Vincent Martin | 24.10.2022 06:35
Vor sechs Monaten hab ich an dieser Stelle argumentiert, dass selbst Procter & Gamble (NYSE:PG) in einem Bärenmarkt keine kugelsichere Anlage ist. Seitdem ist die Aktie um 20 % gefallen. Und die These gilt immer noch.
Auch bei dem niedrigeren Kurs ist PG bei weitem noch nicht billig. In der Zwischenzeit haben sich die Risiken, die sich im April abzeichneten, nämlich noch verstärkt, wie der Bericht von P&G für das 1. Quartal und die Prognose für das Gesamtjahr am Mittwoch gezeigt haben. Langfristig sollte sich die Aktie recht gut entwickeln, kurzfristig stehen zu viele Fragezeichen vor einer Kaufempfehlung.
Quelle: Investing.com
Die Zahlen von Procter & Gamble für das erste Quartal waren verhalten. Der Gesamtertrag stieg im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 1 %. Der verwässerte Gewinn pro Aktie ging um 2 % zurück.
Diese Ergebnisse waren jedoch nicht überraschend. P&G Inflation .
Auf Basis konstanter Wechselkurse wuchs der Umsatz von Procter & Gamble nämlich um 7 %. Das Ergebnis pro Aktie stieg im etwa gleichen Umfang.
Vor dem Hintergrund eines inflationären Umfelds sieht diese Leistung durchaus ganz gut aus. In gewissem Maße hat die Inflation sogar zu den Ergebnissen beigetragen: Die Preisgestaltung hat den Umsatz im Quartal um neun Prozentpunkte erhöht. Der Stückzahlumsatz ging im Vergleich zum Vorjahresniveau um 3 % zurück, wobei etwa zwei Prozentpunkte davon auf den Wegfall der Umsätze auf dem russischen Markt zurückzuführen sind.
Aber bei einem Markenhersteller wie P&G, der oft höhere Preise diktieren kann, wirkt sich ein bescheidener Rückgang der Stückzahlen in diesem Umfeld nicht unbedingt negativ aus. Die Fähigkeit des Unternehmens, seine Preise zu gestalten und die operativen Gewinnspannen weitgehend intakt zu halten, zeigt sowohl die solide Umsetzung der Unternehmensstrategie als auch den inhärenten Wert der P&G-Produkte.
Auch wenn das Zahlenwerk nicht gerade beeindruckend war, so war die Reaktion des Marktes - die PG-Aktie stieg in einem fallenden Markt um fast 1 % - durchaus nachvollziehbar. Wie ein Analyst von Goldman Sachs treffend formulierte, war der Q1-Bericht "relativ gut ".
In jedem Fall bleibt festzuhalten, dass die derzeit bestehenden Herausforderungen nicht auf ein einziges Geschäftsquartal beschränkt sind. Der starke US-Dollar zeigt keine Anzeichen einer Abschwächung. Das Unternehmen dürfte sich diesen nicht ganz so dramatischen Bedingungen auch im Geschäftsjahr 2024 noch stellen können, aber ein stabiler US-Dollar auf diesem Niveau bleibt eine Herausforderung. Konkurrenten außerhalb der USA, die Umsätze und Gewinne in Landeswährung erwirtschaften, erhalten dadurch einen Wettbewerbsvorteil, es sei denn, P&G beschließt, die Preise in USD zu senken und zumindest partiell seine Margen zu opfern.
Die Tatsache, dass sich die Konsumenten im ersten Quartal nur geringfügig günstigeren Produkten zugewendet haben, bedeutet keineswegs, dass sie auch in Zukunft so handeln werden. Auf dem US-Markt, der im Geschäftsjahr 2022 45 % des Umsatzes ausmachte, sind die Verbraucher weiterhin gut aufgestellt. Die niedrige Arbeitslosigkeit und die soliden Finanzen der Privathaushalte bedeuten, dass sie vorerst keine Abstriche machen müssen - noch nicht. Wenn die befürchtete Rezession eintritt, wird sich das ändern.
P&G geht davon aus, dass das schwierige Umfeld auch in diesem Jahr anhalten wird. Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatzrückgang (einschließlich Währungseffekten). Der Gewinn pro Aktie wird voraussichtlich ungefähr gleich bleiben. Wenn man die Aktienrückkäufe mit einbezieht, bedeutet das einen Rückgang des Gesamtnettogewinns des Unternehmens.
Man kann sich natürlich fragen, ob diese Prognose nicht zu aggressiv ist. P&G hat den Ausblick für die Zeit nach dem 4. Quartal aufgrund der steigenden Inflation und der Währungseffekte etwas zurückgenommen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn P&G das in den nächsten drei Quartalen erneut tun müsste.
Angesichts dieser Problematiken und eines Rückgangs von mehr als 20 % gegenüber dem Höchststand erscheint die Aktie jedoch kaum billig. Auf der Grundlage der Prognosen wird PG zum 22-fachen der diesjährigen Gewinne und zum 25-fachen des freien Cashflows gehandelt.
Damit liegt die Aktie am oberen Ende der Bewertungsspanne der letzten zwei Jahrzehnte. In Anbetracht der Risiken ist eine Gewinnrendite von 4,4 % kaum überzeugend, wenn die 2-jährige US-Staatsanleihe etwa die gleiche Rendite bringt.
Langfristig gesehen kann Procter & Gamble das Multiple wohl stemmen. Währungsbereinigt und ohne eine weltweite Rezession dürfte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2024 wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren. Es hat in den letzten zehn Jahren seine Produkte und seine Strategieumsetzung erheblich verbessert und scheint einen klaren Vorsprung vor Konkurrenten wie Unilever (NYSE:UL) und Kimberly-Clark (NYSE:KMB) zu haben.
Auf lange Sicht spricht alles für PG, schließlich dürften die kurzfristigen Belastungen vorübergehen, das attraktive Geschäft des Unternehmens aber bestehen bleibt. Diese Sichtweise ist sicher nicht komplett falsch. Dennoch sind die gegenwärtigen Herausforderungen für das Unternehmen real - und die Lage kann sich weiter verschlechtern. Bei dieser Bewertung ist daher Geduld das Gebot der Stunde.
Offenlegung: Vince Martin besitzt keine der in diesem Artikel genannten Aktien.
Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.