Gerät Deutschland im Zollstreit ins Hintertreffen?

 | 23.05.2018 10:38

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1759 (08:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,175 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110,51. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129,95. EUR-CHF oszilliert bei 1,16757.

Nach dem bisherigen Verhandlungsstand zwischen China und den USA will die chinesische Regierung zukünftig mehr US-Güter kaufen und so den Handelsüberschuss gegenüber den USA abbauen. Die chinesische Seite wird zudem die Zölle auf Automobile auf 15 % senken und so ausländischen Unternehmen einen leichteren Zugang zum chinesischen Markt verschaffen. Ebenso wurden die Zölle auf Automobilteile auf 6 % gesenkt. Die US-Seite hingegen verzichtet auf das Erheben von Zöllen auf Einfuhren aus China und wird eine noch nicht spezifizierte zusätzliche Menge an Agrargütern aus den USA nach China exportieren.

Für China sind die USA der wichtigste Exportmarkt. Sie verkauften in 2017 Waren in Höhe von 505 Mrd. USD in die USA. Nach Deutschland werden hingegen nur Güter im Wert von 82 Mrd. Euro exportiert. Auch wenn man die Eurozone in ihrer Gesamtheit betrachtet, sind die USA für China wichtiger. Damit wäre China wohl bereit etwas teurer in den USA und nicht in Europa einzukaufen, um dem großen Nachteil eines Zollstreits auszuweichen. Sofern sie dabei nur

zwischen den USA und Europa auf dem chinesischen Markt herstellen, wäre dies ordnungspolitisch auch nicht zu kritisieren. Es droht aber das bewusste Schlechterstellen von europäischen Gütern, um den mit den USA einzuhalten. Hier wäre Deutschland, das in 2017 Güter in Höhe von 97 Mrd. Euro nach China exportierte, besonders betroffen.

Aufgabe der deutschen und europäischen Politik ist es, vehement und geschlossen für Freihandel an dieser Stelle einzutreten. Angela Merkel hat die Möglichkeit, erste Ergebnisse nach ihrem Kurzbesuch in China vorzuweisen.

Für die Türkei wird die Lage immer prekärer. Die türkische Lira befindet sich weiter unter enormen Abwertungsdruck, während der Zentralbank politisch die Hände gebunden sind. Von allen Schwellenländern hat die Türkei die höchste Auslandsverschuldung in US-Dollar im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt, wenn man die Schulden des Staates und der Unternehmen berücksichtigt. So gemessen liegt die Verschuldungsquote bei über 65 %. Je stärker die Lira abwertet, desto weiter steigt der Schuldenberg damit an. Dies gilt nicht nur für die gesamt Türkei, sondern auch für einzelne Unternehmen. Es scheint eine Frage der Zeit, bis DU- Dollar nominierte Kredite von Unternehmen nicht prolongiert werden können und es zu ersten Insolvenzen kommt. Unter diesem Druck die Zinsen nicht radikal zu erhöhen, ist so, als wenn das eigene Haus brennt, aber man nicht löscht, weil man Wasser sparen will.

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An dieser Stelle möchte auf den uns regelmäßig beschriebenen Zusammenhang zwischen Strukturen und Konjunkturverläufen hinweisen. Die Türkei hatte in den letzten Jahre ein erfolgreiches Wachstumsmodell aufgebaut. Im Zuge eines Konjunkturzyklus es gehört es aber dazu, mit Zinserhöhungen zu überprüfen, ob die Geschäftsmodelle der Unternehmen tragfähig sind. Dies ist schmerzhaft, aber zwingt die Unternehmen dazu, sich immer wieder an die Gegebenheiten anzupassen. Vor allem werden die nicht tragfähigen Geschäftsmodelle aus einer Volkswirtschaft wieder entfernt. Diesen Prozess nicht zuzulassen, gefährdet das Wachstumspotential einer Ökonomie. Wir können jetzt am Beispiel der Türkei leider die Auswirkungen beobachten, wenn man diesen Auswahlprozess verhindern will. Bleibt zu hoffen, dass Europa im Verlauf des Konjunkturzyklus nicht ähnlich gelagerte Fehler machen wird.