Shoppen für die Jahresendrally

 | 25.11.2014 10:46

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in dieser Woche beginnt die heiße Phase der Vorweihnachtszeit. Statistiken zufolge kaufen über zwei Drittel der Deutschen ihre Weihnachtsgeschenke erst ab dem 1. Dezember bzw. dem 1. Advent ein. Dementsprechend rüstet sich der Einzelhandel, z.B. mit verkaufsoffenen Sonntagen und Sonderangeboten. Die Weihnachts-Shopping-Saison beginnt! In anderen westlichen Ländern ist es ähnlich. In den USA startet die „Shopping Season“ traditionell mit dem Freitag nach Thanksgiving. Dieses Fest, das für viele US-Bürger fast wichtiger ist als Weihnachten, wird stets am vierten Donnerstag im November begangen, in diesem Jahr also am kommenden Donnerstag.
Den Tag darauf, den sogenannten Black Friday, nutzen die US-Amerikaner nicht nur als arbeitsfreien Brückentag, sondern auch zum ausgiebigen Shopping. Daher ist dieser Tag für den US-Einzelhandel traditionell einer der umsatzstärksten Tage, seit einigen Jahren werden an diesem Tag sogar regelmäßig die höchsten Umsätze des Jahres erzielt.

Allerdings kämpfen insbesondere die US-Einzelhändler mit einer Reihe von Problemen – sowohl hausgemachten als auch externen. Das führte dazu, dass die Branche in den vergangenen Quartalen selbst die nur mittelmäßigen Wachstumskennziffern der US-Wirtschaft noch unterbot. Besonders schwach fiel das Umsatzwachstum aus, insbesondere das für die Branche so wichtige Wachstum auf vergleichbarer Fläche. US-Einzelhandel in der Bredouille. So musste beispielsweise Wal-Mart sechs Quartale in Folge (!) sinkende Umsätze auf vergleichbarer Fläche hinnehmen. Auch bei anderen Branchenvertretern, insbesondere den klassischen Kaufhäusern, sah es ähnlich oder sogar noch schlechter aus. Und so kam es, dass der Einzelhandel in den vergangenen Quartalen zum Sorgenkind von Analysten und Anlegern wurde.
Die Gründe hierfür sind, wie gesagt, vielschichtig. Zum einen schnappt natürlich der Onlinehandel den stationären Händlern immer mehr Umsatz weg. Den Aufbau eigener Onlineplattformen, um dagegenhalten zu können, haben die Händler hinauszögert – in der irrigen Befürchtung, damit ihr angestammtes Geschäft zu kannibalisieren. Diejenigen Handelsfirmen, die hingegen eigene Onlineshops eröffneten, erfreuen sich in diesem Bereich eines überdurchschnittlichen Wachstums, ohne dass die klassischen Geschäfte stärker als bei der zögerlichen Konkurrenz einbrachen. Statt mit eigenen Onlineaktivitäten versuchten die meisten Einzelhändler, mit höheren Rabatten zu punkten. Das misslang jedoch gründlich, wie die oben genannten Zahlen zeigen. Denn mit Sonderangeboten konnten sie weder zusätzliche Kundschaft anlocken noch bestehende Kunden animieren, zu regulären Preisen zu kaufen. Sie lösten nur einen Herdentrieb unter den Händlern aus, bei dem jeder versuchte, den anderen im Billigsegment zu unterbieten. Das führte im Extremfall z.B. bei der Kaufhauskette J.C. Penney dazu, dass diese am Ende 72 % aller Produkte mit einem Rabatt von 50 % oder mehr verkaufte – als „Dauerniedrigpreise“.

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Die US-Wirtschaft hängt an der Shopping-Lust der Verbraucher

Zusätzlich trafen diese Dauerrabattaktionen der Händler auf ein zunehmendes Kostenbewusstsein der US-Verbraucher. Zwar sanken seit der Krise 2009 die Arbeitslosenzahlen, zuletzt sogar recht deutlich, aber die realen Nettolöhne der Beschäftigten stagnieren seit 2010. Zusätzlich mussten und müssen viele Haushalte Sonderbelastungen abtragen, die aus Kreditverträgen von vor der Finanzkrise resultieren – seien es Haus-, Auto- oder sonstige Konsumentenkredite. Mit anderen Worten: Die Verbraucher haben nicht genug Geld in der Tasche für unbeschwertes Shopping, sondern müssen jeden Cent zweimal umdrehen. Und so wachsen die realen Konsumausgaben in den USA seit geraumer Zeit auch mit deutlich geringeren Raten als in früheren Erholungsphasen. Das bekommen nicht nur die Einzelhändler zu spüren, sondern auch die US-Wirtschaft insgesamt. Denn rund 68 % des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden vom privaten Konsum getragen. Daher haben nicht nur die Einzelhändler im letzten Quartal des Jahres Hochsaison, sondern auch mehrere andere Branchen: Die Hersteller von Elektrogeräten und Luxusartikeln z.B. machen rund 35 % ihres Umsatzes allein im letzten Quartal eines Jahres, in der Modebranche sind es immerhin noch 31 % und bei Schuhen 29 %. (Der Durchschnitt für die 500 größten US-Unternehmen liegt bei rund 26 %.)

Das Gleiche gilt natürlich auch für einzelne Unternehmen: Der Onlinehändler Amazon muss auf die letzten 34 % seines Umsatzes ebenso bis zum vierten Quartal warten wie die Elektronikhandelskette Best Buy, der Spielzeughersteller Mattel kommt im Schlussquartal auf 33 % seines Umsatzes, und selbst beim Getränkeproduzenten PepsiCo sind es noch 30 %. Spitzenreiter ist jedoch der Computerspielehändler GameStop mit satten 41 % Umsatzanteil im vierten Quartal.

Niedrige Erwartungen bieten Raum für positive Überraschungen

Da kann es schon entscheidend sein, wenn mehr oder weniger geshoppt wird. In diesem Jahr hängt die Messlatte recht tief: Aufgrund der oben genannten Probleme bei Handel und Verbrauchern erwarten Branchenbeobachter in diesem Jahr einen 7%igen Umsatzrückgang in der demnächst beginnenden Feiertagsperiode.
Das wäre womöglich ein weiterer Rückschlag aus fundamtentaler Sicht. Denn nicht nur der fallende Ölpreis sorgt schon für spürbar weniger Umsatz in der bislang boomenden Öl- und Gasbranche. Der starke Dollar drückt gleichzeitig auf die währungsbereinigten Umsätze und Gewinne der großen multinationalen US-Konzerne. Beides könnte die inzwischen recht ambitionierten Erwartungen von Analysten und Anlegern enttäuschen.

Aber vielleicht sind es ausgerechnet der Einzelhandel und der Konsum, die den Börsianern dennoch einen versöhnlichen Jahresabschluss bescheren. Denn schon im dritten Quartal lagen die Analystenschätzungen für den Einzelhandel zu niedrig, so dass viele Firmen trotz formal „schlechter“ Zahlen doch noch positive Überraschungen liefern konnten.

Shoppen statt Tanken

Dazu könnte es auch im Weihnachtsgeschäft kommen. So sorgen die aktuell sehr niedrigen Benzinpreise eben auch in den USA für eine deutliche Entspannung in den Portmonees der Verbraucher. Diese könnten damit versucht sein, sich zum Fest nunendlich einmal etwas besonders Schönes oder etwas mehr zu gönnen. Das würde nicht nur dem US-Einzelhandel, sondern, wie gesehen, auch etlichen anderen Branchen und Unternehmen helfen.
Die Zahlen zum Black Friday in dieser Woche (und dem darauffolgenden Cyber Monday) haben daher durchaus das Potenzial, die Börsen nachhaltiger zu bewegen.

Eine schöne Woche und ein erfolgreiches Weihnachts-Shopping!

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