Nach dem Börsen-Boom: Kleinanleger gehen pleite

 | 28.02.2023 06:31

In einem kürzlich erschienenen Artikel des Wall Street Journal wurde erörtert, wie die Gewinne privater Trader, die während der Pandemie Millionen mit dem Handel auf dem Markt gemacht haben, nun größtenteils in Rauch aufgegangen sind.

"Der Amateur-Trader Omar Ghias sagt, er habe etwa 1,5 Millionen Dollar angehäuft, als die Aktienkurse zu Beginn der Pandemie explodierten und eine Spekulationswut einsetzte, die sich auf alle Märkte ausbreitete.

Mit dem Anstieg seiner Gewinne stiegen auch seine Ausgaben für alles Mögliche, von Sportwetten über Bars bis hin zu Luxusautos. Er sagt, er habe sich auch viel Geld geliehen, um seine Positionen auszubauen.

Als die Party zu Ende war, war auch sein Vermögen dank einiger erfolgloser Marktwetten und seiner exzessiven Ausgaben weg. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, arbeitet er jetzt in einem Feinkostladen in Las Vegas, wo er rund 14 Dollar pro Stunde plus Trinkgeld verdient, und verkauft Anlagen in Timeshares. Er sagt, dass er kein Geld mehr in den Markt investiert hat.

"Ich fange wieder bei Null an", sagte der 25-jährige Ghias

Sein Schicksal ist nicht einmalig. Während der pandemiebedingten Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 wendeten sich zahlreiche Amerikaner dem Glücksspiel an der Börse zu, um ihre geliebten Sportwetten zu ersetzen, während die Wirtschaft eigentlich brachlag. Zwischen "Konjunkturpaketen", steigenden Bankkonten, zu viel Zeit zuhause und kostenlosen Aktienhandels-Apps auf jedem Handy stürzten sich diese "Trader“ auf den Markt und jagten allem und jedem hinterher - von Kryptowährungen bis zu bankrotten Unternehmen.

Wenn Ihnen das alles bekannt vorkommt, ist das nicht überraschend.

Im Juni 2020 schrieb ich einen Artikel über das spekulative Verhalten privater Händler, das dem von 1999 und 2007 ähnelt. Darin heißt es:

"Sind wir Im Jahr 1999 oder 2007? Kleinanleger überschwemmen den Markt, während die Spekulationen mit spürbaren Übertreibungen und dem Glauben, dass es kein Abwärtsrisiko gibt, ausufern. Was kann schon schiefgehen?

Erinnern Sie sich an diesen Werbespot?"

"Der Etrade-Werbespot wurde während des Super Bowl XLI im Jahr 2007 ausgestrahlt. Im folgenden Jahr brach die Finanzkrise aus, die Märkte gingen in den Keller und Investoren verloren 50 % oder mehr ihres Vermögens.

Es war jedoch nicht das erste Mal, dass dies geschah.

Das Gleiche gab es schon Ende 1999. Dieser Werbespot wurde 2 Monate vor Beginn des Platzens "Dot.com"-Blase ausgestrahlt, als die Anleger wieder einmal glaubten, "investieren sei so einfach wie das kleine Einmaleins."

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Natürlich waren die Kleinanleger damals von Gier und der "Angst, etwas zu verpassen" getrieben. Doch schon damals stellten wir fest:

"Ich verstehe ... Wenn Sie zu den jüngeren Lesern gehören, die noch nie einen echten "Bärenmarkt" erlebt haben, würde ich auch nicht glauben, was ich Ihnen sage.

Aber nachdem ich den Crash von '87 miterlebt habe, Geld in den Jahren 2000 und 2008 verwaltet und den "Großen Crash von 2020“ mitgemacht habe, kann ich Ihnen sagen, dass die Zeichen alle in eine Richtung deuten.”

h3 Eine andere Denkweise/h3

Wir haben in unseren Artikeln mehrfach davor gewarnt, dass die Aktivitäten privater Trader sehr schlecht ausgehen können. In einem Artikel war eine der Kernaussagen, dass die Generation Z Schulden aufnimmt, um zu investieren.

"Junge Investoren nehmen private Schulden auf, um Aktien zu kaufen. Ich habe so etwas seit Ende 1999 nicht mehr erlebt. Damals nutzten "Day Trader" Kreditkarten und Darlehen auf ihre Häuser und Wohnungen, um ihre Anlageportfolios noch stärker zu hebeln.

Jeder, der zwei "echte" Bärenmärkte erlebt hat, kennt das Bild von Menschen, die versuchen, mit "Daytrading" reich zu werden. Der jüngste Anstieg von 'Meme'-Aktien wie AMC (NYSE:AMC) und Gamestop (NYSE:GME), bei denen der 'kleine Mann es der Wall Street heimzahlt', ist nicht neu."

Aber auch hier fühlten sich die Händler unangreifbar, da der Markt fast täglich anzog - je mehr Risiko man einging, desto mehr verdiente man auch.

Wie immer gilt jedoch, dass "Risiko" und "Gewinn" die beiden Seiten derselben Medaille sind und dass die Aufnahme von Fremdkapital für Investitionen letztlich schlechte Folgen hat. Das habe ich im August 2021 festgestellt:

"Investieren ist ein Spiel mit dem 'Risiko'. Oft heißt es - je mehr "Risiko" man eingeht, desto mehr Geld kann man verdienen. Eigentlich definiert Risiko jedoch nur, wie viel Geld weg ist, wenn etwas schief geht

Nach dem 'Dot.com-Crash' lernten viele Menschen die Gefahren von 'Risiko' und 'Hebel' kennen."

Wie das WSJ berichtet, hat sich Ghias in großem Umfang Geld geliehen, um seine Positionen noch zu vergrößern.

Das Ergebnis war jedoch nicht das, was er sich erhofft hatte.

Wichtig ist jedoch, dass Ghias nicht der einzige in seiner Lage ist. Der Abschwung auf dem Markt im letzten Jahr hat dazu geführt, dass viele Kleinanleger endlich ihre Einstellung geändert haben. Das äußert sich so:

"Aktuell ziehen sich einige dieser so genannten Retail-Trader nach dem schlechtesten Jahr für Aktien seit 2008 von den Märkten zurück. Andere reduzieren den Umfang ihrer Positionen oder schichten ihr Geld in konservativere Anlagen wie Anleihen oder Cash um."

Angesichts des Einflusses, den private Trader auf die Märkte in den Jahren 2020 und 2021 hatten, könnte ihr Rückzug auch einen zusätzlichen Gegenwind für den Markt mit sich bringen. Am wichtigsten ist jedoch, dass der größte Teil des Geldes, das von den Retail-Tradern zum Handel an den Märkten eingesetzt wurde, aus den pandemiebedingten Stimulus-Paketen der US-Regierung stammte. Wie in einem anderen WSJ-Artikel zu lesen ist, ist dieses Geld nun größtenteils weg.