Endlich Fleisch am Knochen der reinen Liquidität

 | 26.02.2015 17:15

Vom Krisengeschrei um die Ukraine und um die Schuldenposse in Griechenland fast unbemerkt, geht es dem deutschen Aktienmarkt fundamental gesehen immer besser. Denn „Auferstanden aus Ruinen“ präsentieren sich die Konjunktur- und Unternehmensdaten, also das eigentliche Lebenselixier für Aktien, anhaltend stabiler.

Ifo Daten lügen nicht

Klar wie Kloßbrühe zeigt dies der ifo Geschäftsklimaindex, für mich einer der treffsichersten Konjunkturindikatoren der Welt. Der ifo Index spiegelt ein rundes Bild unserer industriellen Volkswirtschaft wider, auch weil er mehrheitlich mittelständische Unternehmen befragt. Deshalb muss man auch der ab November 2014 einsetzenden Trendwende - der Index ist also zum vierten Mal in Folge gestiegen - eine so hohe Bedeutung beimessen. Denn im Vergleich zu unseren Weltkonzernen, die global viel stärker diversifiziert sind und sich daher an der stabil mit gut drei Prozent wachsenden Weltkonjunktur laben können, hat der Mittelstand weniger Chancen, der im Vergleich schwächeren Eurozone den Rücken zu kehren. Ohnehin ist der deutsche Mittelstand durch sein Engagement in Russland gehandicapt. Es geht wieder aufwärts mit der deutschen Konjunktur.

Die ewigen Chefbedenkenträger mokieren sich darüber, dass die ifo Daten im Februar die noch höheren Erwartungen verfehlt haben. Sie sollten sich noch einmal den Zeitpunkt der Februar-Befragung zu Gemüte führen. Denn da musste man sich größte Sorgen um einen ausgewachsenen Krieg vor der europäischen Haustür machen. Jetzt haben wir hoffentlich so etwas wie eine stabile Seitenlage. Außerdem drohte der GREXIT - dem man als homo oeconomicus zwar durchaus offen gegenüberstehen kann - der zumindest vorübergehend für wirtschafts- und finanzpolitische Irritationen in der Eurozone gesorgt hätte. Jetzt gibt es einen Zeitgewinn bis Sommer.

Insgesamt hat für mich der ifo im Februar Luft geholt, um sich anschließend weiter nach oben zu bewegen.

Wenn Mario Draghi Konjunkturpolitik betreibt

Natürlich hat auch hier Mario Draghi seine heilenden Hände im Spiel. Bei ihm kann sich die deutsche Industrie mit einem dicken Frühlingsblumenstrauß herzlich bedanken. Denn würde die EZB nur Zinspolitik für das sich konjunkturell stabilisierende Deutschland betreiben, wären die Leitzinsen höher. Doch das geht nicht, weil die Eurozone ansonsten in die Bredouille käme. Für die deutsche Industrie kann man von zinspolitischer Überdüngung sprechen.

Außerdem hat er auch noch eine dicke Schachtel mit edelsten Pralinen als Dankeschön verdient: Mit seinen Aufkäufen drückt unser Mario auch die Renditen von Staatsanleihen der Eurozone im Vergleich zu denen der USA. Das macht den Euro unattraktiver, lässt ihn weiter an Wert verlieren und leitet der deutschen Exportindustrie immer mehr Wasser auf ihre sich bereits zügig drehenden Mühlen.

Die Weltsparnation übt sich gezwungenermaßen im Geldausgeben

Und selbst unsere deutschen Konsumenten kommen an Mario Draghis Geldausgabeanimierungspolitik so wenig vorbei wie Kleinkinder an den Süßigkeiten vor der Kasse im Supermarkt. Auch nur beim kleinsten Konfliktchen irgendwo in der großen Welt nagelte der deutsche Michel sein Portemonnaie zu. Dann wurde gespart, gespart und noch einmal gespart. Aber heute wird das Geld trotz Krisen so schnell ausgegeben, dass man meinen könnte, es würde morgen wertlos. Ja, man gönnt sich was, auch gerne was Großes: Möbel, Autos, Häuser, Urlaubsreisen,... In unsere Körper scheint der Geist des amerikanischen Konsumenten gefahren zu sein.

Der Grund hierfür ist fast „strafrechtlich relevant“. Denn Mario Draghi hat den Deutschen eines ihrer Lieblingsspielzeuge genommen. Ähnlich wie im Kinderlied, wo der Fuchs die Gans, hat er uns die Zinsen gestohlen. Und dabei hatte er Helfershelfer. Die gesamte Notenbanker-Gang hat ganze Arbeit geleistet. Sie alle haben aus Leitzinsen für uns Sparer Leidzinsen gemacht. Und dieser Zins- und Renditeraub breitet sich aus wie derzeit die Grippeviren: Eine ganze Anlageklasse haben uns die Dame bei der Fed - sie ist kein wirklicher Zinswendehals - und die vielen Herren Zentralbanker entwendet: Egal, ob Staatsanleihen urbi bei uns oder orbi sonst wo auf der Welt, ob Industrieanleihen, ob Bankanleihen, alle Zinsen und Renditen werden erbeutet. Fortsetzung folgt! Denn liebe Sparerinnen und Sparer, wir lebten, leben und werden leben in einer entkapitalisierten, weil zinsraubenden Zentralbankwelt.

Es ist nicht überliefert, ob der Fuchs die Gans wieder hergegeben hat, aber ich bin überzeugt, dass die Notenbanker uns Sparern das Diebesgut - die früheren hohen Zinsen - nicht mehr zurückgeben werden. Die internationale Finanzwelt kann sich diesen Zins- und Renditeluxus einfach nicht mehr leisten, wenn sie überleben will. Damit können wir uns auch den Weltspartag sparen. Leisten können wir uns nur noch den Weltspartrauertag.

Immerhin, da es sich nicht mehr lohnt, bis Oberkante Unterlippe zu sparen, kommt das nicht mehr gesparte bzw. entsparte Geld jetzt der Wirtschaft zugute. Sicherlich kommt ein guter Arbeitsmarkt als Sahnehäubchen oben drauf. Insgesamt steht die deutsche Wirtschaft fest auf zwei Beinen: Industrie und Konsum.

Die Liquiditätshausse ist die Saat für die Konjunkturhausse

Was heißt das für die Aktienmärkte? Durch die Notenbanken ist also konjunkturelles Fleisch an den Knochen der reinen Liquiditätshausse gekommen. Was viele deutschen Aktien bislang abgesprochen haben, ist endlich wieder da: Fundamentaler Nährwert!

Liebe Anlegerinnen und Anleger, zeigen Sie dem Zinsvermögen die kalte Schulter, erwärmen Sie sich für Aktien, insbesondere für die mit viel Substanz. Und deutsche Industrieperlen haben Substanz. Sie haben begonnen, den Gesamtmarkt outzuperformen wie die relative Stärke des konjunktursensitiven MDAX gegenüber dem sicherlich auch nicht schlecht laufenden DAX zeigt.

Diese Titel sind aber nur eine Seite der Medaille der Substanz. Nährwert haben auch ausschüttungsstarke deutsche und europäische Titel. Ihre Dividendenrenditen haben die Renditen im Zinsvermögen abgehängt wie der Computer den Abakus. Die Skepsis der Anleger angesichts hoher Aktienkurse kann ich verstehen. Ihnen kann man aber mit regelmäßigen Aktienansparplänen gut begegnen.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG finden Sie auf unserer Webpräsenz.

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