Schwacher Ausblick, hohe Margen

 | 25.02.2014 09:00

Die Quartalsberichtssaison in den USA neigt sich ihrem Ende zu. Von den 500 Unternehmen im S&P 500 haben 440 oder 88 % ihre Zahlen vorgelegt. Damit lässt sich bereits eine aussagekräftige Bilanz ziehen. Diese fällt durchaus im Rahmen des Normalen aus. Die Perspektive, die sich daraus ergibt, ist dennoch ernüchternd und setzt damit negative fundamentale Zeichen für die Aktienmärkte. Überraschend. Normal.

Das letzte Quartal des Jahres 2013 verlief also aus Sicht der Anleger mit Blick auf die Unternehmensdaten sowohl überraschend als auch normal. Damit unterscheidet sich diese Berichtssaison faktisch nicht von ihren Vorgängern. Dennoch hinterlässt sie wie die Ergebnisse der vorangegangenen Quartale ein zwiespältiges Gefühl.Zu den Details: Normal verlief die jüngste Berichtssaison im Hinblick auf typische Kennziffern. So konnten bislang rund 65 % der Unternehmen die Gewinnerwartungen der Analysten um durchschnittlich 2,4 % übertreffen. Das entspricht etwa den historischen Durchschnittswerten von 66% bzw. 3%.

Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass die Erwartungen der Analysten, die als Vergleichsmaßstab dienen, vor und während der laufenden Berichtssaison permanent nach unten korrigiert wurden. Außerdem war das vierte Quartal 2012 als Vergleichsbasis, außergewöhnlich schwach. Sie erinnern sich sicherlich: Damals drohte die sogenannte Fiskalklippe am bevorstehenden Jahreswechsel. Die damit einhergehende Unsicherheit ließ Bürger und Unternehmen zurückhaltend bei ihren Einkäufen und Investitionen werden. Das drückte Ende 2012 Umsätze und Gewinne natürlich besonders kräftig.

„Starke“ Gewinne, schwache Umsätze

Eine schwache Vorgabe aus dem Schlussquartal von 2012 zu übertreffen, fällt aber nicht schwer. So verwundert es denn auch nicht, dass die Unternehmen im vierten Quartal 2013 ein durchschnittliches Gewinnwachstum von mehr als 10 % schafften, während im Durchschnitt der vergangenen vier Quartale nur 3,4 % erreicht wurden. Eher enttäuschend war dagegen die Umsatzentwicklung, die nur auf ein mageres Plus von nur 0,9 % kam. Aber immerhin: Sowohl beim Gewinn als auch beim Umsatz wurden in absoluten Zahlen, also in US-Dollar, neue Rekordmarken erreicht.

Aber Wachstums ist nun einmal in allererster Linie Umsatzwachstum, auch und gerade auf volkswirtschaftlicher Ebene. Ohne neue Umsätze werden irgendwann auch die Gewinne stagnieren. Wichtig wäre daher vor allem, dass die Unternehmen wenigstens verheißungsvolle Perspektiven für das laufende Jahr bieten, um die Fantasie der Anleger anzuregen. Die relativ moderaten Umsatz- und Gewinnzuwächse von 3,9 % bzw. 4,2 %, welche die Analysten für 2014 bereits erwarten, sind ja in den aktuellen Kursen längst eingepreist.

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Leider bieten aber die Ausblicke der Unternehmen wenig Grund für Optimismus. Die Zielsetzungen der Unternehmen selbst blieben für 2014 überraschend verhalten. Zum Teil wurden bereits vorab in Aussicht gestellte Ergebnisse zurückgenommen. Das ist ein Phänomen, das wir ebenfalls schon in den vergangenen Berichtsperioden verfolgen konnten. Auch das war letztlich auf die Fiskalklippe bzw. die damit einhergehenden anhaltenden Haushaltsstreitigkeiten zurückzuführen. Diese sind aber inzwischen beigelegt.

Ein altbekanntes Phänomen

Offensichtlich macht also den Unternehmen die Ungewissheit über die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft insgesamt zu schaffen. Eine wirtschaftliche Stagnation in anderen Regionen, z.B. die mögliche Krise in den Schwellenländern, würde die international tätigen US-Firmen auch dann empfindlich treffen, wenn es in den USA selbst gut läuft. Selbst die bisherigen, relativ moderaten Wachstumsprognosen der Analysten könnten sich daher als zu optimistisch erweisen. Erste Anzeichen dafür sind bereits zu sehen. So korrigierten sie ihre Schätzungen für das erste Quartal 2014 bereits deutlich nach unten: Wurde Anfang Januar noch mit einem Gewinnanstieg von moderaten 2,1 % gegenüber dem ersten Quartal 2013 gerechnet, wird inzwischen von einem Rückgang um 2,6 % ausgegangen.

Dieses Phänomen der schleichenden Abwärtskorrekturen beobachten wir schon seit 2012. Bislang konnte dies aber den Märkten noch keinen entscheidenden Dämpfer versetzen. Der Grund: Trotz schwachem Umsatzwachstum und gesenkter Erwartungen fuhren die Unternehmen aufgrund hoher Margen ansehnliche Gewinne ein. Aber ausgerechnet die hohen Margen bergen eine Gefahr.

Historisch hohe Margen als Warnsignal

Denn sie liegen auf historisch hohem Niveau, wie die folgende Grafik zeigt

Operative Margen der S&P 500 Unternehmen

Quelle: Standard & Poor’s, ZIR

Im dritten Quartal 2013 übertrafen sie sogar minimal den bisherigen Höchstwert von 2006 (siehe grüne Punkte). Für das vierte Quartal werden die Margen etwa auf dem gleichen Niveau erwartet. Für das erste Quartal 2014 wird mittlerweile mit einem leichten Rückgang unter den Wert von 2006 gerechnet (gelber Punkt). Danach aber sollen die Margen bis Ende 2015 weiter kontinuierlich steigen.

Ob das gelingt, ist zweifelhaft. Denn es gibt natürlich einige Sonderfaktoren, welche diese extrem hohen Margen überhaupt erst ermöglichten. Einer davon sind die historisch niedrigen Zinsen, die entsprechend niedrige Finanzierungskosten für die Unternehmen bedeuten. Auch wenn die Fed voraussichtlich auf absehbare Zeit die Leitzinsen nicht anheben wird, könnten die Marktzinsen – z.B. für Unternehmenskredite – sehr wohl ansteigen. Erste Tendenzen dafür sind bereits erkennbar. Das würde die Margen natürlich sofort unter Druck bringen. Der blinde Fleck der Anleger
Selbst wenn das ausbleibt, sind zumindest keine signifikanten Verbesserungen auf der Kostenseite zu erkennen, welche die erwarteten Margensteigerungen möglich machen könnten. Die entsprechenden Einflussmöglichkeiten sind inzwischen für die Unternehmen weitgehend ausgereizt.

Damit ergibt sich jedoch ein entsprechendes Abwärtspotenzial für die Analystenschätzungen, falls sich das wirtschaftliche Umfeld – z.B. in den Schwellenländern – weiter verschlechtert. Das würde die Bewertungen für den S&P 500 (aktuell KGV 18,3) weiter in die Höhe bzw. die Kurse nach unten treiben.

Vorerst scheinen aber die Börsianer dieser Entwicklung keine große Aufmerksamkeit zu schenken. Das ist die eigentliche schlechte Nachricht, denn dort haben die Anleger momentan offenbar ihren „blinden Fleck“. Das daraus resultierende Überraschungs- bzw. Rückschlagpotenzial steigt dementsprechend.

Idealerweise eröffnen sich daher bald zusätzliche Wachstumsperspektiven (z.B. durch Lösung der Krise in den Schwellenländern) oder neue Hochs lenken die Fantasie der Börsianer in eine andere Richtung. Geht hingegen die Konsolidierung weiter, dann wird bei der Suche nach „Begründungen“ für die Schwäche über kurz oder lang auch ein genauerer Blick auf die Bewertungen geworfen. Und das könnte der Auslöser für eine kräftigere Korrektur werden.

Torsten Ewert

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