Stephan Heibel | 20.03.2023 13:00
Am Wochenende wurde die Übernahme der Credit Suisse (SIX:CSGN) durch die UBS (SIX:UBSG) beschlossen. Damit einher gehen weitreichende Liquiditätshilfen und Garantien der Schweizer Nationalbank, der Finanzaufsicht und der Schweizer Regierung.
Eine Verstaatlichung, wie sie während der großen Finanzkrise 2007 bis 2009 weltweit vielfach erfolgte, gibt es dieses mal nicht. Allerdings sind die staatlichen Hilfen so groß, dass der Begriff „Übernahme“ schon so ein Geschmäckle hat.
Fun-Fact: Der Verwaltungsratsvorsitzendes (= Aufsichtsratschef) der Credit Suisse heißt Axel Peter Lehmann. Lehman, aus dem Englischen „Layman“, bedeutet zu deutsch „Laie“. Laien haben in der Bankenwelt nichts zu suchen!
Der DAX rutscht heute früh weiter ab, erholt sich aber. Wir kommen in eine entscheidende Marktphase. Noch neige ich dazu, niedrige Kurse zum Nachkaufen zu nutzen. An einen Crash kann ich noch nicht wirklich glauben. Doch wir müssen in diesen Tagen am Ball bleiben.
Angst und Panik lassen Rallye erwarten
Um 4% ist der DAX in der abgelaufenen Woche eingebrochen. Die „Rettung“ der Silicon Valley Bank wurde von Anlegern nicht ausreichend eingestuft, die Finanzmärkte zu beruhigen. Vielmehr fehlt die explizite Zusage der US-Behörden, dass jegliche Kundeneinlagen in US-Banken garantiert werden – so wie es Angela Merkel nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 getan hat.
Solange diese Zusicherung fehlt, ist es für institutionelle Anleger (bspw. Treasury-Verantwortliche bei Versicherungen) Pflicht, Barvermögen zu den solventesten Banken zu transferieren … für alle Fälle. Ohne die explizite Einlagengarantie fürchtet man weitere Bank-Runs.
Die US-Bankenkrise ist bereits nach Europa übergeschwappt: Mit der Credit Suisse ringt in diesen Tagen eine europäische Großbank ums Überleben.
Für mich ist unser aktuelles Umfrageergebnis in sich widersprüchlich: Während in meinen Augen nur das „wie“ offen ist, zeigt die große Verunsicherung unter unseren Umfrageteilnehmern, dass man sich auch über das „ob“ sorgt. Ginge es nur um darum, „wie“ Banken mit Liquiditätsengpässen gerettet werden, dann wäre die Verunsicherung nicht so groß.
In den USA gibt es tausende Banken, die regional und mit inhaltlich unterschiedlichen Angeboten verschiedenste Märkte bearbeiten. In Europa ist die Bankenwelt auf wenige hundert konzentriert. Europäische Banken sind überwiegend so groß, dass die meisten von ihnen als systemrelevant gelten und gerettet würden, während in den USA eigentlich Bankpleiten zur Tagesordnung gehören.
Die Kritik über die Bankenrettungen während der großen Bankenkrise 2007 bis 2009 ist noch präsent, daher ist eine Verunsicherung über das „wie“ durchaus nachvollziehbar. Doch das „ob“ sollte zumindest in Europa nicht in Frage gestellt werden.
Daher vermute ich, dass sich die Verunsicherung über das „ob“ darauf bezieht, ob die Form der Rettung, die schließlich gewählt wird, nachhaltig ist. Ob damit der Kampf gegen die Inflation konterkariert wird, oder ob damit die Staatsfinanzen überbelastet werden. Zweifel daran, ob eine Rettung mit den überstrapazierten Staatsfinanzen überhaupt machbar ist, scheinen in den Köpfen der Anleger herumzugeistern.
Ich bleibe bei meiner Einschätzung der vergangenen Wochen, dass eine Überraschung nur auf der Oberseite erfolgen kann. Wenn wir uns vor Augen führen, dass der große Stress der vergangenen Woche an den Finanzmärkten bislang nicht zu einem Crash geführt hat, sondern den DAX lediglich an seine unteren Unterstützungen führte, so hat diese Einschätzung noch immer Bestand.
Allerdings liegt aus technischer Sicht die untere Unterstützung dieser Theorie bei 14.800 Punkten im DAX. Und der Wochenschlusskurs des DAX lieg mit 14.768 Punkten knapp darunter. Damit kommt dem Wochenstart eine besondere Bedeutung zu: Sollte sich der DAX über 14.800 Punkte halten, so kann der niedrigere Wochenschluss als kurzfristige Übertreibung abgetan werden.
Sollte es jedoch doch noch weiter gen Süden gehen, so dürften weiteren Anleger ihre Nerven verlieren, Angst und Panik könnte sich weiter ausbreiten und letztlich trotz der bereits negativen Stimmungslage zu einem Ausverkauf, vielleicht sogar zu einem Crash führen.
Wie mehrfach betont, halte ich dieses Szenario für unwahrscheinlich. Die Sentiment-Theorie favorisiert Szenarien, in denen sich Stimmungsungleichgewichte ins Gegenteil auflösen. Bei der aktuell bereits sehr negativen Stimmungslage wäre also ein weiterer Ausverkauf, ein Crash, ohne weitere negative Ereignisse eher unwahrscheinlich.
Wahrscheinlicher ist eine langsame Beruhigung und ein langsam ansteigender DAX für die nächste Zeit.
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