Vincent Martin | 15.09.2022 11:28
Das Unternehmen Harley-Davidson (NYSE:HOG) schöpft seinen Wert aus vier Einnahmequellen:
Wenn man das Geschäft von Harley-Davidson auf diese einfache Art und Weise herunterbricht, dann wird klar, warum man diese Aktie jetzt verkaufen sollte. Jeder Bereich des Geschäfts sieht sich potenziellen Herausforderungen gegenüber.
Die Umsätze mit teuren Fahrzeugen aller Art gehen allem Anschein nach zurück, was einer der Hauptgründe dafür ist, dass beispielsweise Aktien von Wohnmobilherstellern zum 6- bis 8-fachen der erwarteten Gewinne gehandelt werden.
Die Finanzierungsgewinne von Harley-Davidson sind bereits rückläufig und unterliegen weiteren Risiken durch steigende Zinssätze und Kreditausfälle. Bekleidungshersteller in allen Segmenten tun sich nach den durch die Covid 19-Pandemie erlittenen Umsatzeinbußen weiterhin schwer.
Derweilen geht Livewire im Zuge einer Fusion mit der Erfolgsbilanz von so genannten de-SPAC-Fusionen und die spezifische Bewertung von Livewire lassen in diesem Zusammenhang Problempotenzial befürchten. Davon abgesehen erscheint die Vorstellung, dass Livewire den gesamten adressierbaren Markt für Motorräder erheblich erweitert, was das Ziel für Harley in seiner Gesamtheit wäre, fragwürdig.
Bis zu einem gewissen Grad kalkuliert der Markt diese Probleme ein. HOG wird zum 9-fachen des für dieses Jahr geschätzten Konsensgewinns pro Aktie gehandelt. Aber das stellt immer noch eine Prämie im Vergleich zu den meisten Unternehmen dar, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Aus technischer Sicht hat die Aktie ein klares Top erreicht, weswegen es durchaus möglich ist, dass HOG echtes Abwärtspotenzial birgt.
h2 Das Pro und Kontra für die Harley-Aktie/h2Es gibt einiges, was einem an Harley-Davidson in der jetzigen Erscheinungsform gefallen kann. Die Marke H-D hat zweifelsohne weltweit Kultstatus. In seinen Kernkategorien, vor allem bei den so genannten "Cruisern", hat das Unternehmen einen dominierenden Marktanteil.
Letzten Februar kündigte Harley seinen Fünfjahresplan "Hardwire" an, der auf die "Rewire"-Strategie folgt, mit der das Unternehmen das Jahr 2020 meistern konnte. HOG geht davon aus, dass Kostensenkungen und die Konzentration auf weniger, dafür aber populärere Modelle die Gewinnmargen verbessern werden. Im Motorradsegment (das auch die Umsätze mit Bekleidung, Teilen und Zubehör umfasst) prognostiziert Harley für 2025 eine operative Marge von 15 % gegenüber nur 8,5 % im Jahr 2018.
In der Zwischenzeit belastet Livewire das immer noch günstige Gewinnmultiple des Unternehmens. HOG rechnet in diesem Jahr mit einem Betriebsverlust von 111 Mio. USD, was den konsolidierten Nachsteuergewinn pro Aktie von Harley um 0,57 USD schmälert. Obwohl das Unternehmen unrentabel ist, hat es einen realen Wert: Die SPAC-Fusion bewertet Livewire derzeit mit rund 1,6 Mrd. USD. Harley wird nach dem Zusammenschluss 74 % des Unternehmens besitzen.
Berücksichtigt man den Wert der Livewire-Beteiligung (fast 9 USD pro HOG-Aktie), so werden das bestehende Motorrad- und das Finanzierungsgeschäft mit weniger als dem 7-fachen Gewinn bewertet.
h2 Die Probleme von HOG/h2Allerdings könnte sich die Rentabilität aufgrund der Rückkehr zur Normalität nach der Pandemie und der veränderten makroökonomischen Bedingungen in Zukunft deutlich verschlechtern.
Das Motorradgeschäft war schon vor der Pandemie problematisch. Harley-Davidson ist seit langem eine Marke, die bei der Generation der "Babyboomer" beliebt ist - aber diese Fahrer werden immer älter. (Der jüngste Babyboomer ist mittlerweile 56 Jahre alt.)
Nach der Pandemie erholte sich das Geschäft wieder. Unter anderem wurden die Preise angehoben, was sich positiv auf die seit langem unter Druck stehenden Gewinnmargen auswirkte. Harley hat in diesem Jahr auch beschlossen , seinen Händlern einen größeren Anteil der Gewinnmargen abzunehmen.
In einem normaleren Umfeld kehren die Preise langsam zu ihrem früheren Trend zurück. Der Schub durch die Händlergewinne lässt sich nicht wiederholen - und es ist möglicherweise mit einer entgegengesetzten Entwicklung zu rechnen.
In einem inflationären Umfeld könnten die Gewinnspannen sogar unter das Niveau vor der Pandemie fallen. Die Preise für Harleys steigen - allerdings bedroht der starke US-Dollar die Wettbewerbsfähigkeit des Produkts. Aufgrund der Schwäche des Yen können japanische Wettbewerber wie in der Vergangenheit einen aggressiven Preiskampf führen.
Auch das Finanzierungsgeschäft ist gefährdet. Harley rechnet bereits in diesem Jahr mit einem Gewinnrückgang von 20 bis 25 %. Aber selbst bei diesem Rückgang liegen diese Gewinne immer noch klar über dem historischen Durchschnitt. Auch hier wird Harley - sollte sich die Konjunktur weiter abkühlen - voraussichtlich eine weitere Abwärtsbewegung erleben.
Livewire ist möglicherweise nicht so wertvoll, wie es die SPAC-Fusion vermuten lässt. Die IMPX-Aktie fiel im frühen Handel am Dienstag um 5 %, nachdem die Rücknahmefrist (vor der die Aktionäre ihre Aktien für 10 USD in bar zurückgeben können) abgelaufen war.
SPAC-Fusionen haben sich in den letzten 12 Monaten extrem schlecht entwickelt, und es gibt derzeit wenig Anhaltspunkte dafür, dass es bei Livewire anders laufen wird. Selbst wenn Livewire wächst, wird zumindest ein Teil des Umsatzes aus Harleys altem ICE (Verbrennungsmotor)-Geschäft stammen.
Zu allem Übel gestaltet sich auch das technische Bild besorgniserregend, denn hier trifft eine Rallye mit geringem Volumen auf starken Widerstand um die 42-USD-Marke
Es lässt sich nicht leugnen - die Aktie sieht billig aus. Aber das allein reicht nicht aus. Vielmehr spricht vieles dafür, dass HOG unmittelbar vor einer weiteren Abwärtsbewegung steht.
Disclosure: Vince Martin ist derzeit in keinen der hier besprochenen Wertpapiere investiert. Möglicherweise eröffnet er diese Woche noch eine Short-Position in HOG-Aktien.
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