Nicht beantwortete Fragen hinter der EZB-Politik

 | 24.12.2014 12:41

Die gestrigen starken US-Daten haben die Divergenz zwischen den Erwartungen an die Fed/EZB für 2015 nur verstärkt und den EUR/USD vor Weihnachten auf ein neues Zweijahrestief abstürzen lassen. Die Stimmung zum EUR wird sicherlich negativ bleiben, da Spekulationen zunehmen, dass die EZB bereits bei ihrer Sitzung am 22. Januar eine vollständige QE ankündigt. Eine solche zusätzliche Maßnahme ist für den Euro negativ, während die Auswirkungen auf die reale Wirtschaft immer noch sehr unsicher sind.

2014 war für die EZB ein ereignisreiches Jahr. Als Reaktion auf die fallende Inflation und die Inflationserwartungen hat die EZB ihren Hauptrefinanzierungssatz zweimal gesenkt, von 0,25% auf 0,15% im Juni und im September auf 0,05%. Die Einlagensätze wurden ins Negative gezogen (im Juni auf -0,10%, im September auf -0,20%), um Liquidität in die reale Wirtschaft zu pumpen. Außerdem wurden brandneue Maßnahmen entworfen, um sicherzustellen, dass die Liquidität an Nichtfinanzinstitute weitergeleitet wird. Die EZB hat angekündigt, ihre Bilanz auf die Werte von 2012 zu bringen, was eine Expansion von einer Billion Euro untergräbt, die für die nächsten paar Jahre geplant ist. Die gezielten LTRO wurden bei der Sitzung im Juni mit Begeisterung angekündigt, gleichzeitig mit der ersten Zinssatzsenkung durch die EZB.

Die Märkte teilten die Begeisterung der EZB in Bezug auf billige langfristige Finanzierungsfazilitäten nicht. Während die EZB bereit war, in zwei Tranchen im September und Dezember TLTRO im Wert von bis zu 400 Mrd. Euro auszuleihen, hat die Kreditaufnahme insgesamt 212,44 Mrd. Euro (82,6 Mrd. im September, 129,84 im Dezember) nicht überschritten, das ist etwas mehr als das 50% des Ziels der EZB. EZB hat sich zu viel vorgenommen.

Nach der ersten TLTRO-Enttäuschung hat sich die EZB entschieden, ihre Expansion in der Septembersitzung durch den Kauf von Privatschulden anzukurbeln, zur gleichen Zeit, an dem sie den Leitzins zum zweiten Mal gesenkt hat. Die EZB hat sich verpflichtet, Covered Bonds und Asset Backed Securities zu kaufen, um das niedrige Marktinteresse an den gezielten Krediten zu kompensieren. Ab Oktober kaufte die EZB 28,5 Mrd. Euro an Covered Bonds, ab November kaufte sie ABS im Wert von 1,49 Mrd. Euro. Interessanterweise konnten die Käufe der Privatschulden nie die Aufmerksamkeit des Marktes weg von einer QE im Stil der Fed lenken - also der Kauf von Staatsschulden. Die Korrelation zwischen dem EUR/USD und dem Spread zwischen Kern- und Peripherieländern ist seit September über 50% geklettert. Das bedeutet, dass die Händler ab dem Zeitpunkt, ab dem die EZB den Kauf von Privatschulden angekündigt hat, bereits auf die Ausweitung der ABS auf Staatsanleihen gehofft haben. Heute preisen die Märkte die Einführung der finalen Maßnahme - die QE - bereits bei der Sitzung am 22. Januar ein.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Die Erwartungen an einen zusätzlichen EZB-Anreiz führen dazu, dass die Stimmung zum EUR an den Devisenmärkten negativ bleibt und der EUR wird höchstwahrscheinlich flach ins neue Jahr starten. Wir glauben jedoch nicht, dass der Kauf von Staatsanleihen im Stil der Fed der Eurozone dabei helfen wird, aus der Rezession zu kommen oder die Deflation zu verhindern. Zunächst hat die Fed die QE zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem die Kurse sehr tief waren. Die Maßnahme der Fed hat nicht nur dazu beigetragen, dass sich die Märkte erholt haben, sondern auch für die Fed Gewinne generiert. Die EZB bereitet sich auf den Kauf von bereits überbewerteten Staatsschulden vor (!). Die Renditen der italienischen, spanischen und französischen Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit haben bereits ein Allzeittief erreicht. Wie weit kann die EZB die Renditen für die Wirtschaften der Peripherieländer der Eurozone nach unten drücken? Zweitens wird die EZB 2015 die Deflation nicht verhindern, ganz einfach deshalb, weil die Schwäche an den Ölmärkten in den nächsten Monaten nahezu niedrigere Verbraucherpreise garantiert, solange der Kampf der Ölproduzenten um Marktanteile weiter anhält. Drittens kann die mühelose Finanzierung von Staatsschulden die politischen Spannungen zwischen den Kern- und Peripherieländern nur wiederbeleben, da es sicher nicht die Aufgabe der EZB ist, die Solvabilität der am stärksten verschuldeten Mitglieder der Eurozone zu stützen. Die EZB-Intervention wird nur dazu führen, dass Deutschland nervöser wird, da der künstliche EZB-Antrieb die tiefe Schuldenkrise im Herzen der Eurozone nicht lösen wird.

Alles in allem bleibt kurz vor dem Jahreswechsel eine ganze Reihe an Fragen unbeantwortet. Kommt Zeit, kommt Rat.