Feingold Research | 30.05.2018 07:57
Wie so oft ist Psychologie am Markt viel wichtiger als Charts oder Analystenprognosen. Zu sehen zuletzt beim Öl. Als bei Brent 80 Dollar alle begannen, die 100 auszurufen und darüber zu philosophieren, war erst einmal der Deckel drauf. Wir rechnen mit einer Beruhigung im Preis und legen nachhaltig Inliner an die Hand – MF3VWF . Den Rohstoffmarkt fasst die Commerzbank (DE:CBKG) im Research wie folgt zusammen:
Energie: Die Ölpreise setzen ihre Ende letzter Woche begonnene Talfahrt zu Beginn der neuen Handelswoche fort. Brent fiel in der Nacht zeitweise unter 75 USD je Barrel, WTI unter 66 USD je Barrel. Innerhalb von zwei Handelstagen haben die Ölpreise damit mehr als 5% verloren. Auslöser waren Nachrichten, dass die OPEC und Russland ihre Fördermengen in der zweiten Jahreshälfte ausweiten könnten. Saudi-Arabien bevorzugt gut informierten Kreisen zufolge demnach eine Ausweitung um 300 Tsd. Barrel pro Tag, Russland würde eine Anhebung um 800 Tsd. Barrel pro Tag bevorzugen. Andere Quellen berichten sogar von einer möglichen Ausweitung um bis zu 1 Mio. Barrel pro Tag. Damit würde die aktuelle Minderproduktion gegenüber der vereinbarten Fördermenge ausgeglichen, die aus den Produktionsausfällen in Venezuela, Angola und Algerien herrührt. Entschieden wird darüber letztlich auf der Sitzung der OPEC und der an den Kürzungen beteiligten Nicht-OPEC-Staaten am 22. Juni.
Auch in den USA steigt die Ölproduktion weiterhin kräftig, was ebenfalls für Druck auf die Preise sorgt. Die Bohraktivität legte in der letzten Woche laut Baker Hughes um 15 Ölbohrungen zu. Das war der stärkste Wochenanstieg seit Februar. Im gesamten Monat Mai sind bislang 34 neue Ölbohrungen hinzugekommen. Der Rückzug der spekulativen Finanzanleger setzte sich auch in der Woche zum 22. Mai fort, also noch bevor der Preisrückgang begann. Die Netto-Long-Positionen bei Brent fielen um weitere 45 Tsd. Kontrakte, bei WTI um 23 Tsd. Kontrakte. Bei Brent war es der sechte Wochenrückgang in Folge, bei WTI der fünfte in Folge.
Edelmetalle: Gold handelt zum Wochenauftakt wieder unter 1.300 USD je Feinunze, obwohl der US-Dollar spürbar abwertet bzw. der Euro deutlich aufwertet. Gold in Euro gerechnet hält sich trotz größerer Verluste aber noch über 1.100 EUR je Feinunze. Zwei Ereignisse am Wochenende haben den Preisrückgang von Gold wohl hervorgerufen: Zum einen hat US-Präsident Donald Trump getwittert, dass ein zeitnahes Treffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un doch möglich sei. Im Gespräch ist demnach anscheinend der ursprünglich avisierte Termin 12. Juni. Zudem hat sich der südkoreanische Präsident Moon Jae-in erneut mit Kim Jong-un getroffen, wodurch sich die Lage in der Region wieder entspannt hat. Zum anderen ist die Regierungsbildung in Italien gescheitert, da Staatspräsident Sergio Mattarella den Kandidaten des designierten Ministerpräsidenten für den Wirtschafts- und Finanzminister abgelehnt hat. Damit kommt die geplante europakritische Regierungskoalition in Italien zunächst nicht zustande. Es wird aber wohl Neuwahlen im Herbst geben, aus denen die Populisten gestärkt hervorgehen könnten.
Unterdessen zeigen sich die spekulativen Finanzanleger bei Gold weiter zurückhaltend. Laut CFTC-Statistik haben sie in der Woche zum 22. Mai ihre Netto-Long-Positionen nochmals leicht reduziert. Dagegen gab es bei Silber ein deutliches short covering, so dass die Netto-Short-Positionen fast vollständig abgebaut wurden. Dies erklärt die Outperformance von Silber gegenüber Gold in der letzten CFTC-Berichtswoche.
Industriemetalle: An der LME in London und der Comex in New York findet heute feiertags-bedingt kein Handel statt. Entsprechend dünn dürfte die Nachrichtenlage an den Metallmärkten sein. Gehandelt wird hingegen an der SHFE in Shanghai. Die Aluminium-, Kupfer- und Nickelpreise zeigen sich dort allerdings kaum verändert. Etwas Bewegung ist bei den Zink- und Bleipreisen zu beobachten. Laut CFTC-Statistik haben die spekulativen Finanzinvestoren in der Woche zum 22. Mai bei Kupfer an der Comex die Netto-Long-Positionen deutlich ausgeweitet und so zum Preisanstieg auf fast 7.000 USD je Tonne in der Beobachtungsperiode beigetragen. Damit notiert Kupfer weiter in der seit Wochen bestehenden Handelsspanne zwischen 6.700 USD und 7.000 USD. Kupfer dürfte auch im Wochenverlauf im Mittelpunkt des Marktinteresses stehen.
Für Bewegung könnten die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in China und den USA sorgen. Ende der Woche beginnen zudem die Tarifverhandlungen in der „Escondida“-Kupfermine in Chile. Ein 44-tägiger Streik dort im letzten Jahr mit massiven Produktionsausfällen hatte für Unruhe am Kupfermarkt gesorgt. Darüber hinaus werden die Marktteilnehmer nach Indien schauen. Dort steht seit Ende März aus Umweltgründen die zweitgrößte Kupferschmelze des Landes still. Diese hat eine Produktionskapazität von rund 400 Tsd. Tonnen pro Jahr. Demonstranten fordern die dauerhafte Schließung der Schmelze. Letzte Woche gab es dort bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei mehrere Tote.
Quelle: Commerzbank, eigene Recherche
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