Sind Auto Aktien schon wieder interessant?

 | 19.09.2017 10:19


Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

vor etwa zwei Jahren begann der Abgasskandal mit den Vorwürfen gegen VW (DE:VOWG) in den USA. Ein Skandal, der im weiteren Verlauf die Auto-Aktien ordentlich in Mitleidenschaft ziehen sollte. Inzwischen ist die Performance der Auto-Werte jedoch wieder besser als die vom DAX selbst.

Der Chef des VW- und Audi-Händlerverbands erhob in einem Interview des „Spiegel“, welches teilweise am Wochenende vorab bekannt wurde, schwere Vorwürfe gegen den VW-Konzern. Trotzdem gehört die VW-Aktie zu den Top-Performern im DAX. Entsprechend könnte man auf die Idee kommen, sein Depot mit den Aktien der Autobauer aufzustocken. Wie sinnvoll das wirklich ist, soll ein Branchenvergleich zeigen.

Der „Dieselstreit“

Lassen Sie uns aber erst mal vor Augen führen, in welch schwieriger Situation wir uns als Anleger befinden: Eigentlich müssten wir bei einer Investition in Auto-Aktien hochkomplexe juristische, regulatorische und politische Entscheidungen richtig prognostizieren und einschätzen. Dass das nicht möglich ist, sollte jedem klar sein.

Nicht mal die selbst ausgewiesenen Auto-Experten können sich darüber einigen, welche Veränderungen an den betroffenen Fahrzeugen die Abgasprobleme beheben könnten – und welche Nebenwirkungen (z.B. erhöhter Kraftstoffverbrauch) das hätte. Zur selben Zeit versuchen die Juristen herauszubekommen, ob schon als verboten gilt, was nicht ausdrücklich erlaubt ist und welche Rechte der Kunde aufgrund der „Flottenangaben“ zu Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß hat – im Hinblick auf das konkrete Fahrzeug, das er erworben hatte. Dann gibt es noch die Politik. Diese könnte zum Beispiel eine Tages die „Autowende“ ausrufen (Verbot von Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 20XY) oder das „Dieselprivileg“ (geringere Besteuerung von Dieselkraftstoff) abschaffen.

Und diese offenen Fragen sind alles andere als unwichtig für Kunden, Händler und Hersteller. Eine kostspielige Nachrüstung wird die Autobauer finanziell treffen. Auf der anderen Seite könnte eine zu günstige technische Lösung am Ende dazu führen, dass die Wiederverkaufswerte der Gebrauchtwagen sinkt, falls sie sich als unzureichend herausstellt. Schon jetzt gehen Händlerverbände von Wertverlusten bis zu 20% oder bis zu 3.000 Euro pro Fahrzeug aus. Doch nicht nur die Fahrzeuge im Bestand (Stichwort Restwert-Risiko) sind betroffen. Auch die Nachfrage nach Neufahrzeugen wird nicht unbeschadet bleiben. Es könnte sogar zu einem radikalen Schwenk zu anderen Antriebsarten kommen. Ob durch die Politik verordnet oder freiwillig durch die Hersteller vorangetrieben, wäre dabei eher zweitrangig. So oder so gäbe es in absehbarer Zeit Auswirkungen auf die „alten“ Modelle.

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Beharrungsvermögen auf Status Quo

Entsprechend groß ist das Beharrungsvermögen auf dem Status Quo von allen Seiten. Das ist aber eine normale Reaktion, wenn wir Menschen vor einschneidenden Veränderungen stehen. Deshalb ergeben sich bei solchen Entwicklungen auch stets die gleichen Prozesse: Zuerst die Aufdeckung eines Skandals und die öffentliche Empörung, dann Vertuschungsversuche bzw. „Salami-Taktik“ bei der Offenlegung der Fakten, (aktiver und passiver) Widerstand der Betroffenen gegen die Neuerungen/Änderungen, das öffentliche Interesse verläuft sich und zuletzt eine scheinbare „Normalisierung“ in Richtung des alten Status Quo. An dieser Stelle kommt es aber oft aufgrund neuer Erkenntnisse zu einem radikalen Umschlagen der öffentlichen (und/oder politischen) Meinung. Die Betroffenen werden dann praktisch einfach überrollt.
Entsprechend reagieren auch die Aktienkurse der jeweiligen Unternehmen. Deshalb benutzen wir einen Vergleich mit ähnlicher Entwicklung. In jüngster Vergangenheit bieten sich dazu sowohl die Energiewende (bei den Versorgern) als auch die Finanz- und Schuldenkrise (bei den Banken) an.

Drei Branchen – die Geschichte wiederholt sich

Schauen wir uns also die Branchen-Charts von Autos, Versorgern und Banken im Vergleich an: