Bremer Landesbank | 29.08.2014 10:50
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3177 (07.47 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3160 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103.82. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.80. EUR-CHF oszilliert bei 1.2063.
Wir bedanken uns für die Resonanz auf unsere Kommentare. Einige wenige Mails waren kritisch bezüglich der hier geäußerten Haltung gegenüber dem „Westen“.
Wir sind unverändert gezwungen, uns dieses politischen Themas analytisch anzunehmen, da dieses Thema die Konjunkturentwicklung und in der Folge die Marktentwicklung wesentlich dominiert.
Der Diskurs in der Öffentlichkeit bezüglich der Ukrainekrise wird mit Blick auf Aktualität geführt. Das ist sachlich nicht zulässig. Es geht bei dieser Krise nicht um eine Betrachtung ab Dezember 2013 oder Februar 2014. Das wäre eine Beleidigung unterdurchschnittlicher Intelligenz und spielt nur „Spin-Doktoren“ in die Hände.
Diese Krise kann nur sachlich entschärft werden, wenn der Zeitraum der westlichen Politik und auch der russischen Reaktion ab 1990 und spezifischer ab 1998 und extrem spezifisch ab 2007 (Vorbereitung des ersten Assoziierungsabkommens mit der Ukraine) als Grundlage herangezogen wird.
Die Sicherheitsinteressen Russlands wurden latent mit nicht unerheblicher westlicher Hybris ignoriert. Die mangelnde Augenhöhe, die man Russland, der zweitgrößten Atommacht der Welt, zugestand, ist eine der Kernursachen.
Russland hat latent auf Grenzen hingewiesen, die nicht überschritten werden sollten, um sportlich ignoriert zu werden.
Gerade bezüglich der aktuell in den USA geführten Debatte der Neocons über die atomare Erstschlags Theorie (die bisher tabu war) ist das Sicherheitsbedürfnis Russlands sehr wohl begründet.
Die Aufstellung des westlichen Raketenschirms in Osteuropa gegen“ Iran und Nordkorea“ ist hier die letzte Posse. Anders kann man die jüngsten Äußerungen seitens eines Dänen in der Nato nicht interpretieren. Wir diskutieren die Begriffe Deeskalation und Vertrauensbildung intern im Team ….
Der von uns in der Mail am Dienstag inkludierte Link zu dem Artikel von John Mearsheimer aus der September/Oktober Ausgabe der Veröffentlichung des US-Think Tanks „Council of Foreign Relations“ mit dem Titel, dass diese Krise der Fehler des Westens ist, deckt sich mit den im TFR veröffentlichten Stellungnahmen. Die Tatsache, dass der CFR durchaus dem Lager der Neocons zugerechnet werden darf, spricht eigentlich Bände …
Kommen wir zu den Folgen dieser geopolitischen Wendungen:
Die Zuspitzung der Ukrainekrise fordert ihren Tribut. Das gilt derzeit weniger für die Aktienmärkte. Es gilt aber für die europäische Ökonomie in weitesten Teilen. Die Reformländer, unter anderem Spanien, sind hier nicht die primär betroffenen Wirtschaftsräume. Der Tribut wird von den bisherigen Wachstumsträgern Deutschland, Österreich und Finnland bezahlt. Italien und Frankreich kämpfen dann um die weiteren Plätze primärer Betroffenheit.
In dieser Phase werden aktuell neue westliche Sanktionen gegen Russland erwogen. Die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Dynamik der Sanktionsspirale mit verstärkten Konjunkturfolgen primär in der Eurozone und nur zu geringsten Teilen in den USA nimmt sportlich zu.
Kommen wir zu den Fakten:
Die österreichische Nationalbank hat die Wachstumsprognose für das laufende Jahr aggressiv von zuvor +1,6% auf nur noch 0,9% revidiert. Maßgeblicher Hintergrund ist die Ukrainekrise.
Zarte Schatten sind am deutschen Arbeitsmarkt im August erkennbar. Die Arbeitslosenzahl nahm nicht wie erwartet in der saisonal bereinigten Fassung um 5.000 ab, sondern legte um 2.000 zu. Die Arbeitslosenquote verharrte wegen dieser geringfügigen Veränderung erwartungsgemäß bei 6,7% in der saisonal bereinigten Fassung.
Die deutschen Einzelhandelsumsätze brachen unerwartet im Monatsvergleich um 1,4% ein. Die Prognose lag bei einem Anstieg um 0,1%. Mehr noch wurde der Vormonatswert von +1,3% auf +1,0% revidiert. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,7% (Prognose 1,5%) nach zuvor 0,1% (revidiert von 0,4%).
Das Vertrauen der italienischen Unternehmen brach per August förmlich ein. Unerwartet sank der Index von 99 auf 96 Punkte und markierte den niedrigsten Stand seit August 2013!
Der Economic Sentiment Index der Eurozone sank unerwartet stark von zuvor 102,1 auf lediglich 100,6 Punkte und markiert den geringsten Wert seit Dezember 2013.
So weit zu den „Warning Shots“ von der europäischen Konjunkturseite.
Fazit und Prognose:
Bei unsensibler Steuerung der Ukrainekrise besteht ein deutlich zunehmendes Risiko eines Wiederaufflammens der Defizitkrise in der Eurozone.
Bezüglich der bisher verfügten Maßnahmen insbesondere auch der EZB, sind die Gestaltungsmöglichkeiten bei einer zukünftigen virulenten Spielart der Krise begrenzter als jemals zuvor. Was sagt das über den potentiellen Erfolg oder Misserfolg der möglichen Intervention aus?
Diese Zusammenhänge scheinen derzeit wenig Beachtung in den politischen Zirkeln der Eurozone zu finden, deren Aufgabe es ist, Schaden von den einzelnen Ländern und der Eurozone als auch der EU abzuhalten.
Wir sind irritiert!
The winner is ….
Kommen wir zu den USA, die zwar mit der Geopolitik spielen, die jedoch von den konjunkturellen Folgen (bisher) nicht eingeholt wurden (Quantität gut, Qualität fragwürdig).
„Food for a lot of thought!“
Das US-BIP leget laut erster Berechnung per 2. Quartal in der annualisierten Fassung um 4,2% zu. Das ist besser als erwartet (3,9%).
Die Arbeitslosenerstanträge sanken in der Berichtswoche per 23. August von zuvor 299.000 auf 298.000. Das Niveau ist als unkritisch zu definieren.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.3420-50 dreht den Bias auf „Neutral“.
Viel Erfolg!
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