Märkte: Jackson Hole im Fokus -BRICS-Erweiterung um sechs Länder

 | 25.08.2023 09:25

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0783 (05:39 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0781 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,05. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,47. EUR-CHF oszilliert bei 0,9554.

Blick auf den Markt: Jackson Hole im Fokus

An den Finanzmärkten bleibt die Verunsicherung erheblich. Gestern nahm die Risikoaversion im Tagesverlauf zu.

An der Datenfront ergaben sich neben schwachen Stimmungslagen in Frankreich und dem UK (siehe Datenpotpourri) in den USA mehrheitlich positive Entwicklungen mit Ausnahme des US-Auftragseingangs für langlebige Wirtschaftsgüter. Taubenhafte Töne des Fed-Gouverneurs Harker verfingen nicht. Die aggressive Zinserhöhung der Zentralbank der Türkei um 7,5% auf 25% mag Zinssorgen auch für andere Regionen forciert haben. Die BRICS-Erweiterung darf als Indiz sich weiter zu Lasten des Westens verändernder Machtachsen interpretiert werden.

Man kann das negativ sehen, man kann es aber auch positiv sehen, denn damit verbindet sich ein multilateraler Ansatz, der in Richtung einer für alle gesetzesbasierten Ordnung und nicht in Richtung einer US-regelbasierten Ordnung nach Gutsherrenart geht. Was ist für Menschen und Unternehmen erstrebenswerter? Was schafft mehr Planungssicherheit im Kontext einer globalen Ökonomie?

Die Aktienmärkte verloren an Boden. An den Rentenmärkten kam es wieder zu einer Zinsversteifung. 10 jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,53%, während 10 jährige US-Staatstitel eine Rendite in Höhe von 4,26% abwerfen. Der EUR hat gegenüber dem USD an Boden verloren, Auch Gold und Silber gaben gegenüber dem USD nach den vorherigen Anstiegen ab.

Der Fokus der Finanzmärkte liegt heute auf dem Treffen der Granden der Zentralbankszene in Jackson Hole. Die Überschrift über der Veranstaltung lautet: "Structural Shifts in the Global Economy" – "Strukturelle Veränderungen in der Globalen Wirtschaft". Das hätte nicht erst jetzt, sondern schon Jahre zuvor auf der Agenda stehen können, aber in der Tat war es nie virulenter als derzeit (BRICS+). Der Blick sollte aber nicht nur Richtung BRICS+ gehen, sondern auch in Richtung Europa. Wird Europas Rolle in diesem Zuge nicht am stärksten geschliffen? Welche Handlungsmaximen drängen sich diesbezüglich auf, um unseren Interessen gerecht zu werden?

Bis zu der Rede Powells wird es nicht zu markanten Lastwechseln am Finanzmarkt kommen.

BRICS-Erweiterung um sechs Länder

Die BRICS-Gruppe hat sich auf die Aufnahme sechs neuer Mitglieder per 1. Januar 2024 geeinigt. Eingeladen werden Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Erweiterung soll dem Block (NYSE:SQ) mehr globales Gewicht verleihen. Die Liste weiterer Anwärter bleibt auch nach dieser Erweiterung lang (circa 20 Länder).

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Kommentar: Ab 2024 nimmt damit das Gewicht, dass BRICS+ dann ökonomisch auf die Waage bringt weiter zu. Bedeutender als die quantitative Zunahme ist der qualitative Aspekt. Mit dem zukünftigen Beitritts Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate und des Iran wird BRICS+ das Energie-Powerhouse der Welt.

Die USA haben nach dem Gold-Exit unter Nixon den USD als Leitwährung durch den so genannten Petro-USD erhalten. Die aktuelle Veränderung der Machtachsen liefert perspektivisch erhöhte Risikopotenziale für den Status des USD und damit den politischen Status der USA und Europas, das sich keine eigenständige interessenorientierte Außenpolitik leistet oder leisten will.

Ich rede bewusst von Potenzialen, nicht von kurz- oder mittelfristigen abrupten Veränderungen, denn es gibt keine homogene außenpolitische Position, die sich offen gegen G-7 stellt. Zunächst geht es um eine verbesserte Interessenvertretung des Globalen Südens gegenüber den G-7 Ländern. Dafür ist die jetzt etablierte Struktur von BRICS+ geeignet, nicht oder weniger für offene Konfrontation.

Fed Gouverneur Harker (Philadelphia) "taubenhaft"

Patrick Harker, der Gouverneur der Fed in Philadelphia, stimmberechtigtes Mitglied im Offenmarktausschuss der US-Notenbank, vertritt die Meinung, dass die Notenbank in diesem Jahr voraussichtlich kein weiteres Mal die Zinsschraube anziehen müsse. Man hätte genug getan, da sich die Geldpolitik im restriktiven Bereich befände (positiver Realzins). Es gelte zu schauen, wie sich das auf die Wirtschaft auswirke.

Kommentar: Gouverneur Harker bedient sich hinsichtlich seiner Haltung an Argumenten, die Sie aus diesem Report kennen. Die US-Zinspolitik ist mit einem positivem Realzins so restriktiv wie seit circa 15 Jahren nicht mehr. Die Preisinflation ist tendenziell rückläufig. Erzeuger- und Importpreise als Vorlaufindikatoren der Verbraucherpreise weisen den Weg zu zukünftiger Entspannung aus diesen Sektoren heraus.

Entscheidend ist der Aspekt, dass Zinsmaßnahmen erst nach mehr als 12 Monaten ihre volle Wirkung entfalten. Der Blick auf US-Konjunkturdaten liefert ein durchwachsenes Bild. Eine fortgesetzte Verschärfung der Zinspolitik implizierte eine erhöhte Negativdynamik für die US-Realwirtschaft, die deutlich kreditabhängiger und damit zinssensitiver ist, als die Realwirtschaften in Japan und der Eurozone.

Mit Spannung wird die Rede des US-Notenbankchefs Powell heute in Jackson Hole erwartet. Man erwartet sich Erkenntnisse ob des weiteren Zinskurses der US-Notenbank.

Kommentar: Vor dem Hintergrund der Einlassungen Harkers und deren qualitativen Richtigkeit ist es in hohem Maße wahrscheinlich, dass Powell sich grundsätzlich in diese Richtung bewegen wird. Powell wird jedoch zweideutiger sein. Das hat Gründe.

Es geht bei den Zinserhöhungen nicht nur um binnenwirtschaftliche Aspekte der USA, sondern es geht auch um geopolitische Themen. Zuletzt kam es zu Schwächeanfällen des Rubels und des Yuan gegenüber dem USD, die in Russland und China zu Stresszuständen und Maßnahmen (Russland Zinserhöhung) führten. Die USA werden gerade zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hebel (globale Wirkung der US-Zinspolitik) ihres Machtapparats zur Disposition stellen wollen.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden: "Deutschland", der "kranke Mann" der Welt

Eurozone: Stimmung in Frankreich rückläufig

Frankreich: Der Geschäftsklimaindex für die Gesamtwirtschaft sank per August von zuvor 100 auf 99 Zähler. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe sackte von 101 (revidiert von 100) auf 96 Punkte (Prognose 99).

UK: Einzelhandelsindex bricht ein, Konsumklimaindex erholt

Der vom CBI ermittelte Index für den Einzelhandel brach per August von -25 auf -44 Punkte ein und markierte den niedrigsten Wert seit März 2021. Der GfK Konsumklimaindex stieg per August von zuvor -30 auf -25 Punkte (Prognose -29).

USA: Unterschiedliche Signale von der Konjunkturfront

Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter verzeichnete per Juli einen unerwartet starken Einbruch um 5,2% (Prognose -4,0%) nach zuvor +4,4% (revidiert von 4,6%). Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich per 19. August 2023 auf 230.000 (Prognose 240.000) nach zuvor 240.000 (revidiert von 239.000). Der von der Federal Reserve Chicago ermittelte "National Activity Index" (Sammelindex von 85 Einzelindikatoren) legte per Juli von -0,33 (revidiert von -0,32) auf +0,12 Punkte zu. Der Kansas Fed Composite Index nahm per Berichtsmonat August von -11 auf 0 Punkte zu.

Russland:

Die Devisenreserven sanken per 18. August von 585,8 Mrd. USD auf 579,5 Mrd. USD.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine neutrale Haltung. Der Devisenmarkt wirkt stark „politisch“ geprägt.

Viel Erfolg

© Folker Hellmeyer
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