Kampf ums Weiße Haus – Wer führt künftig die USA?

 | 08.10.2020 13:19

Wenn man den US-Medien Glauben schenken mag, geht es bei den kommenden US-Präsidentschaftswahlen um nichts weniger als die Seele Amerikas. Auch an den Aktienmärkten wird der Kampf um das Weiße Haus genau beobachtet. Mit den in Zeichnung liegenden Partizipations-Zertifikaten auf den Trump-Korb positionieren sich Anleger, um an Aktien zu partizipieren, die vom Wahlergebnis profitieren könnten.

h2 Auf die „Swing States“ kommt es an/h2

Am 3. November finden die nächsten US-Präsidentschaftswahlen statt. Amtsinhaber und Kandidat der Republikanischen Partei, Donald Trump, möchte eine zweite Amtszeit. Eine solche möchte der Kandidat der Demokratischen Partei, Joseph „Joe“ Biden, natürlich verhindern. Wenn es nach den Umfragen geht, dürfte der ehemalige Vizepräsident unter Präsident Barack Obama das Rennen machen. Mitte September sah realclearpolitics.com im Schnitt der betrachteten Umfragen Biden bei 49,0 Prozent und damit 5,9 Prozentpunkte in Führung gegenüber Trump (43,1 Prozent). Es bietet sich ein ähnliches Bild wie vor vier Jahren. Bei den Wahlen 2016 sagten die Umfrageinstitute ebenfalls einen Sieg der Kandidatin der Demokratischen Partei voraus. In diesem Fall von Hillary Clinton. Es kam jedoch anders.

Obwohl sich Clinton mit einem Vorsprung von fast drei Millionen Stimmen die Stimmenmehrheit („Popular Vote“) sichern konnte, wurde der aus New York stammende Immobilienmogul Donald John Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Möglich macht dies ein besonderes Wahlsystem. Der Präsident wird vom Wahlmännerkollegium („Electoral College“) gewählt. Jeder Bundesstaat entsendet eine bestimmte Anzahl von „Wahlmännern“. Trump konnte sich vor vier Jahren den Sieg sichern, weil er in wichtigen „Swing States“ wie Pennsylvania, Wisconsin, Florida oder Michigan knapp die Stimmenmehrheit errang. Auch in diesem Jahr stehen die „Swing States“ besonders im Fokus, da die meisten Bundesstaaten fast schon traditionell entweder an die Demokraten („blue states“) oder Republikaner („red states“) gehen.

h2 Corona und Black-Lives-Matter-Proteste im Fokus/h2

Das weltweit wütende Coronavirus und die Proteste in den Städten Amerikas gegen Polizeibrutalität und institutionellen Rassismus haben den Wahlen eine noch größere Bedeutung verliehen. Bei den Demokraten verweist man auf die Bilanz des Präsidenten, wenn es um den Umgang mit COVID-19 geht. Laut Statistiken der Johns-Hopkins-Universität meldeten die USA Ende September mehr als 7 Millionen bestätigte Corona-Fälle. Die Zahl der Toten überschritt die Marke von 200.000. Gemessen an den Corona-Fällen verlieren diese Zahlen jedoch etwas ihren Schrecken. So ist es eher diese Statistik, auf die Donald Trump und seine Anhänger verweisen, wenn es um die Einschätzung des Umgangs des US-Präsidenten mit der Corona-Pandemie geht. Außerdem führen sie das bereits Ende Januar 2020 verhängte US-Einreiseverbot für China-Reisende an. Ohne dieses wären aus ihrer Sicht deutlich mehr Menschen in den USA am Coronavirus gestorben. Für zusätzliche Brisanz sorgte die Anfang Oktober bekannt gegebene Infektion des US-Präsidenten und zahlreicher Personen aus seinem Umfeld mit dem Virus. Auch bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage herrscht große Uneinigkeit.

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Die Corona-bedingten Lockdown-Maßnahmen sorgten dafür, dass in den Monaten März und April in den USA etwas mehr als 22 Millionen Arbeitsplätze weggefallen sind. Während das Team Trump darauf verweist, dass viele dieser Stellen wiederbesetzt werden konnten, verweisen Kritiker darauf, dass sich der Arbeitsmarkt noch nicht vollständig von Corona erholt hat. Neben COVID-19 dürften vor allem die Proteste gegen Polizeibrutalität und institutionellen Rassismus den Ausgang der kommenden Wahlen bestimmen. Diese setzten nach dem Tod von George Floyd durch einen Polizeieinsatz am 25. Mai 2020 in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota ein. Donald Trump will sich als der „Law-and-Order“-Präsident profilieren. Er allein sei in der Lage, gegen die Gewalt und den Vandalismus am Rande einiger dieser Proteste vorzugehen, während die Demokraten laut seiner Darstellung die Ausschreitungen und die Gewalt in den von ihnen geführten Großstädten dulden und manchmal sogar anheizen würden.

h2 Die Wahlen und die Börse/h2

Auch an den Börsen wird der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen mit Spannung erwartet. Allerdings könnte der Wahlausgang weniger darüber entscheiden, wohin es mit den Märkten insgesamt geht, sondern eher über das Schicksal bestimmter Branchen. Im Vorfeld der Wahlen malten Trump und die Republikaner für den Fall eines Sieges von Joe Biden Horrorszenarien auf. So würden die Demokraten mit Steuererhöhungen und neuen Regulierungen die US-Wirtschaft ersticken sowie letztlich das Land in den Sozialismus führen. Die Börsen zeigten sich von solchen Drohgebärden bisher unbeeindruckt. Trotz der Umfrageerfolge Bidens erreichten wichtige US-Börsenindizes in diesem Jahr neue Rekordstände.

Zudem scheint es für die Aktienmärkte genauso wichtige Themen zu geben, wie die Frage, wer zukünftig im Weißen Haus sitzt. Ganz weit oben ist Corona zu finden. Fortschritte oder Rückschläge in der Erforschung eines COVID-19-Impfstoffes lösen regelmäßig deutliche Marktreaktionen aus. Darüber hinaus bleibt die Geldpolitik der US-Notenbank Fed ein wichtiger Faktor. Im September machten die US-Währungshüter deutlich, die Niedrigzinsen bis 2023 beibehalten zu wollen. Dies dürfte viele Börsianer gefreut haben. Schließlich ist die lockere Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken der Welt einer der Hauptgründe für die positive Entwicklung an den Aktienmärkten der vergangenen Jahre.

h2 Jobs, Jobs, Jobs/h2

In den Lagern der Präsidentschaftskandidaten sieht man dies natürlich anders. Sowohl Biden als auch Trump glauben, den Schlüssel für ein starkes Wachstum der US-Wirtschaft in den Händen zu halten. Im Trump-Lager verweist man auf die Erfolge vor Ausbruch des Coronavirus. So habe man mit dem „Tax Cuts and Jobs Act“ die erste große Steuerreform seit 30 Jahren durchgeführt und 82 Prozent der Familien aus der Mittelklasse Steuererleichterungen verschafft. Die Steuern für Kleinbetriebe wurden um 20 Prozent gesenkt, was Kleinunternehmen eine Steuerersparnis von rund 415 Mrd. US-Dollar eingebracht habe. Zudem habe die Senkung der Körperschaftssteuer von 35 auf 21 Prozent US-Unternehmen im internationalen Vergleich wieder wettbewerbsfähig gemacht. Schon jetzt hat Trump bei einer Wiederwahl weitere Steuersenkungen in Aussicht gestellt. Darüber hinaus will er weitere Regulierungen abbauen. Insbesondere Umweltstandards, um die Bereiche Kohle, Öl und Gas zu stützen. Pipelineprojekte wie Keystone XL und Dakota Access sowie Bohrvorhaben sollen neue Jobs im Energiesektor schaffen.

Auch Joe Biden hat die Schaffung neuer Jobs im Auge. Allerdings sieht er diese in anderen Gebieten als Trump. Biden plant die Rückkehr der USA zum 2015er-Pariser Klimaabkommen. Außerdem will er Investitionen in grüne Technologien fördern. Konkret sollen 2 Billionen US-Dollar über einen Zeitraum von vier Jahren ausgeben werden, um bis 2035 100 Prozent sauberen Strom und bis 2050 null Emissionen zu erreichen. Zur Finanzierung sollen einige Steuersenkungen der Trump-Regierung zurückgefahren werden. Die Steuern für Unternehmen sollen von 21 auf 28 Prozent und für persönliche Jahreseinkommen über 400.000 US-Dollar von 37 auf 39,6 Prozent steigen. Zudem ist eine neue Kapitalertragssteuer angedacht. Insbesondere soll der Bereich Elektromobilität gefördert werden. Es sind beispielsweise Kaufanreize für in den USA produzierte Elektroautos sowie die Förderung des Ausbaus des landesweiten Netzes von Ladestationen angedacht. Außerdem wird eine Verschärfung der Emissionsstandards für Autos angestrebt. Es wurde zudem das Motto „Buy American“ ausgerufen. Aus diesem Grund soll die Bundesregierung vermehrt Staatsaufträge an heimische Firmen vergeben. Darüber hinaus soll der Mindestlohn auf 15 US-Dollar pro Stunde erhöht werden. Es ist auch eine Stärkung von Gewerkschaften im Wahlprogramm vorgesehen.

Einige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Kandidaten lassen sich im Gesundheitsbereich und bei der Infrastruktur finden. Trump und Biden haben ausufernden Gesundheitskosten den Kampf angesagt. Allerdings nicht immer mit den gleichen Mitteln. Trump und den Republikanern bleibt vor allem die unter Präsident Obama verabschiedete Gesundheitsreform „Affordable Care Act“ (Obamacare) ein Dorn im Auge. Biden will natürlich weiter auf Obamacare aufbauen. Trump plant zudem eine Beschränkung der staatlichen Gesundheitsfürsorge Medicaid und Begrenzung der Medicaid-Ausgaben, während Biden auf eine Reform des Affordable Care Act und höhere Ausgaben drängt. In Sachen Infrastruktur haben dagegen beide Kandidaten erkannt, wie wichtig es wäre, die veraltete Infrastruktur des Landes mithilfe milliardenschwerer Investitionen auf Vordermann zu bringen.