Leitet die EZB das Ende der expansiven Geldpolitik ein?

 | 06.10.2016 09:15

Vorgestern Abend kam es zu Spekulationen über ein allmähliches Zudrehen des Geldhahnes der EZB. Dass die EZB noch vor dem geplanten Ende ihres Anleihekaufprogramms im März 2017 das Kaufvolumen in monatlichen Schritten um jeweils zehn Milliarden Euro verringern will, berichtete Bloomberg.
Prompt reagierten die Märkte darauf: Der Bund-Future und die Aktienkurse gaben gestern früh zum Handelsauftakt kräftig nach, die Renditen zogen an. Die Reaktionen an den Anleihemärkten blieben nachhaltiger, während sich die Aktienkurse schnell erholten. Ebenso konnten sich die beiden von der Liquidität getriebenen Edelmetalle Gold und Silber bislang nicht von ihren Verlusten bislang. Stattdessen vergrößerten sich diese.

Zwar dementierte die Notenbank den Bloomberg-Bericht, doch die jüngsten Entwicklungen geben der EZB durchaus Spielraum für einen (sehr langsamen) Einstieg in das Ende der expansiven Geldpolitik. Denn ähnlich wie in den USA, stehen auch hierzulande die Zeichen auf zukünftiges Wachstum. Auf anhaltendes Wachstum stehen die Zeichen in der Eurozone
Das belegen nicht nur die Daten aus Deutschland (siehe „Deutsche Wirtschaft macht dem DAX den Weg frei“), sondern unter anderem auch der Gesamt-Einkaufsmanagerindex für die Eurozone, der heute von Markit veröffentlicht wurde. Mit einem zum Vormonat unveränderten Wert von 52,6 Punkten liegt dieser weiterhin komfortabel in dem Bereich, ab dem Wachstum signalisiert wird – und dies nun schon seit mehr als drei Jahren.

Gesamt-Einkaufsmanagerindex für die Eurozone von Markit

Was die Entwicklung des Arbeitsmarktes angeht, so verharrte die Arbeitslosenquote in der Eurozone im August bereits den vierten Monat in Folge bei 10,1 Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit Juli 2011. In der EU lag die Arbeitslosenquote im August mit unveränderten 8,6 Prozent sogar weiter auf dem niedrigsten Stand seit März 2009.
Um die Wirtschaft muss sich EZB-Chef Mario Draghi also aktuell keine Sorgen machen. Bleibt das Problem der Inflation, deren Jahresrate zuletzt noch weit unter der Zielmarke der Notenbank von zwei Prozent lag.

Entwicklung der Arbeitslosenquote im Euroraum und der EU
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Von der Ölpreiserholung profitiert die Inflation
Doch auch hier gibt es Fortschritte. Wie am vergangenen Freitag bekannt wurde, zog die jährliche Inflation des Euroraums im September auf 0,4 Prozent an, nach 0,2 Prozent im August. Die Preise sind damit so stark gestiegen wie zuletzt im Oktober 2014.

Und diese Tendenz dürfte anhalten, wozu insbesondere die seit Jahresbeginn laufende Erholung der Ölpreise beiträgt. Denn der Basiseffekt der zuvor im Vergleich zum Vorjahr niedrigeren Ölpreise läuft aus. Schon am 1. Juni war hier in der Börse-Intern zu lesen, dass die Erholung der Ölpreise die Inflationsrate bald deutlicher ansteigen lassen wird. Zu dieser Zeit lag die Jahresrate der Energiepreise noch bei -8,1 Prozent, wie die Grafik von damals zeigt:

Inzwischen beträgt die Jahresrate der Energiepreise durch die gestiegenen Ölpreise nur noch -3,0 Prozent:
Dadurch wanderte der Gesamtindex (roter Balken) vom negativen in den positiven Bereich. Und dieser Effekt dürfte in den kommenden Monaten dazu beitragen, dass die Inflation in der Eurozone weiter anzieht.

Die EZB muss daher im Grunde keinen Finger mehr rühren. Dies hatten Sie auch schon in der Börse-Intern vom 20. Juli erfahren: „Denn die Notenbanken kommen ihren Inflationszielen nun automatisch näher. Entsprechend werden neue expansive Maßnahmen unwahrscheinlicher. Die Aktienmärkte verlieren also einen Unterstützer – nämlich die Spekulation auf höhere Liquidität“, hieß es in der Analyse.

Wir identifizierten frühzeitig zukünftige Entwicklungen
Und so zeigt sich, dass die Börse-Intern mit den Analysen im Juni und Juli wieder einmal sehr frühzeitig auf eine Entwicklung hingewiesen hat, die zuvor noch kaum ein Marktteilnehmer auf dem Schirm hatte: den Effekt der Ölpreiserholung auf die Inflation sowie das Abflauen der treibenden Kräfte für die Aktienmärkte durch das Ausbleiben weiterer expansiver Maßnahmen der Geldpolitik.

Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass die skeptischen Töne und mahnenden Worte vor diesem Hintergrund seit Sommerbeginn zugenommen haben. Blickt man jedoch auf das Seitwärtsgeschiebe, das wir seitdem in vielen Märkten beobachten können, dann hat dies auch seine Berechtigung. Und wir werden auch weiterhin versuchen, für Sie hier in der Börse-Intern kommende Trends vor allen anderen zu identifizieren.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus

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