Märkte konzentrieren sich auf politische Risiken in der EU

 | 11.11.2016 13:29

Märkte lenken ihre Aufmerksamkeit auf Italien (von Yann Quelenn)

Die Situation in Europa ist weiter sehr unsicher. Der Brexit muss eventuell vom Parlament genehmigt werden, und die Konjunkturverlangsamung führt zu einem Aufbegehren der Bürger in einigen Ländern gegen ihre aktuelle Führungselite. Die seit 2008 anhaltende Krise zieht noch immer tiefgehende Konsequenzen hinter sich her, und eine massive Politik des leichten Geldes hat nicht wirklich geholfen. Eine Austeritätspolitik hat sich durchgesetzt. Daher haben wir bereits das nächste wichtige Ereignis im Auge, das mit dem Verfassungsreferendum im nächsten Monat in Italien stattfinden wird.

Das Referendum würde den derzeitigen italienischen Politikern mehr Macht verleihen, und sie hätten freie Hand bei der Implementierung von Vorschriften der europäischen Institutionen. Die Situation in Italien sieht gut aus, und wir denken nicht, dass die Sparpolitik oder die Trump-Wahl andere Entscheidungen gegen die italienische Führungselite auslösen werden.

Soweit es die Daten angeht, wurden die italienischen Prognosen für das Defizit vor kurzem auf 2,3% nach oben revidiert. Die italienische Regierung hatte ursprünglich gegenüber der Europäischen Institution 1,8% genannt. Das Defizit steigt schnell. Was die Währung angeht, wird der Euro wohl schwanken. Aber ein Referendum ist keine sichere Sache. Es besteht weiter die Möglichkeit, dass das britische Parlament den Brexit ablehnt, wenn der Supreme Court das Parlament verpflichtet, über Annahme des Referendums abzustimmen.

US-Anleihen unter Druck (von Peter Rosenstreich)

Der Verkaufsdruck auf die festverzinslichen Papiere steigt weiter, da der designierte Präsident eine deutliche Steuerexpansion vorschlägt. Die Staatsanleihen mussten Rückschläge hinnehmen, denn die Renditen der zehnjährigen Papiere stiegen auf 2,092% und die der dreißigjährigen US-Anleihen stiegen auf 2,887%. Der designierte Präsident Trump hat während seiner Kampagne nur sehr oberflächliche Angaben zu seiner Politik gemacht. Aber bei seiner Antrittsrede versicherte er, dass es wohl massive Infrastrukturausgaben in Höhe von +600 Mrd. USD geben werde. "Wir werden unsere Städte restaurieren und unsere Highways, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Schulen, Krankenhäuser neu bauen", so Trump. Ohne sich näher dazu zu äußeren, z. B. wie dies finanziert werden soll, warum sollte Trump nicht den schnellen Erfolg über finanzpolitische Anreize für eine unterdurchschnittlich wachsende Wirtschaft in einem zyklischen Abschwung suchen? Selbst die steuerlich konservativen Republikaner zeigen sich erschöpft von den Ausgabenbeschränkungen.
Es ist unwahrscheinlich, dass Trump auf großen Widerstand treffen wird, vor allem wenn man die Verhältnisse im Repräsentantenhaus und im Senat berücksichtigt, wo die Republikaner die Mehrheit haben und die der gleichen Meinung sind wie Trump. Diese neue "Trumpflation" führt zu Druck auf die Renditen, die bereits unter einem straffen Arbeitsmarkt leiden, und die steigende Inflation belastet die Löhne. Die Spekulationen nehmen zu, das die Fed die Zinsen im Dezember um 25 Basispunkte anheben wird, und dann noch zwei- oder dreimal im Jahr 2017. Die langfristigen Inflationserwartungen steigen und somit auch die Renditen der US-Anleihen. Damit sollten die größer werdenden US-Spreaddifferentiale gegenüber den EM-Währungen mit hohen Renditen unter weiteren Verkaufsdruck geraten. Kurzfristig gehen wir von einer anhaltenden USD-Stärke aus, die sich am besten über die Long-Positionen im USD/JPY zeigt. Auch der AUD/USD bleibt als Vertretungstrade für die schwachen asiatischen EM-Währungen anfällig (vor allem wenn nach und nach weitere Details zur Trump-Politik bekannt werden). Mittelfristig zweifeln wir jedoch, wie viel Inflation eine Steuerexpansion in der US-Wirtschaft erzeugen kann. Trumps Infrastrukturplan sollte das BIP um 0,2% steigen lassen, aber ein stärkerer USD und niedrige Energiekosten begrenzen die Preise nach oben. Zudem wird die USA weiter Deflation importieren, da sich das externe Nachfrageumfeld schwer tut. Für uns ist es wahrscheinlicher, dass die Fed die Zinsen bis Ende 2017 einmal um 25 Bp anhebt.

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