James Picerno | 22.12.2022 06:59
Wenn man bedenkt, wie viel Tinte im Laufe der Jahre auf dieses Thema verschüttet wurde, sollte die Antwort eigentlich ja lauten. Wer zur Beantwortung der Frage nur einen einzigen Indikator heranzieht, für den ist der Spread zwischen den Renditen kurz- und langfristiger US-Staatsanleihen sicherlich unschlagbar. Doch gerade als man dachte, man könne sich bei der Prognosen des Rezessionsrisikos auf die Renditestrukturkurve verlassen, meldet der "Pate" dieses Indikators Zweifel an.
Wenn man sich ansieht, wie viel Tinte über die Jahre zu diesem Thema vergossen wurde, dann müsste die Antwort ein klares "Ja" sein! Blickt man nur auf einen einzigen Indikator, so ist der Spread zwischen kurz- und langfristigen US-Staatsanleiherenditen sicherlich kaum zu schlagen. Doch gerade als man dachte, man könne sich bei der Ermittlung des Rezessionsrisikos auf die Zinsstrukturkurve verlassen, meldet der "Pate" dieses Indikators Zweifel an.
Cam Harvey, Professor an der Duke University und Forschungsdirektor bei Research Affiliates, spielt das durch den negativen Spread der 3-monatigen Rendite minus der 10-jährigen Rendite derzeit prognostizierte Rezessionsrisiko herunter. Im Gespräch mit Business Insider sagte er:
"Erwarte ich eine Rezession? Nein. Jede Episode ist anders, und diese hier ist völlig anders."
Harvey zweifelt die Zuverlässigkeit des Signals der invertierten Kurve dieses Mal aus drei Gründen an:
Er fügte hinzu:
"Es gibt eine Redensart, nach der ein Signal, sobald es in aller Munde ist, nicht mehr für Prognosen taugt. Wir haben eine inverse Zinskurve - die meisten wissen, dass dies bislang ein sehr erfolgreiches Prognosesignal war. Das wirkt sich auf die Erwartungen aus, verändert das Verhalten, die Menschen werden vorsichtiger, und ja, das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich."
Harveys Zweifel sind berechtigt, aber nicht minder erstaunlich, wenn man bedenkt, dass er die Bedeutung der Zinskurve früher hervorgehoben hat und ein früher Anhänger der Prognosefähigkeit dieses Indikators war (Insider berichtet, dass er die Zinskurve als Rezessionsindikator in seiner Dissertation aus dem Jahr 1988 "entdeckt" hat). In einem Interview aus dem Jahr 2019 wies er darauf hin, dass die Zinsstrukturkurve "kein falsches Signal ausgesendet hat - jedenfalls nicht in den letzten 60 Jahren, in denen wir sie gemessen haben." (Zahlreiche Studien aus anderen Quellen stimmen dem zu, und mehrere wurden z. B. von der New Yorker Fed veröffentlicht).
Ganz gleich, ob dieses Mal wirklich alles anders ist oder nicht, die Zinskurve (und ihre Variationen) verdient es immer noch, auf der Shortlist der Indikatoren zur Überwachung und Prognose von Rezessionsrisiken zu stehen. Aber wie Harvey jetzt zu erkennen scheint, geht es zu weit, sie isoliert zu betrachten und anzunehmen, dass man mit ihr die Zukunft nahezu fehlerfrei vorhersagen kann. Willkommen im Club, Professor.
Ich war schon seit jeher skeptisch gegenüber Rezessionsanalysen mit nur einem Indikator, selbst wenn es sich bei diesem einen Indikator um die Zinskurve handelt, die in diesem Instrumentarium sicherlich einzigartig ist (und wahrscheinlich auch bleiben wird). Doch wie ich in meinem 2014 erschienenen Buch 'Nowcasting The Business Cycle' und in den wöchentlichen Updates des 'US Business Cycle Risk Report' darlege, ist es unnötig riskant, sich auf einen einzigen Prognosewert zu verlassen.
Wie zahlreiche Studien über Jahrzehnte hinweg belegen, steigert die Kombination von Prognosen aus unterschiedlichen Modellen und Indikatoren (sofern sie sich bis zu einem gewissen Grad gegenseitig ergänzen) die Zuverlässigkeit. (Nebenbei bemerkt ist die Kombination von prädiktiven Faktoren ein fruchtbarer Beitrag zur Entwicklung von Prognosen).
Der 'Economic Trend Indicator' und der 'Economic Momentum Indicator', zwei firmeneigene Konjunkturindizes, die sich aus mehr als einem Dutzend Indikatoren einschließlich der Zinskurve zusammensetzen, deuten darauf hin, dass die US-Wirtschaft schrumpft, wenn auch nur leicht.
Konjunkturdaten aus anderen Quellen zeigen derzeit ein ähnliches Bild. So deutet der von der New Yorker Fed errechnete wöchentliche Konjunkturindex nun offenbar auf einen beginnenden Abschwung hin.
Es ist noch zu früh, um von einer Rezession zu sprechen, obwohl die Hochrechnung von ETI und EMI in die nähere Zukunft auf der Grundlage einer relativ zuverlässigen Schätzmethode empfiehlt, dass der feine, fast unmerkliche Unterschied zwischen Wachstum und Schrumpfung bald stärker in Richtung einer Kontraktion kippen wird. Doch bis die gesamten revidierten Konjunkturzahlen für den Dezember vorliegen, wird ein gewisser Zweifel fortbestehen.
Ja, meine Einschätzung zum Thema Rezession könnte ein falsches Signal sein. Einzig der vom NBER praktizierte Rezessionstest ist makellos: Er bedient sich eines lange rückdatierten Zeitraums, um den Beginn und das Ende der Rezession erst viel später zu bestimmen.
Rezessionen in Echtzeit zu erkennen, ist dagegen schwierig. Doch wenn in den kommenden Wochen nicht eine ganze Reihe überraschend guter Wirtschaftsdaten eintrifft, könnten die Würfel bereits gefallen sein.
Das lässt immer noch Raum für eine kurze und/oder flache Rezession oder eine Phase der Stagnation. Aber wenn Sie einen absoluten Beweis für die eine oder andere Seite brauchen, sollten Sie nächstes Jahr um diese Zeit die Pressemitteilung des NBER abwarten, oder vielleicht kommt sie auch gar nicht.
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