Silicon Valley Bank: Eine Bankenkrise?

 | 14.03.2023 16:08

Die Frage, die sich aktuell alle stellen, ist, ob es zu einer weiteren Bankenkrise kommen wird. Eine Bank geht pleite und das in einem wirtschaftlichen Umfeld, welches ohnehin nicht ganz durchsichtig ist. Da kochen die Emotionen schonmal gerne hoch. Jedoch haben haben im Vorfeld der Pleite sicherlich die Wenigsten von der Silicon Valley Bank (NASDAQ:SIVB) gehört und so sollte man diesen Bankrott zuerst einmal relativieren – Sie wissen schon, der berühmte Sack Reis in China. Erfreulich ist eine solche Entwicklung nicht, aber für eine Bankenkrise muss deutlich mehr passieren.

Zuallererst müssen wir uns darüber einig werden, was denn eine Bankenkrise konkret bedeutet. Was verstehen wir unter einer Bankenkrise? Sind dann alle Banken zu? Werden alle Mitarbeiter entlassen? Sinken die Anteilsscheine von den Banken auf $0? Das ist ganz essenziell, um bewerten zu können, ob eine Bankenkrise entsteht oder nicht. Eine akademisch saubere Definition einer Bankenkrise wäre: Simultan, über den Bankensektor verstreut eintretende Illiquidität, die durch langfristig strukturelle Missstände entstanden ist. Damit wären der genaue Umstand (Illiquidität), der punktuelle Zeitrahmen (simultan), die zeitliche Ausdehnung (langfristig strukturell), die horizontale Ausdehnung (über den Bankensektor verstreut) und die Konditionalität (Missstände) definiert. Die 2008er-Krise erfüllte alle Kriterien, wie auch die Eurokrise, die 2000er-Krise und auch regionale Krisen, wie in Argentinien oder Brasilien Ende der Neunzigerjahre. In der 2008er-Krise führte die Illiquidität vieler Banken auch zur Insolvenz vieler Kreditinstitute.

Beim aktuellen Beispiel haben wir nur eine Bank, die durch Zahlungsunfähigkeit insolvent wurde. Jedoch gibt es auch bei anderen Banken Spekulationen über Zahlungs- und Reserveengpässe, welche nicht ganz unbegründet sind. Durch das Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre wurde der Markt an zahlungsstarken Kunden abgegrast und so musste die Expansion auf Kunden mit höherem Risiko erfolgen. Mehr zu diesem Thema finden Sie . Kurzum, der langfristige Missstand könnte darin liegen, dass die Risikokunden bald mit Aufhebung ihrer Zinsbindung zahlungsunfähig werden oder erneut Schulden aufnehmen, die sie nicht bedienen können. Da die Nullzins-Zeit nicht allzu lang andauerte, haben wir also eine hohe Konzentration von Kreditnehmern, die ein erhöhtes Illiquiditätsrisiko auf einen begrenzten Zeitraum aufweisen. Auch darf man die Unternehmen nicht vergessen, die damals unter ganz anderen Prämissen Kredite aufnahmen und sich vor der Corona-Krise auf ein ganz anderes Umfeld einstellten.

Diese Gefahr ist also definitiv zu erkennen, aber durch die wirklich stabilen Basel-Richtlinien haben eigentlich die meisten Banken ausreichende Kapitalreserven. Auch die Portfolioverteilung und Kundendiversifizierung funktioniert bei den meisten Banken so gut, dass Insolvenzrisiken deutlich geringer sind als noch vor 20 Jahren – wir haben dazu gelernt! Zwar konnten die Basel IV-Richtlinien noch nicht flächendeckend implementiert werden, aber hier steht auch noch in Aussicht, dass Banken höhere Untergrenzen bei den Kapitalanforderungen für risikogewichtete Anlagewerte anstreben. Selbst eine Skandalbank wie die Credit Suisse (SIX:CSGN) hat es geschafft, mithilfe dieser Basel-Richtlinien jahrelanges Missmanagement, Fehlinvestitionen, Korruptionsaffären, Personalabgänge und Aktienstürze zu überleben. Und wie man in den letzten Monaten beobachten konnte, trennen immer mehr Banken ihr Privatkundengeschäft vom Investmentbanking und konzentrieren somit das Geschäftsmodell deutlicher auf zwei Sparten, womit eine allgemeine Verschlankung des Bankensektors stattfindet.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Auch das M&A-Geschäft nimmt wegen der zahlreichen Chancen und Veränderungen in der wirtschaftlichen Landschaft immer mehr Fahrt auf. Trotz hoher Zinsen akquirieren und fusionieren immer mehr Unternehmen, weil sich hier mit künstlicher Intelligenz, Energiekrise und Infrastrukturplänen der Großmächte immer deutlichere Trends abzeichnen. Die Banken freuen sich also über eine stabile Nachfrage nach Krediten. Auf den aktuellen Zinsniveaus bleibt dann auch mehr in der Tasche der Banken. Und da schließt sich wieder der Kreis: Der Grund, warum die Silicon Valley Bank überhaupt erst in Schwierigkeiten kam, war die einseitige Beleihung des Technologiesektors. Solange der Sektor boomte war hier alles in Ordnung, aber in dem aktuellen Strukturwandel, den natürlich nicht alle Unternehmen überleben können, trifft es eben eine Bank, die zu einseitig aufgestellt war. Das ist wahrscheinlich auch einer der verbleibenden Schwachstellen der Bankenregulierung: Kundendiversifikation. Aber so, wie wir aus der 2008er-Krise gelernt haben – und das sehr effizient, wie hervorzuheben ist! – werden wir sicherlich auch aus der nächsten Krise lernen. Bis die aber kommt, wird es noch ein paar Jährchen dauern.

Für mehr interessante Inhalte besuchen Sie unseren HKCM Trading Room !

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert