Janet Yellen: umgekehrter Lobbyismus

 | 09.05.2023 13:55

Über die Verzweigung von Wirtschaft und Politik ist nicht zu debattieren. Gerade in hoch-finanzialisierten Wirtschaftsräumen ist vor allem der Einfluss von Banken und anderen Finanzinstituten auf die Politik immer eine Gratwanderung. Auf der einen Seite sind Expertise und Interessen aus diesem Bereich für die effiziente Gestaltung von politischen Maßnahmen wichtig. Auf der anderen Seite wiederum darf die Vertretung dieser Interessen nicht zu einseitig ausfallen, sodass erstens das bürgerliche Mandat geschützt und ein faires Umfeld für wirtschaftliches Handeln hergestellt wird. Nun wendet sich aber das Blatt, denn es sickern Informationen durch, dass die Finanzministerin der USA, Janet Yellen, mit CEOs großer Unternehmen in Kontakt steht und um politische Unterstützung bittet.

In den USA ist der Schuldenberg mittlerweile so groß, dass dem Staat ein Schuldenausfall droht. Bereits in der Vergangenheit kam es zum Stillstand von staatlichen Einrichtungen, um die Ausgaben zu senken. Dies reicht aber mittlerweile nicht mehr aus. Der Haushalt der USA ist in einem solchen Defizit, dass die Schuldengrenze bereits im Januar dieses Jahres überschritten wurde. Grund dafür sind verschiedene wirtschaftliche Interventionsmaßnahmen, wie Zuschüsse und Rettungspakete, aber auch neue Ausgaben, die vor allem in den Bereichen Infrastruktur und Sozialpolitik getätigt wurden. Auch in den internationalen Wettbewerb flossen Gelder, um den Abstand zur wachsenden chinesischen Wirtschaft zu wahren, wobei staatliche Gelder zum Ausgleich von Ineffizienzen durch merkantilistische Maßnahmen bereitgestellt wurden. Dafür wurden immer mehr Schulden aufgenommen, sodass die Verschuldung dreimal so hoch ist, wie im Jahr 2009.

Einen wirklichen Schuldenausfall gab es für die größte Wirtschaft der Welt bislang nicht, welcher aber nur durch die hohe Verschuldungsrate von über 110 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt immer weiter aufgeschoben wurde. Weitere Verschuldung benötigt parlamentarische Zustimmung, denn schließlich handelt es sich um das Steuergeld der Bevölkerung, welches die Schulden inklusive Zinsen bedienen soll. Und da wird es brenzlig. Weil bereits im Januar die Schuldendecke gebrochen wurde, könnte es am 1. Juni zum besagten Schuldenausfall kommen, da auch die Reserven, die föderalen Gelder und sonstigen Einnahmen nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu bedienen. Um das zu verhindern, muss das Parlament mehrheitlich für eine Hochsetzung der Schuldendecke stimmen. Weil aber die Oppositionspartei in beiden Kammern eine leichte Mehrheit hat, ist die Regierungspartei, zu der auch Janet Yellen gehört, auf Stimmen aus dem anderen Lager angewiesen. Dieses wiederum kann mit einer Ablehnung des Antrags auf eine Anpassung der Schuldendecke politischen Druck auf die Regierungspartei ausüben und sie in die Bredouille bringen.

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Deswegen versucht die Finanzministerin nun die Wirtschaftselite auf ihre Seite zu ziehen. Sie hat sich wohl mit einigen CEOs, deren Namen nicht bekannt sind, getroffen, um ihnen zu erläutern, dass ein Schuldenausfall große wirtschaftliche und politische Auswirkungen haben würde – sie bezeichnete die Konsequenzen als „katastrophal“. Mit diesen Lobby-Versuchen sollen die CEOs dazu bewegt werden, wiederum Mitglieder der Regierungspartei davon zu überzeugen, einer Hochsetzung der Neuverschuldung zuzustimmen. Wie genau solche Lobbyarbeit ausfallen mag, kann man sich ja denken: Druck, seine Produktion zu verlagern oder eben Versprechen von Parteispenden. Wie erfolgreich Yellens Versuche sein werden, bleibt abzuwarten. Dass diese Praktik aber in den Grauzonen des modernen Demokratieverständnisses anzusiedeln ist, sollte wohl klar sein. Zudem stellt sich auch die Frage, wie das Schuldenproblem nachhaltig gelöst werden kann, denn mit immer weiterer Ausdehnung der Schuldendecke schiebt man das Problem ja nur auf. Wenn man bedenkt, dass es sich um eine Entwicklung von fast 15 Jahren handelt, sind die Probleme auch eher struktureller Natur als temporärer.

Trotz politischer Macht, die die Oppositionspartei durch eine Ablehnung des Antrags auf Ausweitung der Schuldendecke ausüben könnte, ist es unwahrscheinlich, dass dies geschieht. Ein Schuldenausfall könnte tatsächlich zu großen Problemen im Währungsmarkt und somit in der Handelsbilanz führen. Außerdem dürfte der Kapitalmarkt ebenfalls arg darunter leiden. Der Schaden wäre unverantwortlich und da ist das Aufschieben der Problemlösung doch eher die diplomatische Route. Vom Tisch ist diese Thematik aber nicht – früher oder später müssen nachhaltige Lösungen her.

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