Rüstungsaktien nehmen Nordkorea ernst, der S&P 500 bisher nicht... noch nicht

 | 11.09.2017 13:47

Von Clement Thibault aus dem Englischen übersetzt.

Werfen Sie einen Blick auf den S&P 500, der führende Aktienindex in den USA. Derzeit steht er auf 2.461 Punkten, nur 29 Punkte entfernt von seinem Allzeithoch von 2.490 Punkten. Wir befinden uns 1,2% entfernt vom historischen Höchststand des Benchmarks.

Sehen Sie sich nun den VIX an, der manchmal als Angstindex bezeichnet wird. In diesem Sommer ist der Index auf noch nie gesehene Tiefs gefallen, mit dem VIX bei 10 Punkten an den meisten Tagen im Juli und August. Obwohl er in letzter Zeit auf bis zu 12 Punkten gelegen hatte, handelt es sich dennoch um eine der am wenigsten volatilen Perioden in der Geschichte.

Wenn man sich diese beiden führenden Indizes ohne Kenntnis der internationalen Politik anschaut, könnte man annehmen, dass auf der Welt alles gut läuft. Aktienmärkte auf Allzeithochs und die Volatilität auf Rekordtiefs sollten bedeuten, dass die US-Wirtschaft sich in einem Optimum aus gesundem Wachstum verbunden mit Frieden und Wohlstand befindet - und keine Wolken am Horizont.

Unglücklicherweise ist das, wie jeder weiß, ganz und gar nicht der Fall. Während zumindest einige glauben, dass die Wirtschaft wächst (man ziehe das BIP vom letzten Quartal hinzu), sind globaler Frieden und politische Ruhe nicht wirklich an der Tagesordnung. Lässt man die interne US-Politik mal beiseite - einschließlich der Zerstörungen durch Wirbelstürme, die verschobene Debatte zur Schuldenobergrenze, anhaltenden Auseinandersetzungen über die Einwanderung und die schwindenden Hoffnungen auf eine Steuerreform - der Aktienmarkt scheint einen möglichen internationalen Brennpunkt völlig zu übersehen: Nordkorea.

Säbelrasseln Nordkoreas; US-Rhetorik

In den vergangenen Monaten hat Nordkorea Südkorea, Japan und die USA provoziert, indem es wiederholt ballistische Interkontinentalraketen (ICBMs) getestet hat. Am 29. August feuerte Pjöngjang eine Rakete ab, die Japan überflog. Weitere nordkoreanische Raketen scheinen in der Lage zu sein, Hawaii und Alaska zu treffen, während die Reichweite einer anderen anscheinend sogar bis Kalifornien langen könnte.

Vor kaum einer Woche hat das Land seine größte und stärkste Waffe getestet, von der es behauptet, es handele sich um eine Wasserstoffbombe. Während er ein eher kleines und verarmtes Land anführt, glaubt der Staatschef Nordkoreas Kim Jong-Un, das Kernwaffen diese Nachteile ausgleichen - und den Status seiner Nation erhöhen könnten - da diese bei nur einem erfolgreichen Einsatz, einen vernichtenden Schlag versetzen können.

Auch ohne Kernwaffen könnte Nordkorea sein konventionelles Arsenal auf Südkorea loslassen und die USA zu einer Intervention zwingen. Die Nordkoreaner und ihr Anführer scheinen sich auf diesen bedrohlichen Weg festgelegt zu haben.

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Als Antwort auf die nordkoreanischen Tests und Provokationen sagte US-Präsident Donald Trump, der nicht für sein ruhiges Temperament bekannt ist:

"[Nordkorea] wird Feuer und Zorn erleben, wie es die Welt noch nicht gesehen hat".

Trumps Umfeld nach, waren die Worte des Präsidenten spontan, in der Hitze des Moments gefallen. Als Antwort drohte Kim Jong-Un mit "einer Feuerwand" rund um Guam, einem US-Protektorat.

Obwohl ein Großkonflikt unwahrscheinlich scheint, so gibt die Rhetorik Anlass zur Sorge. Anscheinend aber nicht für den S&P 500.

Droht ein Handelskrieg?

Ein Krieg wäre offensichtlich ein Desaster für beide Nationen und die umliegenden Länder. Sollte es dazu kommen, dann wären die Konjunktur und der Aktienmarkt das geringste Problem. Allerdings könnte sich möglicherweise ein Wirtschaftskrieg zusammenbrauen. Trump feuerte den ersten "Schuss" am Sonntagmorgen, den 3. September via Twitter ab:

Natürlich, jedes Land, das mit Nordkorea Geschäfte treibt schließt Russland, Südkorea und auch den größten Handelspartner der USA - China - mit ein. China treibt nicht nur Geschäfte mit Nordkorea, es sorgt allein für das Überleben des isolierten Staates und kommt für 80% des nordkoreanischen Außenhandels auf.

Das Handelsvolumen zwischen den USA und China wird auf fast 650 Mrd. USD im Jahr geschätzt. Fast alles wird zwischen den beiden Ländern gekauft und verkauft, was eine wichtige gegenseitige Abhängigkeit geschaffen hat, die zu einer stabileren Beziehung führte und beide Länder dazu veranlasst, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Kurz und bündig: Die USA können nicht einfach Nordkorea von China trennen, ohne sich selbst zu schädigen, indem sie ihre Beziehungen zu der asiatischen Wirtschaftsmacht kappen.

Natürlich wurden sich die Folgen eines Handelskriegs auf dem Aktienmarkt niederschlagen, sowohl auf gesamtwirtschaftlichen Niveau, als auch auf dem Niveau der Unternehmen. Apple (DE:AAPL) zum Beispiel könnte sein iPhone 8 kaum ohne die chinesischen Fabriken herstellen, die die Produktion und die Montage des Smartphones handhaben. Apple ohne das iPhone wäre nicht Apple mit einem derzeitigen Börsenwert von 837 Mrd USD und der Firmenwert würde nicht einmal annähernd in der Nähe seines derzeitigen Niveaus bleiben, sollte es nicht sein Vorzeigeprodukt ausliefern können.

Ähnlich, wären fast alle Chip-Hersteller, einschließlich Qualcomm (DE:QCOM), NVIDIA (F:NVDA) und Intel (DE:INTC) betroffen.

Unter den Unternehmen außerhalb des Technologiesektors wären vor allem Casinos betroffen. Wynn Resorts (NASDAQ:WYNN), Las Vegas Sands (DE:LVS) und MGM Resorts International (NYSE:MGM) müssten alle tiefe Rückschläge bei Umsatz und Vermögen verkraften, da alle drei viel in Macao investiert haben.

UN-Sanktionen führen zu weiteren Komplikationen

Die USA streben warnte Pjöngjang, dass die USA einen "gerechten Preis" dafür bezahlen würden, sollten die harschen Sanktionen über die UNO durchgesetzt werden.

'Rationale Märkte' vor einer Überraschung

Wie sollen die Märkte mit all dem umgehen? Wir haben häufig ein wenig zu viel Vertrauen in das kollektive Wissen der Märkte und nehmen an, dass die Summe der Entscheidungen von Händlern und Investoren ein verlässlicher Indikator für künftige Risiken ist.

Das hat sich in der Vergangenheit schon mehrmals als falsch herausgestellt, insbesondere im vergangenen Jahr. Der überraschende Ausgang des Referendums zum Brexit und der unerwartete Wahlausgang im vergangenen November in den USA sind zwei gewichtige und nicht lang zurückliegende Beispiele. Obwohl der britische FTSE und der S&P 500 Futures unmittelbar auf die Nachrichten etwas nach unten gingen, haben sie sich schnell wieder erholt. Und kurz nach den Meldungen aus den USA gab es einen neuen Bullenmarkt am S&P, der uns auf das derzeitige Allzeithoch brachte.

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