Stockstreet GmbH | 24.02.2024 11:21
Laut dem ifo-Geschäftsklima hat sich die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft im Februar leicht aufgehellt. Das Stimmungsbarometer stieg auf 85,5 Punkte, von 85,2 Zählern im Vormonat, da die Unternehmen zwar ihre aktuelle Geschäftslage so schlecht wie im Januar, aber ihre Aussichten für die kommenden Monate etwas besser beurteilten.
Damit scheint dieses Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 9.000 Führungskräften auf den ersten Blick im Gegensatz zu den vorgestrigen Einkaufsmanagerdaten zu stehen. Doch beim Blick auf die Details zeigen sich Parallelen. So ist die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe auch laut den ifo-Daten erneut gesunken, während sich das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor bei beiden Umfragen verbessert hat. Und letztlich deuten beide Frühindikatoren daraufhin, dass sich die Konjunktur weiterhin auf einem kaum veränderten, niedrigen Niveau befindet und die Wirtschaft auch im 1. Quartal 2024 am Rande einer Rezession bleibt.
NVIDIA (NASDAQ:NVDA) stellt neue Rekorde auf
Daher verwundert es auch (weiterhin) nicht, dass viele Aktien „wie Blei im Markt“ liegen, wie es Bernd Raschkowski gestern seinen Lesern des "Hightech-Trader" schrieb, während „die überhitzten Halbleiter-Aktien aus Amerika“ weiterlaufen und die Aktienindizes der großen Werte dadurch immer weiter nach oben getrieben werden.
Gemeint ist damit vor allem NVIDIA. Der „Chiphersteller und KI-Profiteur hat mittlerweile extrem hohes Gewicht und beeinflusst die Stimmung sowohl in New York als auch weltweit maßgeblich“, schreibt Bernd dazu. Folgende Zahlen belegen dies:
Bernd Raschkowski bemängelt zurecht eine geringe Marktbreite, auf die ich auch schon mehrfach hinwies. Der Aktienmarkt befindet sich dadurch längst in einem starken Ungleichgewicht und ist extrem verzerrt. Grundlegende fundamentale Entwicklungen spiegeln sich in den Aktienindizes nicht mehr korrekt wider.
h2 Erste Zinssenkungen rücken weiter in die Zukunft/h2Und das macht auch den Notenbanken Probleme, deren Kampf gegen die zu hohe Inflation durch den extremen Wertzuwachs am Aktienmarkt beeinträchtigt wird. Denn mit einem steigenden Aktienvermögen fühlen sich Anleger reicher. Sie erhöhen daher ihren Konsum, steigern somit die Nachfrage und sorgen damit für höhere Preise. Die verlängert den Kampf gegen die zu hohe Inflation.
Passend dazu teilte die Europäische Zentralbank (EZB) gestern mit, dass die Verbraucher in der Euro-Zone einer EZB-Umfrage zufolge kurzfristig eine höhere Inflation als noch zuletzt erwarten. Im Mittel (Median) gingen sie im Januar davon aus, dass die Teuerungsrate binnen 12 Monaten bei 3,3 % liegen wird. In der Dezember-Umfrage hatten sie noch 3,2 % erwartet. Binnen 3 Jahren rechneten die Verbraucher unverändert mit einer Teuerung von 2,5 % – so wie bereits im Dezember.
Für Bundesbank-Chef Joachim Nagel ist daher die Zeit für eine Abkehr von der straffen geldpolitischen Linie im Euroraum noch nicht gekommen. „Auch wenn die Versuchung durchaus groß sein mag: Für Zinssenkungen ist es zu früh“, sagte er. Denn noch seien die Aussichten im Kampf gegen die hohe Inflation nicht eindeutig genug. Es gelte nun, in den nächsten Monaten auf die Daten zur Lohnentwicklung und die Gewinnmargen zu achten. Ein genaueres Bild ergebe sich erst im Laufe des Frühjahrs.
Zugleich sieht EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann die US-Notenbank bei einer Zinswende vor der Europäischen Zentralbank am Zug. Er erkenne keine Umstände, die es erforderlich machen würden, dass die EZB die Zinsen zuerst senke, sagte der österreichische Notenbankchef heute. Und er verwies auf die Spannungen im Roten Meer, die das größte Risiko für Zinssenkungen darstellten.
Derweil ist der Gouverneur der US-Notenbank, Christopher Waller, der Meinung, dass die Zinssenkungen um mindestens 2 weitere Monate verschoben werden sollten.
h2 Der Anleihemarkt preist spätere Leitzinssenkungen ein/h2Und so scheinen erste Zinssenkungen durch EZB und Fed erst im Juli wahrscheinlich. Am Markt ist nur diese inzwischen noch nahezu vollständig eingepreist (zu 86 %), ebenso wie eine Lockerung um insgesamt nur noch 80 Basispunkte bis Jahresende, was nun fast exakt der Linie der Fed entspricht, die seit geraumer Zeit von „nur“ 75 Basispunkten ausgeht.
Am Anleihemarkt spiegelt sich das wider, indem zum Beispiel die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe auf das höchste Niveau seit Ende November geklettert ist.
Die Anleihekurse sind im Gegenzug entsprechend gefallen – auch hierzulande: Der Bund-Future ist inzwischen unter das 50%-Fibonacci-Retracement bei 132,73 Punkten gerutscht und erreichte das niedrigste Niveau seit Ende November.
Wie von mir erwartet, hat sich der Bund-Future damit nun im Aufwärtstrendkanal eingefunden. Das Szenario aus der Analyse vom 9. Februar nimmt somit weiter Form an (siehe „Der Rentenmarkt erscheint deutlich rationaler als der Aktienmarkt “).
Die weiter reduzierten Zinssenkungserwartungen wurden am Anleihemarkt also weiter eingepreist, womit dieser Markt die fundamentale bzw. geldpolitische Situation und Entwicklung korrekt widerspiegelt.
Im Gegensatz dazu: Der Aktienmarkt notiert weit entfernt von seinen Ständen, die Ende November erreicht wurden. Der Dow Jones steht rund 11 % höher, der S&P 500 mehr als 12 % und der Nasdaq 100 mehr als 13 %. Die Aktienmärkte haben sich also von fundamentalen Entwicklungen abgekoppelt.
Und das betrifft nicht nur die Geldpolitik bzw. die Zinserwartungen, sondern auch die Gewinnentwicklung der Unternehmen. Denn unter dem Strich haben diese nicht binnen nur eines Vierteljahres mehr als 10 %, 12 % oder gar 13 % höhere Gewinne erwirtschaftet. Das wird derzeit lediglich für das gesamte Jahr 2024 erwartet (S&P 500).
Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Dow Jones von mehr als 18 und des S&P 500 von mehr als 20 (siehe vorgestrige Börse-Intern) war diese Gewinnentwicklung aber längst in den Kursen eingepreist – aus meiner Sicht bereits mit der Rally, die in der ersten Jahreshälfte 2023 lief. Daher stellt die gesamte Rally seit Oktober 2023 eine Übertreibung dar – getrieben durch den KI-Hype, der in eine KI-Blase führt.
Fazit
Ich mag mich bei einigen Themen wiederholen – allerdings stets in Zusammenhang mit aktuellen Informationen, die meine Einschätzungen untermauern – es verändert sich aber leider derzeit auch einfach wenig:
Die Wirtschaft hierzulande bleibt schwach bzw. scheint nur langsam einen Boden zu finden. Dennoch ist die Zeit für helfende Zinssenkungen noch nicht gekommen, da der Inflationsdruck nur noch langsam nachlässt. An den Anleihemärkten (und Devisenmärkten) wird dies korrekt eingepreist, so dass sich dort die fundamentalen Entwicklungen in den Kursen widerspiegeln. Die Aktienmärkte hingegen laufen der Zins- und Gewinnentwicklung davon, indem sie deutlich stärker steigen, als es im aktuellen Umfeld eigentlich angemessen wäre, speziell in den USA und Japan. Und das alles ist fast schon das gesamte (noch relativ junge) Jahr 2024 der Fall – in Teilen auch schon deutlich länger.
Zwar ist der Aktienmarkt der Liebling der Anleger. Aber vielleicht sollte man derzeit auf anderen Märkten nach Chancen suchen, wo die Kursentwicklungen rationaler und somit leichter einzuschätzen sind. Zumal die eigentlich günstig bewerteten Aktien von der anhaltenden Rally nicht profitieren und die gut laufenden Aktien längst massiv überkauft sind, so dass ein Einstieg hier mit hohen Risiken verbunden ist.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus
Anzeige: Tauchen Sie ein in die Welt des erfolgreichen Investierens mit unserer Plattform InvestingPro! Für weniger als 8 Euro im Monat erwartet Sie ein ganzes Arsenal an leistungsstarken Instrumenten, die Ihre Investmentstrategie auf ein neues Niveau heben werden :
Klicken Sie auf den Jetzt zugreifen !
Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.