Feingold Research | 07.01.2021 06:52
Meldungen über positive Testergebnisse für mehrere COVID-Impfstoffe sorgten am Aktienmarkt für Euphorie und ließen den Goldpreis durch die technisch wichtige Marke von 1.800 USD/oz fallen. Gold begann den Monat zunächst mit sehr positiven Preisbewegungen. Die Schwäche des US-Dollars führte dazu, dass der Goldpreis aus einem dreimonatigen Konsolidierungsmuster ausbrach und am 9. November sein Monatshoch von 1.965 USD/oz erklomm. Der Ausbruch scheiterte jedoch an dem Tag, an dem Pfizer (NYSE:PFE) seine Impfstofftestergebnisse bekannt gab, die besser als erwartet ausfielen. Wir stellen die Analyse von Joe Foster, VanEck für die Südseiten der Börse München vor…
Stetige Rücknahmen in börsengehandelten Produkten des Goldsektors (ETPs), die ab dem 12. November einsetzten, brachten den ersten Monat mit Abflüssen aus Gold-ETPs im Jahr 2020. Der Goldpreis erlitt am 23. November dann einen weiteren Rückgang, als AstraZeneca (LON:AZN) wiederum seine Impfstofftestergebnisse veröffentlichte, und fiel anschließend am 24. November auf ein Niveau von 1.810 USD/oz, als die Trump-Administration dem Team des designierten US-Präsidenten Biden schließlich nicht mehr länger den Weg zur formalen Einleitung des Regierungswechsels versperrte. Das Niveau von 1.800 USD/oz konnte sich inmitten des Verkaufsdrucks im dünnen Thanksgiving-Feiertagshandel nicht halten. Gold schloss den Monat mit einem Verlust von 101,86 USD (5,4 Prozent) bei einem Stand von 1.776,95 USD/oz.
Goldaktien mussten im Einklang mit dem Edelmetall selbst Einbußen hinnehmen. So verlor der NYSE Arca Gold Miners Index (GDMNTR) 7,65 Prozent und der MVIS Global Junior Gold Miners Index (MVGDXJTR) ging um 7,51 Prozent zurück. Während sich der Goldpreis kurzfristig in einer Schwächephase befindet, erfreuen sich die Goldunternehmen nach wie vor reichlicher freier Cashflows. Viele Unternehmen erhöhten mit den Ergebnissen des dritten Quartals ihre Dividendenausschüttungen. Scotiabank zufolge weisen die von ihr abgedeckten Senior- und Zwischenproduzenten mittlerweile eine Durchschnittsrendite von 2,0 Prozent auf, was laut Bloomberg-Daten die Durchschnittsrendite des S&P 500 von etwa 1,5 Prozent übertrifft. Unterdessen gibt es immer mehr Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Dividendenausschüttungen während des gesamten Goldzyklus aufrechtzuerhalten. Newmont (NYSE:NEM) und Barrick (NYSE:GOLD) legen derzeit neue Rahmenbedingungen für die Ausschüttung überschüssiger Barmittel fest. Yamana (NYSE:AUY) hat indes einen Dividenden-Reservefonds eingerichtet. Diese Bemühungen unterscheiden die Unternehmen vom Edelmetall selbst, das keine Dividende zahlt, sowie von Unternehmen in anderen Sektoren mit geringeren Renditen.
Gold reagiert negativ auf alles, was die Märkte davon überzeugt, dass die Wirtschaft, die finanzielle Solidität von Unternehmen und Privathaushalten und das Leben im Allgemeinen ohne Inflation zur Normalität zurückkehren können. Dieses risikofreie Szenario wird aktuell an den Märkten angesichts der Meldung eingepreist, dass Impfstoffe im Jahr 2021 allgemein verfügbar sein werden, und führte dazu, dass Gold kurzzeitig unter das Preisniveau vom Juni 2019 – dem Beginn des derzeitigen Bullenmarkts – fiel (siehe Grafik).
Wir halten die Ansicht des Marktes, dass die Welt aus der Pandemie so hervorgehen kann, als sei nie etwas geschehen, für absurd. Es wird bleibende Schäden geben, da COVID auch im Frühjahr weiterhin verheerende Auswirkungen haben wird. Moody’s (NYSE:MCO) Analytics zufolge sahen sich die Regierungen der Bundesstaaten und Kommunen im Jahr 2020 mit einem Fehlbetrag von 70 Mrd. USD konfrontiert, der sich auf 268 Mrd. USD im Jahr 2021 und 312 Mrd. USD im Jahr 2022 ausweiten könnte. Rosenberg Research schätzt, dass fast 30 Millionen amerikanische Haushalte im Jahr 2021 von dem Ende der Arbeitslosenunterstützung, Räumungsmoratorien und Stundung von Wohnungsbaudarlehen betroffen sein werden. Viele der Arbeitslosen werden keine Stelle haben, zu der sie zurückkehren können, und je länger sie arbeitslos bleiben, desto mehr leiden ihre Fähigkeiten. Derselben Untersuchung zufolge ist die Sparquote mit 13,6 Prozent fast doppelt so hoch wie vor der Pandemie. Anstatt eine potenzielle Ausgabenquelle darzustellen, ist ein hohes Sparniveau wohl eher Ausdruck eines neuen Konservatismus gegenüber Investitionen und Konsum. Junge Menschen, die davorstehen, volljährig zu werden, haben innerhalb von 12 Jahren bereits zwei historische Krisen erlebt. Vielleicht übernehmen sie eher die Werte ihrer Urgroßeltern aus der Depressionszeit und nicht die ihrer zur Boomer- oder zur Gen-X-Kohorte zählenden Eltern.
Längerfristig gibt es unbekannte Nebenwirkungen aufgrund der allgemeinen klinischen, psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Schocks der Pandemie. Als Altlast von COVID-19 könnte es zu veränderten politischen Einstellungen, globalen Lieferketten, Nachfragemustern, Arbeitsgewohnheiten, Risikoeinstellungen und Geschäftspraktiken kommen.
Während die Nachricht von Impfstoffen von allen begrüßt wird, ist eine Rückkehr zur Normalität alles andere als garantiert. Viele Risiken bleiben bestehen, die u. E. den Goldpreis auf neue Höchststände treiben können.
Über die Pandemie hinaus gibt es eine Vielzahl von Risiken, die das Finanzsystem bedrohen könnten. An erster Stelle steht die massive Verschuldung, die seit der globalen Finanzkrise ein Problem und mit der Pandemie noch rasanter gestiegen ist. Hier einige der Merkmale der globalen Schuldenlast, die Anlass zur Sorge geben:
Das vielleicht am meisten beunruhigende und am wenigsten vorhersehbare der finanziellen Risiken betrifft die Auswirkungen der Liquidität, die durch die quantitative Lockerung der Fed und die Defizitfinanzierung der Regierung in das Finanzsystem gepumpt wurde. Das massive Ausmaß wird in den Grafiken zur Veränderung der Geldmenge M2 und der Gesamtverschuldung ersichtlich:
Die demografische Alterung wird in den nächsten 20 Jahren die Finanzierung von Sozialausgaben und vieler Renten erfordern, wobei die Verpflichtungen weit über deren Zahlungsfähigkeit hinausgehen. Das traditionelle Portfolio bestehend aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen funktioniert hier nicht mehr, da die Zinssätze bei Null liegen. Viele Anleger suchen nach Alternativen, um die Renditen zu erzielen, die ihnen ihre Anleihenallokationen nun nicht mehr bieten können. Gold, Private Equity und Bitcoin gehören zu der begrenzten Anzahl alternativer Anlageklassen, die diesbezüglich zur Auswahl stehen. Gold ist die einzige Anlagekategorie mit einer etablierten Geschichte als Vermögensspeicher und Absicherung gegen Extremrisiken.
Alle Gewichtungen von Unternehmen, Branchen und Subbranchen beziehen sich auf den 30. November 2020, sofern nicht anders angegeben. Quelle: VanEck, FactSet.
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