Philip Hopf | 08.04.2022 15:24
Massive Anstiege zahlreicher Cannabis-Aktientitel zwischen März 2020 und Februar vergangenen Jahres zauberten den Anlegern nicht nur einmal ein Lächeln ins Gesicht. Seit Frühjahr 2021 kannte der Sektor dann aber nur eine übergeordnete Richtung: abwärts. Zuletzt zog der Markt wieder etwas an, was nicht zuletzt auf eine wichtige Abstimmung im Parlament des nordamerikanischen Landes, USA, zurückzuführen ist. So votierten am 1. April die Abgeordneten mit einer Mehrheit von 220 zu 204 Stimmen für ein Gesetzesvorhaben, das Strafen für den Besitz, den Vertrieb und den Anbau von Marihuana auf nationaler Ebene abschafft.
Die Gesetzesreform soll vor allen Dingen darauf abzielen, ein bestehendes Gesetz abzuändern, welches Cannabis auf eine Stufe mit härteren Drogen wie Kokain und Heroin stellt. Somit sollen die teils harte Bestrafungen für oftmals kleinere Drogenvergehen der Vergangenheit angehören. Auch soll der Entwurf den Weg für eine Regulierung und Besteuerung des Marihuana-Handels ebnen. Jedoch gehen Experten nicht davon aus, dass es das Gesetz durch die obere Kammer des Parlaments schaffen wird. So hatten das die untere Kammer des Parlaments bereits Ende 2020 für eine Legalisierung von Cannabis gestimmt – mit bekannt mäßigem Erfolg. Damals war es die konservativ geprägte obere Kammer, die den Entwurf abschmetterte.
Dennoch dürften die Entwicklungen in Übersee auch die Diskussion um eine Legalisierung in Deutschland weiter befeuern. Zwar hatte sich die neue Ampel-Koalition zu Beginn ihrer Amtszeit im November auf die legale Abgabe von Cannabis geeinigt, derzeit sieht es aber nicht so aus, als ob die Legalisierung zeitnah – also noch in diesem oder im kommenden Jahr – umgesetzt werden kann. Das Problem: Deutschland ist Teil des Einheitsabkommens über Betäubungsmittel, welches 1961 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde – und dieses lässt eine Legalisierung nicht zu. Um Cannabis zu legalisieren, müsste Deutschland also zunächst einmal aus diesem Abkommen austreten – was möglich, aber durchaus mit einigen Hürden verbunden ist.
So müsste die Regierung bis zum 1. Juli 2022 einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf vorlegen und diesen von Bundesrat und Bundestag absegnen lassen. Würde dies gelingen, was derzeit als ziemlich unwahrscheinlich erscheint, wäre ein Austritt zum 1. Januar 2023 möglich. Sollte die Frist ohne eingereichten Gesetzesentwurf verstreichen, verschöbe sich ein etwaiger Austritt und dementsprechend die Legalisierung um ein weiteres Jahr. Deutsche Cannabis-Experten, wie Niklas Kouparanis, gehen aber ohnehin nicht davon aus, dass es der Regierung zwischen Pandemie und Ukraine-Krise gelingen wird, den Gesetzesentwurf bis zum Sommer auf den Weg zu bringen. Dementsprechend rechnet er in Deutschland nicht mit einer Cannabis-Legalisierung vor Januar 2024. Dies deckt sich auch mit den Aussagen der Regierenden: Bereits Ende Dezember 2021 wies FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann darauf hin, dass aktuell dem „Kampf gegen die Pandemie“ höchste Priorität zukommen sollte. In dieselbe Kerbe schlug auch SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler: Aktuell sei einfach „kein guter Zeitpunkt für einen Cannabis-Gesetzesentwurf“.
Wie auch immer.
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