Folker Hellmeyer | 28.08.2015 11:56
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1255 (07.49 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1203 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 121.05. In der Folge notiert EUR/JPY bei 136.30. EUR/CHF oszilliert bei 1.0844.
Das Thema der US-Zinswende bestimmte die Bewertung des USD maßgeblich in den letzten mehr als 18 Monaten. Diese bisher imaginäre Zinswende wurde in diesem Zeitraum wohl auch 18-fach zu Gunsten des USD diskontiert.
Nachdem das Schwergewicht im Sektor der Federal Reserve, die Federal Reserve New York, gestern zurückruderte, folgte die Federal Reserve Kansas City. Die Fed-Gouverneurin von Kansas City Esther George rät wegen der Wirtschaftsabkühlung in China und den Finanzmarkt-Turbulenzen bei einer Anhebung der US-Zinsen zu Vorsicht. O-Ton: "Nach dem, was wir zuletzt gesehen haben, denke ich, dass wir schlichtweg abwarten und schauen müssen." Esther George hatte sich zuletzt noch für eine rasche Zinswende ausgesprochen. Es ist unterhaltsam, dass die Fed-Gouverneure auf exogene Faktoren bei ihrer Entscheidung hinweisen und die endogenen Probleme ausblenden. Das ist sportlich, es ist ambitioniert und es ist vor allen Dingen unsachlich! (Thema „Scapegoating …“)
Wir haben in diesen Reports häufig auf die strukturellen Defizite der US-Wirtschaft hingewiesen, die eine echte Zinswende in den USA nicht erlauben. Das gilt vor allen Dingen bezüglich der maladen Einkommensentwicklung im Verhältnis zur Konsumverschuldung in der vom Konsum abhängigen US-Wirtschaft.
Fazit:
Die Wahrscheinlichkeit der Zinswende in den USA ist per September äußerst eingeschränkt.
Die Eurozone punktet mit belastbaren Daten (alle charts © Reuters):
Die Betonung liegt auf „belastbaren Daten“. Wir kommen später zu Daten, die bezüglich der Qualität weniger belastbar sind.
Das Bruttoinlandsprodukt Spaniens legte per 2. Quartal um 1,0% im Quartalsvergleich zu.
Das ist nach Angaben des Statistikamtes das stärkste Wachstum seit mehr als acht Jahren.
Der nachfolgende Chart, der den Turnarounf im Jahresvergleich abbildet, ist beeindruckend.
Das Geschäftsklima ist in Frankreich so gut wie seit 2011 nicht mehr. Der Index kletterte per August von 99 auf 100 Punkte und erreichte das langjährige Durchschnittsniveau. Der Index für die Industrie stieg von 102 auf 103 Punkte (Chart).
Auch die Daten der Geldmengenentwicklung und der Kreditvergabe an den Privatsektor der Eurozone konnten voll überzeugen. Es wurden positive Akzente gesetzt.
Im Jahresvergleich nahm die Geldmenge M-3 per Juli um 5,3% nach zuvor 5,0% zu. Die Prognose lag bei „nur“ 4,9%.
Die Kreditvergabe an den Provatsektor verzeichnete einen Anstieg im Jahresvergleich um 0,9% nach zuvor 0,6%. Die Prognose war bei 0,8% angesiedelt.
Insgesamt erfeuen wir uns an der aktuellen Performance der Eurozone. Die Tatsache, dass diese Ergebnisse trotz der Belastungen durch geringere Dynamik in den aufstrebenden Ländern und den USA erzielt wird, ist Ausdruck verstärkter selbsttragender Effekte bedingt durch die Reformpolitik.
Das Ausbleiben einer unbestechlichen analytischen Würdigung auf internationaler Ebene, insbesondere in den Medien- und Volkswirtstuben der Achse New York –London, beantwortet viele Fragen, die im Rahmen der akuten Defizitkrise aufgekommen sind …
Als Hilfestellung für unserer Freunde in New York, Washington und London erlauben wir uns noch einmal die OECD-Statistik der Frühindikatoren zu bemühen, weil bisweilen die Stilmittel der Plakativität und der Wiederholung Wirkung zeitigen.
Die US-Daten lieferten ein gemischtes Bild (alle Charts © Reuters):
Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sanken in der Berichtswoch unspektakulär von zuvor 277.000 auf 271.000.
Der Index anhängiger Wohnungskäufe verfehlte mit einem Anstieg um 0,5% im Monatsvergleich, die bei 1,0% angesiedelte Marktprognose. Im Vormonat kam es zu einem Rückgang um 1,7%. Der Index bewegt sich damit auf einem unproblematischen Niveau im historischen Vergleich.
Der Kansas City Fed Composite Index sank per Berichtsmonat August von -7 auf -9 Punkte.
Der Index signalisiert seit sechs Monaten Kontraktion in dieser Region der USA.
Die zweite Schätzung des US-BIP per 2. Quartal 2015 konfrontiert uns mit einem Ergebnis, das nur knapp die Performance Spaniens im zweiten Quartal verfehlt (!!).
In der annualisierten Fassung soll es zu einem Wachstum in Höhe von 3,7% gekommen sein (Quartalsvergleich mehr als 0,9%).
Wir weisen darauf hin, dass die saisonalen Bereingungen dieses Jahr umgestellt wurden. Wir weisen darauf hin, dass Frühindikatoren der OECD seit Ende des QE etwas völlig anderes implizieren. Wir weisen auf die Region Kansas City (siehe oben) hin. Wir könnten auf andere US-Einkaufsmanagerindices von ISM bis Markit und deren Dynamikverluste verweisen. Wir nehmen dieses Statistikgeräusch aus den USA zur Kenntnis unter Verweis auf das Buch „Endlich Klartext“, Seite 173, Zeilen 26-29 .
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1170 – 1.1200 neutralisiert den positiven Bias des Euros.
Viel Erfolg!
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