Märkte: Freundliche Stabilität – EZB: "Tauben" melden sich zu Wort

 | 30.01.2024 08:44

Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0833 (05:25 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0797 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 147,32. In der Folge notiert EUR-JPY bei 159,59. EUR-CHF oszilliert bei 0,9333.

Märkte: Freundliche Stabilität

Die internationalen Finanzmärkte sind von freundlicher Stabilität geprägt. Für diese Stabilität und freundliche Verfassung sind zwei Gründe maßgeblich verantwortlich. In der EZB werden die "Tauben" lauter in ihrer Forderung nach einer frühzeitigeren Zinssenkung (siehe unten). In den USA fällt der Emissionskalender der US-Treasury im ersten Quartal 2024 mit 760 Mrd. USD um 55 Mrd. USD geringer aus als im Oktober 2023 unterstellt.

Die Datenfront lieferte durchwachsene Resultate. Die Daten der zweiten Reihe der Eurozone fielen im Vergleich zu dem Vormonat, in Teilen im Vergleich zu den Erwartungen, besser aus. Auch die gesunkene Arbeitslosenquote Japans setzte heute früh einen positiven Akzent. Der Finanzmarkt ignorierte dagegen den Einbruch des Dallas Fed Manufacturing Business Index (siehe Datenpotpourri).

Aus Deutschland erreichen uns weiter prekäre Daten. Dabei geht es nicht nur um eine aktuelle Veränderung in der einen oder der anderen Datenreihe, sondern vor allem auch um den relativen Vergleich zu unseren Konkurrenzländern. Dieser Vergleich belegt den Verfall unserer Konkurrenzfähigkeit (Aspekt Investitionen im Kontext Erhaltung des Kapitalstocks als Grundlage aller Einkommen). Diesbezüglich fällt Deutschland zurück. Das gilt für den Arbeitsmarkt (siehe unten IFO-Beschäftigungsbarometer), es gilt aber auch für die Steuereinnahmen in Bezug zu der Preisinflation. Wann widmet Berlin sich den ultimativ drängenden Themen dieses Landes?

Die Aktienmärkte gewannen ex China, Hongkong und Indien an Boden. Der Late DAX stieg um 0,36%, der EuroStoxx 50 um 0,47; der S&P 500 um 0,82%, der Dow Jones um 0,58%, der Citi US Tech 100 um 1,15%, der Nikkei(Japan (Stand 07:12 Uhr) um 0,41%, der Kospi (Südkorea) um 0,15%. Dagegen sanken der Sensex (Indien) um 0,30%, der CSI 300 (China) um 1,00% und der Hangseng (Hongkong) um 2,04%.

An den Rentenmärkten kam es zu Entspannung. 10-jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,23% (Vortag 2,30%), 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,05% (Vortag 4,13%).

Der USD ist wenig verändert gegenüber EUR, Gold und Silber.

EZB: "Tauben" melden sich zu Wort

Die Fraktion der "Tauben" meldete sich zu Wort. Der stellvertretende EZB-Chef de Guindos sagte, die EZB würde Zinsen senken, wenn man sich sicher sei, dass das 2% Inflationsziel erreicht würde. Er sei bezüglich der Inflations- als auch Kerninflationsentwicklung optimistisch. Portugals Notenbankchef Centeno sekundierte und sagte, die EZB solle eher früher als später Zinsen senken.

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Die Inflation schwäche sich nachhaltig ab, die Inflationstreiber hätten sich verflüchtigt. Es gebe keine sichtbaren Zweitrundeneffekte bei Lohnerhöhungen. Es sei nicht notwendig bis zum Mai auf Lohndaten zu warten. Der Zentralbankchef der Slowakei Kazimir will Risiken in einer zu frühen Zinssenkung erkennen und votiert für einen ersten Zinsschritt im Juni. Er legte sich fest, dass der nächste Schritt eine Zinssenkung sein würde.

Kommentar: Die Diskussion innerhalb des EZB-Rats läuft auf hohen Touren. Die Tendenz geht in Richtung früherer Zinssenkungen. Grundvoraussetzung ist und bleibt, dass exogene Faktoren (Geopolitik) das Inflations- und Wirtschaftsbild nicht stärker belasten. Das gilt vor allen Dingen für das Thema Energie (auch USA Infragestellung LNG-Lieferungen langfristig). Unter Umständen spielt Japan in der Betrachtung eine Rolle. Dort verzichtete man auf Zinserhöhungen und liegt bei der Preisinflation besser als die Eurozone, die USA und das UK. Deutschland: Zunehmende Fissuren am Arbeitsmarkt

Das IFO-Beschäftigungsbarometer sank per Januar von 96,5 auf 95,5 Punkte. Es ist der schwächste Wert seit circa drei Jahren. Arbeitsmarktdaten zählen zu den nachlaufenden Indikatoren, sie reagieren spät bei konjunkturellen Trends. Das ist durch den demographischen Faktor im jetzigen Umfeld noch einmal in der westlichen Welt verstärkt der Fall.

Kommentar: Auch bezüglich des Arbeitsmarktes fällt Deutschland international zurück. Die Arbeitslosenquote legte seit Mai 2022 von 5,0% auf 5,9% zu. Japan verzeichnete gerade mit 2,4% die geringste Quote seit Januar 2023.

Auch in den USA und dem UK sieht das Bild deutlich besser aus. Diese Daten und der zunehmende wirtschaftliche Bedeutungsverlust (relativer Vergleich) signalisieren in unbestechlicher Form Handlungsdruck für die Regierenden in Berlin, sich der kritischen Standortbedingungen in Deutschland umfänglich zu widmen (Energieversorgungssicherheit, Energiepreislichkeit, Steuersenkungen, Abbau der Bürokratie, Loyalität gegenüber der Wirtschaft und damit Berechenbarkeit potentieller Investitionsentscheidungen, Loyalität gegenüber Bürgern (Vertrauen), Forcierung der Leistungsgesellschaft, Abbau der Anspruchsgesellschaft, Verfassungs- und Gesetzestreue).

Findet das statt oder bietet der aktuelle Bundeshaushalt 2024 kein Indiz dafür, dass diese Themen in angemessener Form ernst genommen werden?