Investing.com | 05.07.2023 06:33
Für diejenigen, die übermäßig optimistisch hinsichtlich der Aussichten für die US-Wirtschaft im zweiten Halbjahr sind, empfehle ich, sich noch einmal die Q4-Zahlen von Nike (NYSE:NKE) vom letzten Donnerstag anzusehen.
Nicht, dass das weltgrößte den Gewinn je Aktie knapp um 0,20 % verfehlt, hat jedoch die Umsatzschätzungen um 1,69 % geschlagen, was auf die Zuwächse in der wachsenden Sparte Direct-to-Consumer zurückzuführen ist. Diese Entwicklung hat einige Analysten zu einer optimistischen Einschätzung des Sportartikelherstellers veranlasst, obwohl der Aktienkurs nach der Veröffentlichung der Ergebnisse um 2,35 % fiel.
Der Gewinnbericht von Nike für das vierte Quartal 2023 macht jedoch deutlich, dass die US-Wirtschaft mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen hat, die den positiven Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt vom Donnerstag widersprechen.
Angesichts zunehmender Lagerbestände, steigender Kosten für Produkte, Fracht und Logistik, erhöhter Preisnachlässe und anhaltender negativer Schwankungen der Nettowährungskurse schrumpfen die Gewinnspannen sowohl auf der Input- als auch auf der Outputseite.
Wenn man berücksichtigt, dass die meisten Faktoren, die sich auf die Gewinnspannen von Nike auswirken, externer Natur sind, wäre es überraschend, wenn ähnliche Probleme nicht auch die kommenden Geschäftszahlen der Einzelhändler und Hersteller beeinflussen würden.
Der Anteil der Konsumausgaben am US-BIP beträgt immerhin 68,4 %, daher könnte ein breiterer Rückgang der Margen in diesen Branchen einen erheblichen Schneeballeffekt haben und möglicherweise den lang erwarteten Konjunkturabschwung auslösen.
In einer Telefonkonferenz nach der Bekanntgabe der Ergebnisse erklärte Nike-CEO John Donahoe, dass der Fokus und die strategische Ausrichtung von Nike darin liegen, im Geschäftsjahr 2024 ein höheres Vollpreiswachstum zu erzielen und profitabler zu werden. Das bedeutet, dass für das Jahr 2023 weitere schmerzhafte Einschnitte zu erwarten sind.
Es überrascht nicht, dass der Ertrag von Nike laut InvestingPro im nächsten Gewinnbericht, der für September erwartet wird, um fast 40 % einbrechen wird.
Quelle: InvestingPro
Auch wenn ich ein generelles Weltuntergangsszenario für die US-Wirtschaft für unwahrscheinlich halte, ist die künftige Preisentwicklung des Marktes zunehmend besorgniserregend, und die Händler sollten ihre Risiken mit großer Aufmerksamkeit steuern.
Dieses Szenario wirft zwei Fragen auf, auf die ich in den folgenden Abschnitten eingehen möchte:
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h2 Die Ergebnisse von Nike in Kurzform/h2Die Bruttogewinnmarge von Nike ist um 140 Basispunkte eingebrochen und liegt mit 43,6 % knapp unter dem historischen Durchschnitt.
Die Umsätze liegen im grünen Bereich und haben sogar die Schätzungen übertroffen (siehe unten), der Rückgang der Margen ist hauptsächlich auf die höheren Umsatzkosten zurückzuführen.
Im Einzelnen sind die Vertriebs- und Verwaltungskosten um 8 % auf insgesamt 4,4 Mrd. USD gestiegen, während die Ausgaben für die Schaffung von Nachfrage um 3 % auf 1,1 Mrd. USD geklettert sind, was in erster Linie auf Investitionen in Sportmarketing, Werbung und Marketingaktivitäten zurückzuführen ist.
Mit den operativen Kosten ging es um 10 % auf 3,3 Mrd. USD nach oben, hauptsächlich aufgrund der mit NIKE Direct einhergehenden Lohnkosten und variablen Kosten.
Der effektive Steuersatz für das Quartal betrug 17,3 %, ein deutlicher Anstieg gegenüber 4,7 % im Vorjahreszeitraum. Diese Veränderung war in erster Linie auf einen nicht zahlungswirksamen, einmaligen Vorteil im Zusammenhang mit dem Onshoring von immateriellen Vermögenswerten zurückzuführen, die sich außerhalb der USA befanden, der im Vorjahr realisiert wurde.
Schließlich sind auch die Nettozinsaufwendungen gestiegen, was zeigt, dass Nike (und damit die gesamte Branche in den USA) den anhaltenden Zinserhöhungszyklus allmählich zu spüren bekommt.
Um diesen Trends zu begegnen, hat Nike vor kurzem überraschend Partnerschaften mit Designer Brands (NYSE:DBI) und Macy's (NYSE:M) geschlossen - was im Widerspruch zur Unternehmensphilosophie steht, sich auf seine florierende Direct-to-Consumer-Sparte zu konzentrieren.
Die Beweggründe für diese Entscheidungen werden jedoch bei näherer Betrachtung der Performance von Nike im letzten Quartal klar. Nike hat erkannt, dass es einen Teil seiner Gewinne opfern muss, indem es seine Abhängigkeit von einer schrumpfenden Großhandelsindustrie verringert. Angesichts der nachteiligen Auswirkungen der Lager- und Frachtkosten auf die Gewinnspannen hat das Unternehmen keine andere Wahl, als dem Inlandsverkauf den Vorrang zu geben.
Da der Großhandel jedoch sinkende Umsätze verzeichnet, werden alle Teilnehmer des Konjunkturzyklus gezwungen sein, ihre Gewinnspannen zu senken, was in der zweiten Jahreshälfte zu einer allgemeinen Konjunkturabschwächung führen könnte.
Die Frage ist nun, wie erfolgreich diese Branche diesen Schaden begrenzen kann.
Das wird in erster Linie von der Gesamtwirtschaft abhängen und - in noch stärkerem Maße - davon, wie viel Liquidität die Fed der Wirtschaft entziehen wird. Dazu gilt es vor allem die Bilanz der Fed im Blick zu behalten.
h2 Ist Nike dennoch ein Kauf?/h2Trotz der durchwachsenen Ergebnisse beurteilen einige Analysten den Oregon ansässigen Konzern optimistisch. InvestingPro geht jedenfalls von einer Kurssteigerung von 7 % in den nächsten 12 Monaten aus.
Das liegt vor allem an Nikes wichtigstem Highlight im vierten Quartal 2023: Das wachsende Direct-to-Consumer-Geschäft des Unternehmens, das auf 5,5 Mrd. US-Dollar anstieg, ein Plus von 15 % im Vergleich zum Vorjahr. Bei konstanten Wechselkursen erzielte Nike ein sattes Wachstum von 18 % - bedingt durch ein beachtliches Wachstum von 24 % bei den NIKE-eigenen Stores und ein solides Wachstum von 14 % bei NIKE Brand Digital.
Zudem bin ich auch der Meinung, dass Nike bei der Suche nach Lösungen für den allgemeinen Wirtschaftsabschwung besonders gute Arbeit geleistet hat.
Da die Multiples angesichts der rückläufigen Gewinnerwartungen (siehe unten) jedoch überzogen erscheinen, halte ich eine weitere Kursschwäche für wahrscheinlich, bevor es 2024 zu einer deutlicheren Erholung kommt. In Anbetracht des vorherrschenden makroökonomischen Umfelds ist es zudem sehr wahrscheinlich, dass die Herausforderungen für Nike im laufenden Jahr nicht nachlassen werden.
Die gemischten Aussichten von Nike zeigen sich deutlich im Financial Health Score von InvestingPro.
Dennoch sieht InvestingPro im Gesamtüberblick immer noch mehr Chancen als Risiken für den Sportbekleidungsriesen
Fazit
Wenn wir die Ergebnisse von Nike aus betrieblicher Sicht bewerten, lässt sich feststellen, dass das Unternehmen weiterhin in einer soliden finanziellen Verfassung ist. Darüber hinaus hat das Management bei der Suche nach Lösungen für das schwierige makroökonomische Umfeld des Jahres 2023 hervorragende Arbeit geleistet.
Angesichts der rückläufigen Verbraucheraktivität und der höheren Kosten ist die Wirkung dieser Maßnahmen jedoch nur begrenzt. Da sich dieses Marktumfeld im kommenden 2. Halbjahr kaum ändern wird, rechne ich mit einer weiteren mittelfristigen Schwäche der Aktie.
Sollten sich die Bedingungen jedoch bis 2024 verbessern - was sehr wahrscheinlich ist -, dürfte Nike gut aufgestellt sein, um den Aufwärtstrend besser als die meisten seiner Konkurrenten zu nutzen. Daher würde ich Nike bei Kursen unter 100 USD langfristig als interessanten Kauf einstufen.
Gegenwärtig würde ich jedoch die Finger von dieser Aktie lassen - genau wie von allem, was im 2. Halbjahr mit den Verbraucherausgaben korreliert ist. Während sich die Anzeichen für eine allgemeine Konjunkturabschwächung häufen, sollten Händler lieber nicht versuchen, auf einen scheinbar abgefahrenen Zug aufzuspringen.
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Offenlegung: Der Autor hält Nike-Aktien im Rahmen einer langfristigen Strategie.
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