Folker Hellmeyer | 30.05.2018 10:43
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1531 (07:38 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1510 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108.57. In der Folge notiert EUR-JPY bei 125.20. EUR-CHF oszilliert bei 1,1454.
Im Rahmen der Italienwahl und des weiteren Procederes in Rom kommt es an den Märkten in Breite und Tiefe zu einer Krisenstimmung, die wie gewohnt aus den Zentren in New York und London, aber auch aus Europa medial unterfüttert wird. Fakt ist, dass die Situation in Italien perspektivisch belastet. Fakt ist auch, dass uns dieses Thema auf Sicht nicht loslassen wird, denn Neuwahlen stehen frühestens im September und spätestens zu Beginn des Jahres 2019 an.
Damit ist latente Unsicherheit geboten, was das Schicksal Italiens, aber auch das der Eurozone anbetrifft, so das aktuell am Markt diskontierte Textbuch.
Was bedeutet diese Unsicherheit für die Märkte?
Der Euro kann weiter an Boden verlieren. Er hat jetzt bezüglich der Höchstkurse des Jahres im Verhältnis zum USD um mehr als 8% abgewertet. Aber auch gegenüber JPY und CHF ergeben sich signifikante Kursverluste. Damit verbessert sich die Exportfähigkeit der Eurozone signifikant. Aus Ertragsgesichtspunkten optimiert sich die Ausgangslage für die europäischen Unternehmen zu Lasten der Konkurrenz insbesondere in den USA. Passt das Trump und seiner Exportpolitik? Mehr noch darf interpretiert werden, dass die EZB bezüglich dieses Krisenthemas Italien nicht notwendig aktiver wird, sich aus der extremen Niedrigzinspolitik zu verabschieden. Mithin wird Kontinentaleuropas Wirtschaft weiter von dem aktuellen, die Wirtschaft unterstützenden Niedrigzinsregime profitieren.
Diese beiden Aspekte werden aber auf kurze Sicht bei der Bewertung der europäischen Aktienmärkte eine untergeordnete Rolle spielen. Risikoaversion und Angst, letzteres eine Emotion, sind die aktuellen Treiber der Bewertung an den europäischen, aber auch internationalen Aktienmärkten.
Kommen wir zum Aspekt der Wahrscheinlichkeit eines Exit Italiens vor dem Hintergrund der gestellten Forderungen, unter anderem dem Schuldenerlass.
Zwei Drittel der Schuldtitel liegen bei den italienischen Banken, der Zentralbank und italienischen Versicherern.
Damit würde sich bei einer Forderung eines Schuldenerlasses in der Höhe von 250 Mrd. Euro eine Belastung für den Finanzsektor Italiens von circa 165 Mrd. Euro ergeben. Was hätte das für Folgen für die Menschen in Italien ohne den Schutzschirm der EZB? Falls Sie als Leser jetzt fassungslos sind, habe ich vollstes Verständnis.
An dieser Stelle könnte man das Thema Professionalität bezüglich der Sachkenntnis populistischer Parteien aufmachen. Das wollen wir aber nicht.
Auch wenn man intellektuell mit einer derartigen billigen Naht Wahlerfolge in verantwortungsloser Manier kreieren kann (siehe Brexit), so impliziert der erkennbare handwerkliche Mangel und/oder auch erkennbare Wissensmangel der Handelnden (auch der Wähler!), dass das Thema Exit Italiens derzeit wohl zu heiß am Markt diskontiert wird.
Kommen wir zum Datenpotpourri der letzten 24 Stunden:
Die Geldmenge M-3 der Eurozone legte im Jahresvergleich per April um 3,9% nach 3,7% zu.
Die Kreditvergabe an private Haushalte per April sank von zuvor 3,0% auf 2,9%.
Die Kreditvergabe an Unternehmen verharrte per April im Jahresvergleich bei 3,3% wie bereits im Vormonat.
Nicht maßgeblich Kredit (Modell USA/UK), sondern wiederkehrende Einkommen determinieren das Wachstum der Eurozone.
In Portugal stieg der Index des Vertrauens der Wirtschaft per Mai von 2,1 auf 2,3 Punkte (Höchstwert seit Mai 2002). Der Index des Verbrauchervertrauens verbesserte sich von 2,4 auf 3,3 Punkte (Höchstwert in der Charthistorie seit 1997). Liebes Italien, so funktioniert Aristoteles und Etablierung von Zukunftsfähigkeit!
In Italien verharrte der Index des Vertrauens der Unternehmen bei 107,7 Punkten, dem tiefsten Wert seit Mai 2017. Der Index des italienischen Verbrauchervertrauens sackte von 166,9 auf 113,7 Zähler (Prognose 116,5) und markierte den tiefsten Wert seit August 2017.
Die Divergenz zu Portugal ist erheblich mehr gibt es nicht zu sagen.
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.1850 - 80 neutralisiert den positiven Bias des USD.
Viel Erfolg!
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