Sind Staatsanleihenkäufe der EZB überhaupt noch nötig?

 | 22.01.2015 10:20

Über die aktuell stattfindende Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB), deren Ergebnis morgen bekanntgegeben und von den Märkten sehnsüchtig erwartet wird, hatten wir bereits ausführlich berichtet.

Nicht mehr ob, sondern wie viel

Mittlerweile fragen sich die Anleger nicht mehr ob, sondern wie stark die Zentralbank die Märkte zusätzlich unterstützen wird. Erwartet wird ein großes Anleihekaufprogramm, wobei Bankanalysten im Durchschnitt ein Kaufvolumen von 550 Milliarden Euro prognostizieren. Dies ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Range reicht dabei allerdings hoch bis zu einer Billion Euro.

Negatives Überraschungspotential überwiegt

Mehrfach hatten wir vor diesem Hintergrund bereits betont, dass das Überraschungspotential auf der Unterseite liegt, weil neue geldpolitische Maßnahmen in beträchtlicher Höhe bereits eingepreist sind und diese Positionen aufgelöst werden, wenn die EZB die Markterwartungen enttäuscht. Entsprechende Kursbewegungen wären die Folge. Aufgrund unserer Analysen sehen wir inzwischen eine deutliche Gefahr, dass die EZB nicht so stark in den Markt eingreift, wie es die Anleger gerne hätten.

Reicht das Inflations- bzw. Deflationsargument wirklich aus

So ist aktuell quasi das einzige Argument für Staatsanleihenkäufe oder sonstige neue Maßnahmen die rückläufige Inflationsrate, die im Dezember mit -0,2% sogar bereits deflationäre Tendenzen aufwies (wir berichteten). Doch diese ist besonders durch die gesunkenen Ölpreise beeinflusst, und diese haben keine negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft. Entsprechend handelt es sich nicht um eine gefährliche Deflation, sondern eigentlich sogar um eine positive, zumal sie nur temporärer Natur sein dürfte.

Kreditgeschäft zieht deutlich an – Geldpolitik der EZB fruchtet bereits

Alle anderen Anzeichen deuten inzwischen darauf hin, dass die bisher bereits beschlossenen Maßnahmen der EZB bereits Früchte tragen, wenn auch nur langsam. So ist laut der EZB-Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet (Bank Lending Survey) vom Januar 2015 die Nachfrage nach Krediten aller Kategorien gestiegen. Die über den gesamten Euro-Raum aggregierten Ergebnisse des zeigen, dass die Banken ihre Vergabestandards im Firmenkundengeschäft wie auch in abgeschwächter Form im Bereich der privaten Bau- und Konsumfinanzierung geringfügig gelockert haben.

Die Nachfrage nach Krediten vonseiten der Unternehmen im Euro-Raum legte im Schlussquartal spürbar zu und zog so stark an wie zuletzt zu Jahresbeginn 2011. Die höhere Nachfrage der Unternehmen war in erster Linie durch Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen bedingt.
Ähnlich dynamisch wie im Vorquartal entwickelte sich der Kreditbedarf der privaten Haushalte. In diesem Segment stieg die Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten deutlich, während die Zunahme des Mittelbedarfs zur Konsumfinanzierung im Vergleich hierzu etwas schwächer ausfiel.

Bereinigte Bilanzen geben Banken Spielraum für Kreditvergabe

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Wie die Europäische Zentralbank (EZB) dazu heute noch mitteilte, wurden zudem die Kreditrichtlinien im vierten Quartal 2014 insbesondere aufgrund sinkender Refinanzierungskosten, nachlassender bilanzieller Restriktionen sowie eines stärkeren Wettbewerbsdrucks per saldo weiter gelockert. Sie sind zwar aus Sicht der Notenbanker historisch betrachtet noch immer recht restriktiv, die Angaben der Kreditinstitute ließen aber vermehrt den Schluss zu, dass sich die jüngsten regulatorischen und aufsichtlichen Maßnahmen positiv auswirken, etwa in Form von besseren Refinanzierungsbedingungen für die Banken und einer Lockerung der allgemeinen Kreditvergabebedingungen. Die Banken konnten in der zweiten Jahreshälfte 2014 ihre risikogewichtete Aktiva erneut etwas reduzieren und ihre Eigenkapitalposition stärken.

Auch die Langfristtender der EZB führen bereits zu höherer Kreditvergabe

Bei den Zusatzfragen zu den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRGs) gaben die Banken an, die im Rahmen dieser Geschäfte aufgenommenen Mittel vornehmlich für die Ausreichung von Krediten sowie für die Substitution anderer Refinanzierungsquellen zu verwenden.
Wie schon das erste GLRG im September 2014 stieß auch das Geschäft im Dezember 2014 im Euro-Raum auf deutlich größeres Interesse als in Deutschland.

Die viermal im Jahr durchgeführte Umfrage zum Kreditgeschäft soll einen besseren Einblick in das Kreditvergabeverhalten der Banken im Euroraum geben. Die aktuelle Erhebung, an der 137 Banken beteiligt wurden, wurde vom 8. bis zum 30. Dezember 2014 durchgeführt. Die Rücklaufquote betrug 100 %.

Geldmengenwachstum zieht an

Neben der lockeren Kreditvergabe haben die bisherigen Maßnahmen der EZB auch auf die Geldmenge bereits positive Auswirkungen. Wie die Bundesbank bereits am 30. Dezember mitteilte, erhöhte sich die Jahreswachstumsrate der weit gefassten Geldmenge M3 im November 2014 auf 3,1% nach 2,5% im Oktober 2014. Der Dreimonatsdurchschnitt der Jahresänderungsraten von M3 im Zeitraum von September bis November 2014 stieg auf 2,7%, verglichen mit 2,3% in der Zeit von August bis Oktober 2014.

Fazit

Letztlich wird ein mehr an Krediten und eine wachsende Menge des im Umlauf befindlichen Geldes auch die Inflation befeuern und damit das aktuell noch große Problem der EZB lösen. Es ist daher durchaus zweifelhaft, ob die EZB wirklich noch zum Mittel der Staatsanleihenkäufe oder anderen zusätzlichen Maßnahmen greifen muss. – Morgen sind wir schlauer, aber bereits heute sollten Sie ihr Portfolio gegen eine Marktenttäuschung absichern.

Bedenken Sie auch, dass zwar der Gutachter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Anleihenkaufprogramm (unter bestimmten Bedingungen) grünes Licht gab, nicht jedoch der EuHG selbst. Zudem stehen am Sonntag noch die Griechenland-Wahlen an.


(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 21.01.2014)

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