 4100 Punkten schien zum ersten Mal der Abwärtstrend des Jahres 2022 überwunden zu sein, auch die so beachtete 200-Tage-Linie. Aber die letzten beiden Verlusttage schickten die US-Indizes so in den Keller, dass diese Dezemberwoche zu einer der schlechtesten für diese Periode seit 2018 wurde: Minus 1,66 Prozent beim Dow Jones, minus 2,08 Prozent beim S&P 500 und minus 2,72 Prozent beim Technologieindex Nasdaq.

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Und es erwischte auch unseren in letzter Zeit so ultrastabilen Index, den DAX 40, dessen Outperformance gegenüber den US-Indizes so viele überrascht hatte. Die große Aufwärtsphase seit Ende September mit einem Plus von über 2800 Punkten ging zu Ende. Allerdings wäre ein Rücksetzer auch ohne Notenbank-Klatsche schon sehr normal gewesen. Denn diese Rally von 21 Prozent hatte das Jahresminus auf nur noch neun Prozent verringert – und das in diesem wirtschaftlichen Umfeld.

Überraschend war allerdings die Heftigkeit des Rückschlags von etwa sechs Prozent oder 800 Punkten, die den Dax von fast 14.700 Zählern bis auf unter 13.900 Punkten getrieben hat.

Mit einem Minus von rund sechs Prozent oder umgerechnet 800 Punkten seit dem Verlaufshoch am vergangenen Dienstag mussten die Investoren in den Dax den ersten nennenswerten Rücksetzer seit zwei Monaten hinnehmen.

Betrachtet man sich den Jahreschart des S&P 500 (im Future), so sieht man weiter ein wildes Auf und Ab. Der Abwärtstrend ist weiter intakt, am Freitag kam es zu einem Kampf um den Wiedereintritt in den Bärenmarkt mit seinem symbolhaften Minus von 20 Prozent.