James Picerno | 07.04.2024 17:04
Die Erwartungen, dass die US-Notenbank im Juni mit Zinssenkungen beginnen wird, haben nach den relativ robusten Daten für das verarbeitende Gewerbe im März, die am Montag veröffentlicht wurden, einen weiteren Dämpfer erhalten.
Die Märkte rechnen zwar immer noch mit einer moderaten Chance, dass gegen Ende des 2. Quartals gelockert wird, die neuen Daten deuten aber eher darauf hin, dass sich der Zeitpunkt für einen moderateren geldpolitischen Kurswechsel weiter nach hinten verschiebt.
Jüngstes Thema: Der lange Zeit angeschlagene US-Produktionssektor scheint sich Umfragedaten zufolge endlich zu erholen.
Der ISM PMI für das verarbeitende Gewerbe kletterte im März über die neutrale 50er-Marke und markierte damit das erste Wachstum in diesem Sektor seit 2022. Natürlich könnte es sich dabei nur um ein Rauschen handeln, aber im Moment sind die Aussichten auf eine Belebung laut dieser Umfrage die ermutigendsten seit mehreren Jahren.
"Sollte die Schrumpfungsphase des verarbeitenden Gewerbes vorbei sein, was noch nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, und sollte der Preisdruck im verarbeitenden Gewerbe zunehmen, wie wir es in den letzten drei Monaten gesehen haben, könnte dies Auswirkungen auf die Zinsentwicklung im Jahr 2024 haben", kommentiert Conrad DeQuadros, Senior Economic Advisor bei Brean Capital.
Legt man indessen die geldpolitisch sensible Rendite der 2-jährigen US-Bonds als Richtwert zugrunde, so tendiert der Rentenmarkt nach wie vor zu einer dovisheren Geldpolitik.
Die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen schloss am 2. April bei 4,70 % und damit in der Nähe ihres Viermonatshochs, liegt damit aber immer noch deutlich unter dem aktuellen Zielkorridor für die Fed Funds Rate von 5,25 % bis 5,50 %, was darauf hindeutet, dass der Markt nach wie vor eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine baldige Zinssenkung einpreist.
Der Vorbehalt ist natürlich, dass die 2-Jahres-Rendite seit mehr als einem Jahr eine Zinssenkung vorwegnimmt, nur um Monat für Monat von der harten Realität enttäuscht zu werden. Wird es dieses Mal anders sein? Angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten, die nach wie vor auf eine expansionsfreudige US-Wirtschaft hindeuten, werden die Argumente immer schwächer.
So schätzt das GDPNow-Modell der Atlanta Fed (Stand: 1. April), dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal mit 2,8 % (reale saisonbereinigte Jahresrate) gewachsen ist. Das ist zwar deutlich langsamer als im vierten Quartal, aber ein Plus von 2,8 % (falls es zutrifft) deutet auf ein solides Wachstum hin. Ergo könnten Zinssenkungen verfrüht sein.
Dennoch signalisieren die Fed Funds Futures weiterhin eine moderate Wahrscheinlichkeit, dass die Fed im Juni mit Zinssenkungen beginnen wird.
Jedoch lassen jüngste Äußerungen von Fed-Vertretern mehr Raum für Zweifel hinsichtlich des Zeitpunkts der geldpolitischen Lockerung.
Die entscheidende Variable ist natürlich die Inflation, und die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass der Preisdruck anhält, so dass die Annäherung an das Inflationsziel der Fed von 2 % später erfolgen dürfte als zuletzt erwartet.
"Ich glaube immer noch, dass es das wahrscheinlichste Szenario ist, dass die Inflation im Laufe der Zeit weiter auf 2 % sinkt. Aber ich muss mehr Daten sehen, bevor ich mir sicher bin", sagte Loretta Mester, Präsidentin der Federal Reserve Bank von Cleveland, am 2. April in einer Stellungnahme. "Ich glaube nicht, dass ich bis zum nächsten Treffen des Offenmarktausschusses genügend Informationen haben werde, um diese Entscheidung zu treffen."
Ähnlich äußerte sich diese Woche auch Fed-Mitglied Kashakri. Die Preisentwicklung im Januar und Februar sei "etwas beunruhigend" gewesen. Er müsse mehr Fortschritte bei der Inflation sehen, um Vertrauen zu haben, dass sich die Entwicklung dem Ziel der US-Notenbank von 2 % annähere. Erst dann könne man mit Zinssenkungen beginnen.
Ist es also an der Zeit, den Juni als Startpunkt für Zinssenkungen abzuhaken? Noch nicht - aber die Wahrscheinlichkeit, dass in zwei Monaten eine Zinswende eingeleitet wird, nimmt ab.
"Der Juni ist zwar noch nicht vom Tisch, aber die Überzeugung des Marktes, dass die Fed bis dahin eine erste Zinssenkung vornehmen wird, bröckelt", schreiben die ING-Strategen in einer Mitteilung. "Weitere Fed-Beamte dürften sich in den kommenden Wochen zu Zinssenkungen im Juni äußern, aber letztlich werden die Daten den Ausschlag geben."
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