Gentherapie – Eine Schlüsseltechnologie, die Leben rettet

 | 28.06.2018 09:16

2017 gilt als das Jahr des Durchbruchs der Gentherapie. Aggressive Krebsformen, Aids oder auch schwere Erbkrankheiten könnten damit bald geheilt werden. Dies lässt nicht nur Schwerstkranke hoffen, sondern auch Wirtschaftsakteure – und Anleger. Vontobel bietet mit dem Partizipationszertifikat VA3BPR eine Möglichkeit an, als Privatanleger bei diesem Trend dabei zu sein. Wir blicken auf das ausführliche Lesestück zum Thema. h3 Wird ein jahrzehntelanger Traum nun wahr?/h3

«Er berührte nie die Welt, aber die Welt war von ihm berührt». So die Inschrift auf dem Grabstein von David Vetter, der Medizingeschichte schrieb. Der sogenannte «Bubble Boy» litt an SCID – eine seltene, schwere Erbkrankheit. David kam 1971 ohne Immunsystem zur Welt; sein zwölfjähriges Leben verbrachte er in einem sterilen Kunststoffisolator. Er starb, weil im Zuge einer Knochenmarkspende auch ein Virus in seinen Körper gelangte, gegen das er sich nicht wehren konnte. Warum die traurige Geschichte weltweite Beachtung fand? Weil die Behandlung – auch wenn sie David das Leben kostete – neue medizinische Erkenntnisse erbrachte, die maßgeblich für die weitere Entwicklung der Gentherapie waren.

Die Behandlung von SCID wurde im Lauf der Jahrzehnte nämlich an 18 weiteren Kindern wiederholt; alle überlebten. Viele Experten behaupten, David sei für eine Heilung schlicht 40 Jahre zu früh geboren worden. Zwar befindet sich die Behandlungsmethode immer noch in einer Frühphase, doch lässt sich die Natur heute tatsächlich mit deutlich höherer Erfolgswahrscheinlichkeit «reparieren». Könnte der jahrzehnte währende Traum von der ursächlichen Fehlerbehebung bei Schwerstkranken damit endlich in Erfüllung gehen?

h3 Neue Bauanleitungen für kranke Zellen/h3

Ein Blick auf die Anfänge: Erste Behandlungen gab es schon vor rund 30 Jahren, erklärten uns die Experten von Bellevue Asset Management (BAM), einer international agierenden Investment-Boutique mit Sitz in Zürich, die unter anderem im Bereich «Healthcare» als führend gilt. Einer ersten Euphorie folgte jedoch schnell wieder Ernüchterung. Der Mensch benötigt Eiweiße für seine Stoffwechselvorgänge und Bausubstanz. Werden diese Proteine aber nicht oder fehlerhaft produziert, kann es zu schweren Krankheiten kommen. Die Ursache: fehlerhafte «Bauanleitungen» oder defekte Gene. Mit der Gentherapie will man bewirken, dass sich die Eiweiße richtig bilden können. Grundsätzlich lassen sich dafür Gene mithilfe von biologischen, chemischen oder physikalischen Methoden einschleusen. Dank der modernen Gentherapie kommen vor allem biologische Methoden zur Anwendung. Zum Beispiel verschiedenste Viren, die neue «Bauanleitungen» in die Zellen befördern.

h3 «Viren-Taxis» sind aber schwer zu verkraften/h3
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Die Wissenschaftsjournalistin Juliette Irmer beschreibt in ihrem Fachartikel «Zwischen Wunsch und Wirklichkeit» (julietteirmer.de; 25.02.2018), der in mehreren deutschsprachigen Tageszeitungen veröffentlicht wurde, die Tücken der Gentherapie als harte Nuss, die nach wie vor schwer zu knacken ist. Schon früh sei man auf die Idee gekommen, Viren als «Gen-Taxis», in der Fachsprache Vektoren genannt, zu nutzen. Immerhin sind Viren darauf spezialisiert, Zellen mit Erbgut zu infizieren. Injiziert man aber die viralen Gen-Fähren, wird dies vom Körper bemerkt; er löst daraufhin eine Immunreaktion aus. Um also eine ausreichend große Anzahl von Zellen mit intakten Genkopien erfolgversprechend infizieren zu können, müssen Mediziner bis zu mehrere Billionen Viren-Taxis einsetzen – die der Körper im schlimmsten Fall nicht verkraftet. Die Experten von BAM fügten an: Damit die Therapie überhaupt funktionieren kann, darf der Körper das Virus außerdem noch nicht kennen. Andernfalls überwiegt die Abwehrreaktion und die Zellen werden nicht infiziert. Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA stoppte im Herbst 1999 zunächst alle klinischen Gentherapie-Studien; in Bezug auf die Umsetzung weiterer Gentherapien herrschte erst einmal Funkstille. Wenig später – in den frühen 2010er-Jahren – kam es wieder zu Fortschritten, jedoch auch zu weiteren Rückschlägen.

h3 Vektoren sind treffsicherer geworden/h3

Nun scheint sich das Blatt nachhaltig zum Positiven zu wenden. Was darauf hindeutet, ist eine ganze Reihe erstaunlicher Erfolge. Bemerkenswert war der Fall des kleinen Hassan, der 2015 dem Tode nahe war. Der Siebenjährige litt an einer seltenen Hauterkrankung, der sogenannten Schmetterlingskrankheit, die genetisch bedingt ist und die Haut so empfindlich wie die von Insekten macht. Im Zuge einer wissenschaftlichen Kooperation isolierten deutsche und italienische Mediziner die Stammzellen aus Hassans Haut, schleusten ein intaktes Gen ein und züchteten eine neue, gesunde Epidermis. Mit Erfolg: Das Kind führt dank der Gentherapie ein weitgehend normales Leben. Es ist heute deutlich einfacher geworden, ein defektes durch ein intaktes Gen zu ersetzen. Zwar können Ärzte nach wie vor noch nicht exakt vorhersagen, wo sich das Korrektur-Gen im Erbgut einnistet. Doch sind die Vektoren um einiges treffsicherer geworden. Dies sowie auch Fortschritte in der Therapie der Nebenwirkungen haben im Jahr 2012 zu einem Wiedererwachen der Gentherapie geführt, wie uns die «Healthcare»-Experten von BAM erklärten. Damals wurde auch die erste Gentherapie, Glybera, zugelassen. Sie war ein weiterer Durchbruch des Jahres 2012 und wurde für LPLD (Lipoproteinlipase-Defizienz) eingesetzt. Eine seltene erbliche Stoffwechselerkrankung, bei der eine Genmutation den Abbau von Fettmolekülen aus dem Blut verhindert.