Schweizerische Nationalbank holt die Zinskeule heraus

 | 18.12.2014 14:31

In einer Überraschungsmaßnahme hat die Schweizerische Nationalbank den Zinssatz für Sichteinlagen auf -0,25% gesenkt und ihre Verpflichtung wiederholt, den Boden bei 1,20 für den EUR/CHF zu verteidigen. Der Ziel-Libor für den CHF wurde auf -0,75%/0,25% erweitert, seine übliche Breite beträgt 1%. Während die aggressive Senkung des unteren Libor-Zielbandes den Interbankenmarkt sicherlich nicht beeinträchtigen wird, da die Banken ihre Überschuss-Liquidität bei dem besseren Satz von -25 Basispunkten platzieren werden und damit den Interbankenboden auf diesem Niveau definieren werden, ist das Ausmaß der Maßnahme eher als ein konkretes Warnsignal an den Markt zu verstehen: Die SNB wird erforderlichenfalls niedrigere Zinssätze riskieren.

Die Euroswiss-Zinssatzfutures sind auf 100,200 geklettert, der höchste Wert seit Mitte 2011. Die Unruhe auf dem Schweizerischen Zinsmarkt hat gerade erst begonnen. Nebenbei erwähnt: Die negativen Zinssätze gelten für Sichteinlagen oberhalb einer bestimmten Schwelle: Für Konten mit Mindestreservepflicht beträgt diese Schwelle 20 Mal der gesetzlichen Mindestreservepflicht, für andere Konten liegt die Schwelle bei 10 Mrd. Franken; diese Regelung tritt ab dem 22. Januar in Kraft. Für die einheimischen Banken gelten diese neuen Maßnahmen bislang nicht. Für die privaten Bankkunden gibt es keine direkten Auswirkungen, da die Einlagenzinsen der Kunden von den Geschäftsbanken festgelegt werden, die aber ihrerseits "ihre Kredit- und Einlagenkonditionen an die Änderung der Geldmarktzinssätze anpassen müssen".

Die SNB-Maßnahme selbst war keine große Überraschung, der Zeitpunkt allerdings schon. Wir hätten erwartet, dass die SNB die Zinswaffe als Reaktion auf eine mögliche politische Maßnahme jenseits ihrer Grenzen (EU) im 1. Quartal 2015 herausholt, und sicherlich nicht vor Weihnachten! Ohne, dass wir weitere Informationen über diesen unerwarteten Zeitpunkt der Senkung besitzen, gehen wir davon aus, dass die Verteidigung des Bodens diese Woche für die SNB sehr teuer gewesen sein muss.

Mit einer EZB, die eine vollständige QE signalisiert, einem "Grexit", der für die Händler wieder zum Thema wird, dem starken Abverkauf des Rubels und der vorsichtigen Einstellung des FOMC in Bezug auf den Zeitpunkt der ersten Zinssatzerhöhung war klar, dass sich die bereits aufgeblähte Bilanz der SNB erneut ausweiten würde. "Der Schweizer Franken hat in den letzten Tagen erneut Aufwärtsdruck gegenüber dem Euro zu spüren bekommen", so eine offizielle Mitteilung, "die Verschlechterung der Krise in Russland war ein weiterer Zusatzfaktor, der diese Entwicklung mit bestimmt hat."

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Die heutige Maßnahme wird den Verkaufsdruck auf den EUR/CHF zeitweilig senken, vor allem vonseiten der Spekulanten. Aber es sind sicherlich noch weitere Schritte erforderlich, da die EZB ihr letztes Wort noch nicht gesprochen hat. Die Korrelation zwischen EUR/USD und EUR/CHF beträgt nun Null. Die einmonatigen 25-Delta EUR/CHF Risk Reversals drehen zum ersten Mal seit Ende Oktober ins Positive (+36 Punkte). Mit besseren Volatilitäten erwarten wir, dass die Put-Verkäufer die Bilanz wieder ins Negative ziehen.

An den Devisenmärkten hätte die Reaktion stärker ausfallen können. Der EUR/CHF stieg auf 1,20974, bevor er schnell wieder unter 1,20500 rutschte. Für CHF-Liebhaber und Risikotrader war ein EUR/CHF in der Nähe der 1,21 in der aktuell risikoaversen Umgebung sicherlich ein guter Einstiegspreis in Longpositionen im Swissy. Wir sehen über dem Reaktionshoch von 1,20974 kaum Anschlusskäufe, da neue Interventionen bisher nicht auszumachen sind.

In einer Spontanreaktion ist der USD/CHF auf 0,9848 geklettert, der höchste Wert seit August 2012. Die Trend- und Impulsindikatoren haben sich umgedreht. Bei einem Tagesschluss über 0,9810 sollte der MACD in den bullischen Bereich gelangen, was eine Ausweitung des seit Oktober bestehenden Bullentrends ermöglichen würde. Wir sehen vor dem Wochenende dezente optionsbezogene Gebote oberhalb von 0,9600.