Stockstreet GmbH | 26.08.2020 16:37
Die Aktienmärkte konnten vorgestern stark in die neue Woche starten. Dem DAX gelang dabei mit einer Aufwärtslücke (siehe grünes Rechteck im folgenden Chart) die Rückeroberung seiner kurzfristigen Seitwärtsrange (oberes gelbes Rechteck). Der Ausbruch auf der Unterseite vom Freitag stellte sich damit als Fehlsignal heraus (roter Bogen).
Meist haben solche Bärenfallen bullishe Konsequenzen, auch im aktuellen Fall. Denn der DAX konnte durch direkte Anschlussgewinne nach oben aus der kurzfristigen Seitwärtsrange ausbrechen. Und dieser Ausbruch wurde mit den gestrigen Kursgewinnen nachhaltig.
Zumal der DAX bereits mit den vorgestrigen Kursgewinnen über die übergeordnete Abwärtstrendlinie steigen und somit aus der dreieckartigen Formation (orange Linien im folgenden Chart) nach oben ausbrechen konnte. Anschließend wurde die gebrochene Linie von oben getestet und der Ausbruch durch weiter steigende Kurse bestätigt (grüner Pfeil). Und mit den gestrigen Gewinnen gelang sogar die Rückeroberung des kurzfristigen Aufwärtstrendkanals (grün).
Damit kann man argumentieren, dass die Stillhalter den DAX zum Verfallstag gebremst haben, der Index nach dem „Lösen“ dieser Bremse aber wie erwartet weiter zulegen konnte.
Einige Medien begründen den Anstieg dagegen damit, dass US-Präsident Donald Trump eine Notfallzulassung für eine Blutplasma-Therapie gegen Covid-19 verkündet hat. Doch sogar die Weltgesundheitsorganisation WHO sah sich genötigt, darauf hinzuweisen, dass die Belege für den Nutzen dieser Behandlungsmethode „von geringer Qualität“ seien. Und der ökonomische Nutzen dürfte kaum messbar sein. Insofern war diese Meldung wohl eher nur Wahlkampfgetöse und maximal dazu geeignet, die Stimmung der Anleger zu beeinflussen. Aber bekanntlich ist das Anlegersentiment ja ein wesentlicher Kurstreiber an den Börsen.
Gleiches gilt für die Meldung, dass die USA und China ihre Gespräche über das laufende Handelsabkommen wieder aufgenommen haben. Beide Seiten seien demnach entschlossen, das im Januar erzielte Phase-1-Abkommen zu erfüllen. Und die Gespräche darüber wurden bislang stets als „konstruktiv“ bezeichnet. Doch die chinesischen Käufe von US-Waren liegen nach wie vor weit hinter den vereinbarten Zielen. Und die Frage ist, wie lange Trump das noch hinnehmen wird.
Ignoriert wurden derweil Meldungen, dass sich in Hongkong, den Niederlanden und Belgien genesene Patienten erneut mit dem Coronavirus angesteckt haben. In gewöhnlichen Zeiten hätte eine solche Meldung die Kauflaune der Anleger womöglich deutlich gebremst. Denn wenn Antikörper, die sich bei einer ersten Infektion gebildet haben oder die durch eine Impfung verabreicht wurden, nicht ausreichen, um eine erneute Infektion zu verhindern, dann könnte ein Impfstoff deutlich weniger hilfreich sein als bislang angenommen. Aber aktuell spielen derartige negative Nachrichten an der Börse einfach keine Rolle.
Mit anderen Worten: Ein echter fundamentaler Grund für die weiter gestiegenen Kurse liegt mit den genannten Meldungen eigentlich nicht vor. Denn weder die Blutplasma-Therapie noch die Feststellung, dass das Phase-1-Abkommen fortgesetzt wird, können das Wirtschaftswachstum und damit die Gewinne der Unternehmen insgesamt weiter nennenswert antreiben. Am Ende ist aber, zumindest langfristig betrachtet, nur letzteres entscheidend für die Aktienkurse. Doch in dem aktuellen Handel, in dem die Umsätze inzwischen deutlich gesunken sind, reichen derartige Meldungen, um die Kurse noch weiter nach oben zu treiben.
Bleibt zu hoffen, dass die Kurse auch noch nach oben zeigen, wenn die Umsätze wieder ansteigen. Denn ansonsten dürften wohl wieder viele Kleinanleger Verluste erleiden, kurz nachdem sie den Aktienhandel für sich entdeckt haben, da es weiterhin einige Parallelen zur Neuer Markt-Blase gibt.
Aktuell sind die Signale im DAX aber klar bullish. Und es besteht damit die Chance, dass sich der Index nun nachhaltig vom Hoch des 8. Juni lösen kann (rote horizontale Linie im zweiten DAX-Chart) und die mehrwöchige Konsolidierung damit beendet ist. Ein Anstieg über das bisherige Erholungshoch vom 21. Juli bei rund 13.300 Punkten könnte dies bestätigen.
Fällt der DAX aber unter die gebrochene Abwärtstrendlinie und das Hoch vom 8. Juni zurück, dürfte sich die Konsolidierung wohl noch etwas fortsetzen. Und wenn auch noch die seit Juni geltende Aufwärtstrendlinie (orange) gebrochen wird, könnte eine stärkere Herbstkorrektur folgen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading
Ihr
Sven Weisenhaus
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